
Meistens sind es nicht die großen „kalten Duschen des Schicksals”, sondern die kleinen Quälereien des Alltags, die uns unglücklich machen.
Können uns unsere Erinnerungen beim Vorwärtskommen und Glücklichsein helfen oder sind sie nur Bremsklötze?
Prolog: Nichts ist gut noch schlecht, nur Dein Denken macht es dazu
Sie sitzen im Auto und sind nach der Arbeit auf dem Nachhauseweg.
Die Sonne scheint und das Leben ist schön.
Der Tag war anstrengend, aber sehr erfolgreich — Sie haben ein wichtiges Projekt mit Bravour abgeschlossen, viel Lob dafür bekommen und eine lukrative Prämie in Aussicht.
Jetzt freuen Sie sich auf Zuhause, wo Sie den Tag entspannt ausklingen lassen werden. Morgen haben Sie einen Tag frei, können ausschlafen und sich pflegen.
Plötzlich schießt aus einer Seitenstraße ein Auto, übersieht Sie und nimmt Ihnen die Vorfahrt. Hätten Sie nicht so schnell reagiert und gebremst, hätte es gekracht.
“Idiot” murmeln Sie dem Idioten hinterher, der Sie immer noch nicht bemerkt hat und davonfährt.
Was soll’s, denken Sie sich, fahren nach Hause und haben den Vorfall nach dem Abendessen vermutlich schon wieder vergessen.
Szenenwechsel: Sie sind auf dem Nachhauseweg, es ist matschig-kalt und Sie fühlen sich angeschlagen und restlos erschöpft. Der Tag hätte nicht schlimmer sein können — Stress, Hektik, unzufriedene Kunden und absolut nichts hat funktioniert.
Am liebsten würden Sie sich zuhause ins Bett verkrümeln und die Decke über den Kopf ziehen. Geht leider nicht, denn Ihre To-Do-Liste für den heutigen Abend ist ellenlang und m u s s noch abgearbeitet werden.
Plötzlich schießt aus einer Seitenstraße ein Auto, übersieht Sie und nimmt Ihnen die Vorfahrt. Hätten Sie nicht so schnell reagiert und gebremst, hätte es gekracht.
“Idiot” brüllen Sie dem Idioten hinterher, der Sie natürlich nicht hören kann und einfach davonfährt.
Am liebsten würden Sie ihm hinterherfahren, ihn stellen und zusammenstauchen. Mindestens. Geladen und kochend vor Wut über die Rücksichtslosigkeit und Dummheit in dieser Welt setzen Sie Ihren Nachhauseweg fort und ärgern sich noch Stunden später über den Blödmann, der Ihnen für diesen Tag den Rest gegeben hat.

Ein und dieselbe Situation — zwei Reaktionen.
Wir alle wissen, dass wir nicht immer gleich reagieren. An guten Tagen schaffen wir es, die neugierige Nachbarin freundlich zu grüßen, an schlechten können wir der alten Megäre kaum in die Augen schauen, geschweige denn, ihr einen schönen Tag wünschen.
An den guten Tagen lieben wir unsere Kinder heiß und innig, an den schlechten lieben wir sie auch, würden aber gerne manchmal ihr Temperament zügeln und nach Altväter-Sitte “Ruhe!” brüllen, weil es im Moment einfach zu viel ist.
Was das mit Erinnerungen zu tun hat? Sehr viel.
War früher alles besser?
Denn unsere Erinnerungen sind ebenso wankelmütig und emotionsgeladen wie unsere Reaktionen im Hier und Jetzt. Der Plastizität unseres Gehirns haben wir es zu verdanken, dass das, was wir im Gedächtnis haben, nicht statisch ist, sondern durch unsere Gefühlslage beeinflusst wird.
So kann unser Gedächtnis nach einer schmerzhaften Trennung beispielsweise aus einer Beziehungshölle eine traumhaft schöne Partnerschaft machen, wie es Paul Watzlawick, Psychotherapeut und Kommunikationswissenschaftler, in seinem großartigen Buch Anleitung zum Unglücklichsein* sehr eindrücklich beschrieben hat:
” … Widerstehen Sie den Einflüsterungen Ihrer Vernunft, Ihres Gedächtnisses und Ihrer wohlmeinenden Freunde, die Ihnen einreden wollen, dass die Beziehung schon längst todkrank war und Sie nur zu oft zähneknirschend fragten, wie Sie dieser Hölle entrinnen könnten.
Glauben Sie einfach nicht, dass die Trennung das bei weitem kleiner Übel ist. Überzeugen Sie sich vielmehr zum x‑ten Male, dass ein ernsthafter, ehrlicher „Neuanfang“ diesmal den idealen Erfolg haben wird (Er wird es nicht.)
Lassen Sie sich ferner von der eminent logischen Überlegung leiten: Wenn der Verlust des geliebten Wesens so höllisch schmerzt, wie himmlisch muss dann das Wiederfinden sein. Sondern Sie sich von allen Mitmenschen ab, bleiben Sie daheim, in unmittelbarer Nähe des Telefons, um sofort und voll verfügbar zu sein, wenn die glückhafte Stunde schlägt.Sollte das Warten Ihnen aber doch zu lange werden, dann empfiehlt uralte menschliche Erfahrung das Anknüpfen einer in allen Einzelheiten identischen Beziehung zu einem ganz ähnlichen Partner – wie grundverschieden dieser Mensch anfangs auch scheinen mag.”
