Der Rosenthal-Effekt: Wie Erwartungen unser Selbstbild formen
Die Erwartungen von Eltern und Familie prägen unser Selbstbild stärker, als uns bewusst ist.
Welche Rolle der Krabbenkorb- und der Rosenthal-Effekt in unserem Leben spielen – und weshalb man sich manchmal davon lösen muss, um glücklich zu werden.

Der Rosenthal-Effekt – Erwartungen als selbsterfüllende Prophezeiung
„Du wirst es nie zu etwas bringen, wenn du diesen Beruf ergreifst!” oder „Ach, du warst ja schon immer viel zu …” – solche Sätze prägen uns.
Oft unterschätzen wir, wie stark solche Erwartungen anderer — vor allem die unserer Familie — unser Selbstbild beeinflussen.
In den 1960er Jahren führten die Psychologen Robert Rosenthal und Lenore Jacobson zu solchen Erwartungshaltungen ein bahnbrechendes Experiment an US-Grundschulen durch. Sie wählten per Zufall einige Schüler aus und teilten deren Lehrkräften mit, diese Kinder stünden kurz vor einem „Leistungssprung”.
Tatsächlich war ihre Auswahl beliebig.
Ein Jahr später zeigten jedoch genau die ausgewählten Kinder signifikant bessere Leistungen.
Der Grund: Ihre Lehrerinnen und Lehrer hatten unbewusst mehr Aufmerksamkeit und Förderung in diese Kinder investiert, weil sie deren Leistungssprung erwartet hatten.
Ihre positive Erwartungshaltung wurde zur selbsterfüllende Prophezeiung: Erwartungen schaffen Realität.
Rosenthals und Jacobsons Experiment ging als sogenannter Rosenthal-Effekt (auch Pygmalion-Effekt genannt) in die Geschichte der Psychologie ein.
Es ist einer der eindrucksvollsten Beweise dafür, dass Erwartungen Verhalten und Entwicklung maßgeblich beeinflussen können – nicht nur in der Schule, sondern in allen Lebensbereichen.
Erwartungen in der Familie: Prägung durch Eltern und Umfeld
Besonders prägend sind die Erwartungen innerhalb unserer Herkunftsfamilie.
Wenn Eltern Vertrauen in ihr Kind setzen, fördert das Selbstvertrauen und Mut. Wer hingegen ständig als „schwierig” oder sogar „unfähig” in bestimmten Lebensbereichen abgestempelt wird, übernimmt dieses Bild oft selbst – ein Leben lang.
Typisch sind Aussagen wie:
„Du bist eben nicht so belastbar.”
„Du warst schon immer der Verträumte.”
„Deine Schwester war da ganz anders.“
Solche Zuschreibungen können wie Ketten wirken – subtil, aber stark. Oft handeln wir im Erwachsenenleben noch nach diesen Mustern, ohne es zu bemerken.
Unser Platz in unserer Herkunftsfamilie: Geschwisterliebe: Kleine Schwester, großer Bruder
Fazit: Haben Eltern Vertrauen in ihr Kind, stärkt das dessen Selbstbewusstsein und Mut.
Wer hingegen als „Tollpatsch“, „zu verträumt” (naiv, schwach, albern, laut … die Liste ist unendlich) abgestempelt wird, beginnt oft, sich selbst so zu sehen — und bleibt mit dieser Zuschreibung hinter seinem tatsächlichen Potenzial zurück.
Die Erwartungen anderer können uns beflügeln – oder unsere Flügel stutzen.
Der Krabbenkorb-Effekt: Warum manche uns klein halten wollen
Ein weiterer hemmender Mechanismus ist der Krabbenkorb-Effekt.
Er ist benannt nach einer Beobachtung bei gefangenen Krabben. Setzt man mehrere Krabben in einen Korb und versucht eine, diesen Korb zu verlassen, indem sie nach oben Richtung Rand krabbelt, ziehen die anderen sie wieder nach unten – deshalb brauchen Krabbenkörbe keinen Deckel.
Ähnlich erleben es Menschen, die einen anderen Lebensweg einschlagen wollen, als im Familien- oder Freundeskreis üblich.
Was passiert, wenn man als Tochter oder Sohn einer Akademiker-Familie plötzlich Maurer werden möchte? Oder sich bewusst gegen Kinder entscheidet, weil man reisen oder und sich auf seine Karriere konzentrieren will?
Wer aus dem vertrauten Raster ausbricht, wird schnell infrage gestellt:
„Wieso willst du kündigen? Der Job ist doch sicher.”
„Ein Leben ohne Kinder? Das wirst du bereuen!”
„Denkst du, du bist etwas Besseres?“
Hinter diesen Sätzen steckt häufig Angst: Angst vor Veränderung und Kontrollverlust — und vor der eigenen Infragestellung.
Denn: Nur wer unsere Lebensvorstellungen in ähnlicher Weise übernimmt, erkennt sie dadurch auch als „richtig” an.
Wir plädieren zwar für individuelle Lebenswege, aber zu sehr sollte sich der Weg eines Kindes oder eines Freundes nicht von unserem eigenen unterscheiden. Alles andere stellt unseren eigenen Weg infrage.
Besonders stark wirken die Ängste und Erwartungen in Familien, in denen Sicherheit und Konformität wichtig sind.