Aus: Paul Watzlawick, Anleitung zum Unglücklichsein*
Aber auch den umgekehrten Weg — aus schön mach’ schlecht — gibt es.
Dazu hat der italienische Psychiater Giovanni Fava sehr erhellende Experimente mit einem “Glücks-Tagebuch” durchgeführt: Er forderte Patienten mit Depressionen auf, ihre guten Momente aufzuschreiben.
Das löste erstmal Unverständnis aus, denn viele Patienten glaubten, dass sie einfach keinen einzigen glücklichen Moment zum Aufschreiben hätten.
Sie irrten sich.
Zur Überraschung aller, gab es in ihrem Leben trotz ihrer Depression viele glückliche Momente, die sie aber ohne Aufschreiben schnell wieder vergaßen.
Das Fazit: Wer bedrückt ist, dem kommt alles andere auch bedrückend vor.
Selbst wenn wir niedergeschlagen sind und uns gestresst fühlen, hat jeder von uns glückliche Momente. Wir haben sie, bemerken sie aber nicht und erinnern uns deshalb auch nicht daran.
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War früher alles besser?
Damals, als wir noch nicht mit diesem Partner zusammen waren oder noch nicht in der Tretmühle unserer jetzigen Jobs? Als die Kinder noch klein waren (oder wir keine Kinder hatten) und wir in “A‑Stadt” statt in “B‑Dorf” gelebt haben?
Wie uns unsere Erinnerungen manipulieren können
Auf unsere Erinnerungen ist also wenig Verlass — “objektiv” ist unser Gedächtnis definitiv nicht. Dessen sollte man sich bewusst sein, wenn man auf der Basis seiner Erinnerungen Entscheidungen für die Zukunft treffen will.
„… Alles was wir erleben, negativ ebenso wie positiv, kann zu einer Erinnerung werden, die wir immer wieder abrufen können und für „wahr“ halten.
Aus: Martin Schütt, Der kleine Golfmentalcoach
Je nachdem, was da abgespeichert und verankert worden ist, können uns auch unsere Erinnerungen positiv beeinflussen und stärken, aber auch herunterziehen.“
Vor allem sollte man sich davor hüten, wichtige Entscheidungen zu treffen, wenn es einem nicht gut geht. Wer gerade miese Zeiten durchlebt, tut besser daran, sich mit kleinen Schritten aus dem Sumpf zu befreien, bevor es an neue Zukunftsperspektiven geht.
Denn unsere Erinnerungen können uns auch direkt in die Sackgasse führen: Wenn sie uns Positives übersehen lassen, wir zum Schluss kommen, dass früher sowieso alles besser war, und andere schuld an unserem Unglück sind.
Dadurch ebnen wir den Weg zum dauerhaften Unglücklichsein, denn wir verbauen uns mit unseren manipulierten Erinnerungen jeden Handlungsspielraum und mögliche Wege aus der Krise. Wenn früher alles besser war und wir die Opfer der Umstände (oder unserer Mitmenschen) sind, können wir getrost die Hände in den Schoß legen und verzweifeln.
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Kein Lob annehmen können, sich immer für alles “schuldig” fühlen, nicht zur Ruhe kommen und in der Liebe unglücklich sein — vieles, was uns in schlechten Phasen zu schaffen macht, hat seine Wurzeln in längst vergessenen Kindheitserlebnissen.
Die Trauma-Therapeutin Dami Charf beschreibt in ihrem Buch, welche Mechanismen uns immer wieder in alte Muster zurückfallen lassen. Und wie man daraus wieder herauskommt. Lesenswert!
Dami Charf, Auch alte Wunden können heilen: Wie Verletzungen aus der Kindheit unser Leben bestimmen und wie wir uns davon lösen können*. Kösel-Verlag, 2018
“Die in der Vergangenheit geschlagenen Wunden durch allzu eifriges Lecken am Heilen hindern”, nennt das Paul Watzlawick.
Wenn schon unglücklich, dann wenigstens als unschuldiges Opfer.
” … Was uns Gott, Welt, Schicksal, Natur, Chromosomen und Hormone, Gesellschaft, Eltern, Verwandte, Polizei, Lehrer, Ärzte, Chefs oder besonders Freunde antaten, wiegt so schwer, dass die bloße Insinuation, vielleicht etwas dagegen tun zu können, schon eine Beleidigung ist.”
Aus: Paul Watzlawick, Anleitung zum Unglücklichsein*
Handlungsspielraum statt Aufopfern
Unsere Erinnerungen können uns in die Irre führen.
Sie können aber auch ein Segen sein. Beispielsweise dann, wenn sie uns zeigen, mit welchen Stärken und Fähigkeiten wir in der Vergangenheit Krisen und Schwierigkeiten gemeistert haben.
Denn meistens sind es nicht die großen „kalten Duschen des Schicksals” – Krankheit oder der Verlust eines geliebten Menschen –, die uns unglücklich, unzufrieden oder misstrauisch machen, sondern falsche Entscheidungen in der Vergangenheit.
Es sind oft die kleinen Quälereien des Alltags, die uns die gute Laune verhageln: das Haus mit seinen finanziellen Verpflichtungen, der Job, die Frau, der Mann oder die Kilos zuviel auf den Hüften. Gewollt hat man eine Situation, die an der Seele nagt, in der Regel nicht.
Gewählt meistens schon.

Deshalb ist fast alles, was uns zu schaffen macht, auch ab-wählbar.
Den Idioten, der uns die Vorfahrt raubt, können wir nicht abwählen, aber die meisten Lebensumstände, die uns auf Dauer die Lebensfreude nehmen, schon.
Das Zepter wieder selbst in die Hand nehmen.
Mutig sein, sich neu entscheiden, Änderungen in Kauf nehmen und bereit sein, den Preis dafür zu bezahlen.
Veränderungen sind anstrengend und bergen immer das Risiko des Scheiterns in sich. Niemand gibt gerne freiwillig seine (scheinbare) Sicherheit auf.
Trotzdem ist es oft besser, die Komfortzone zu verlassen und Ungewissheit und Stress für eine Weile in Kauf zu nehmen.
Denn kein “Opfer der Umstände” zu sein, hat einen unschlagbaren Vorteil: Es fühlt sich viel besser an. Unsere Erinnerungen an die guten und starken Zeiten in unserem Leben können dafür der Motor sein.
Copyright: Agentur für Bildbiographien, www.bildbiographien.de, 2015, Überarbeitung 2021
Lesen Sie im nächsten Beitrag: Woher kommt es, dass wir manchmal ohne konkreten äußeren Anlass extrem dünnhäutig sind und mit einer gehörigen Ladung Wut im Bauch durch’s Leben laufen? Warum fühlen wir uns dann so ohnmächtig, ausgenutzt und ausgegrenzt, obwohl wir ‚eigentlich‘ keinen Grund dazu haben? Schlechte Stimmung und miese Zeiten: Woher sie kommen und was man dagegen tun kann.
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Buchempfehlungen:
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Paul Watzlawicks Klassiker für’s Glücklichsein.
Ein wunderbares Buch, in dem man sich (leider) sehr oft wiedererkennen kann. Viele “Aha”-Erlebnisse, aber auch ein echtes Lesevergnügen.
Paul Watzlawick: Anleitung zum Unglücklichsein*, Piper Verlag GmbH, München, 2009
Eine lesenswerte Einführung in Mentalcoaching- nicht nur für Golfer.
Denn Erfolg (beim Golf, im Leben, im Beruf) ist eben nicht nur eine Frage der Technik und auch nichts, das einem einfach zustößt.
Golfer, aber auch Nicht-Golfer werden mit dem kleinen Golfmentalcoach in jedem Fall gewinnen. Empfehlenswert!
Martin Schütt, Der kleine Golfmetalcoach, BoD – Books on Demand, 2020
Wie wir Opferrolle und unglückliche Lebenssituationen verlassen können. Managementexperte Reinhard K. Sprenger mit einem ebenso charmanten wie nachhaltigen A … tritt über unser Unglück, in das wir uns oft selbst hineinmanövrieren.
Mit vielen erklärenden Beispielen, wie wir uns daraus befreien können. Sehr empfehlenswert! Reinhard K. Sprenger: Die Entscheidung liegt bei dir! Wege aus der alltäglichen Unzufriedenheit*, Campus Verlag GmbH, Frankfurt/Main, überarbeitete Neuauflage 2015, broschiert
Freundschaft schließen mit unserem „inneren Kind“ ,
Glaubenssätze erkennen – und sie verändern, wenn es notwendig ist. Ein hilfreiches Buch, gut und verständlich geschrieben, mit vielen Beispielen und Übungen, die helfen, innere Sackgassen zu verlassen.
Stefanie Stahl, Das Kind in dir muss Heimat finden*, Kailash Verlag, 2015
Unser Anspruch, immer glücklich zu sein, überfordert uns und führt oft genau zum Gegenteil.
Der Arzt und Psychotherapeut Russ Harris sehr anschaulich und verständlich über unsere selbstgebauten Glücksfallen, wie wir sie erkennen und wie wir entspannter mit unserem Glück umgehen können,
Lesenswert!
Russ Harris, Wer dem Glück hinterherrennt, läuft daran vorbei* Goldmann Verlag, 2013
Resilienz kann man üben:
Ein liebevoll gestaltetes Heft aus der Reihe “Bibliothek der guten Gefühle” , mit kurzen prägnanten Texten über unsere Fähigkeit zur Resilienz und vielen einfach zu befolgenden Übungen. Für alle, die gerade mit einem Thema beschäftigt sind, oder zum Verschenken.
Isabelle Filliozat, Das kleine Übungsheft: Stark durch Resilienz*, Trinity Verlag, 2016
Weiterführende Beiträge:
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Agentur für Bildbiographien