Besonders die Generation der Kriegs- und Nachkriegskinder legt großen Wert auf Sicherheit und darauf, alles unter Kontrolle zu haben.
Schlägt ein (erwachsenes) Kind einen Weg ein, den sie als unsicher empfinden, machen sie sich große Sorgen – und fühlen sich selbst in ihrer Lebensweise kritisiert.
Alte Wunden aufdecken
Verpflichtungen und gegenseitige Erwartungen überdenken — und aufgeben. Die Psychologin Sandra Konrad beleuchtet in ihrem Buch die Beziehung zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern.
Was man ändern kann und was man ändern sollte, um einen neuen, liebevolleren Umgang miteinander — und auch mit sich selbst — zu finden.
Aus alten Mustern ausbrechen: Sein Selbstbild neu gestalten
Wenn Erwartungen anderer uns prägen, können wir dann überhaupt frei werden?
Ja – mit Bewusstsein, Mut und Veränderungswillen.
Der erste Schritt: Verstehen, woher das eigene Selbstbild kommt.
Ist man wirklich so verträumt, wenig belastbar oder was auch immer, wie man es seit Kindertagen immer wieder gehört hat?
Welche Sätze hat man verinnerlicht? Welche Erwartungen erfüllt man heute noch – aus Pflichtgefühl, nicht aus Überzeugung?
Ein berühmtes Beispiel ist Paul Watzlawicks „Geschichte mit dem Hammer”: Ein Mann will sich einen Hammer leihen, gerät aber innerlich in eine Abwärtsspirale aus Misstrauen und Ablehnung – bis er seinen Nachbarn wüst beschimpft, bevor er überhaupt gefragt hat.
Dieses Beispiel zeigt, wie unsere Gedanken durch unsere Interpretation Realität schaffen können.
Ähnlich verhält es sich mit inneren Glaubenssätzen: Wenn wir glauben, dass wir scheitern, werden wir oft scheitern – nicht weil wir es müssen, sondern weil wir es erwarten.
Ändere dein Selbstbild und du veränderst dein Leben: Die Geschichte mit dem Hammer: Selbsterfüllende Prophezeiungen und Selbstsabotage
Wer ständig mit Selbstzweifeln kämpft und glaubt, Dinge nicht ändern zu können, fühlt sich oft ausgeliefert und erschöpft.
Das Gefühl, etwas an seiner Situation ändern zu können, bleibt vielen fremd – und das kann tief verwurzelt sein, besonders durch den Krabbenkorb- und Rosenthal-Effekt aus unserer Kindheit.
Praktische Tipps: Mit den Erwartungen anderer umgehen
Unsere eigene Erwartungshaltung hat einen entscheidenden Einfluss auf unseren Erfolg.
Wenn man eine Aufgabe mit einem inneren „Ich kann das nicht“ angeht, ist es sehr wahrscheinlich, dass man es tatsächlich nicht kann und scheitert.
Wer den alten Geschichten aus der Kindheit Glauben schenkt, man wäre ja „schon immer zu …”, oder man müsse auf jeden Fall einen ähnlichen Beruf ergreifen wie der Rest der Familie — auch wenn er keinen Spaß macht — verschleudert sein Talent und Potenzial. Und fühlt sich vielleicht irgendwann fremd im eigenen Leben.
Eltern, Familie und Freunde meinen es in der Regel gut.
Aber jeder hat die Erlaubnis (und die Aufgabe), seinen eigenen Weg zu finden – auch wenn der nicht den Erwartungen anderer entspricht:
1) Glaubenssätze hinterfragen: Notiere, was du über dich denkst – und wer dir das beigebracht hat. Ist es wirklich deine Überzeugung?
2) Selbstreflexion: Achte darauf, wie du über dich selbst und andere sprichst. Enthalten deine Worte schon Zweifel?
3) Grenzen setzen: Du darfst dich von fremden Erwartungen distanzieren – auch von denen deiner Eltern.
4) Positive Erwartung stärken: Sich seiner eigenen Stärken und Talente bewusst werden und sich selbst ermutigen: „Ich kann das schaffen“. Wähle Menschen, die dich ermutigen, statt dich zu bremsen.
5) Feedback nutzen: Frage nach Klärung, bevor du interpretierst. So verhinderst du Missverständnisse.
6) Mentale Unterstützung: Meditation, Atemtechniken, Yoga, ätherische Öle … können helfen, emotionalen Ballast loszulassen und innere Ruhe zu finden. Denn nur wenn wir innerlich ruhig und entspannt sind, sind wir gute Denker und können kreative Lösungen finden.
Fazit: Erwartungen erkennen – und eigene Wege gehen
Nein, es war nicht alles schlecht, was uns Eltern und Familie auf unseren Lebensweg mitgegeben haben.
Aber als Erwachsener haben wir die Aufgabe, selbst die Verantwortung für unser Leben zu übernehmen.
Dafür braucht man Mut zur Veränderung. Auch, um alte Glaubenssätze und Narrative aus der Kindheit zu überprüfen und vielleicht infrage zu stellen.
Der Rosenthal-Effekt zeigt eindrucksvoll, wie mächtig psychologischen Mechanismen sind, und wie sehr sie unser Leben beeinflussen können. Die Erwartungen anderer können uns aufbauen – oder ein Leben lang blockieren.
Wenn wir lernen, unsere inneren Programme zu erkennen und zu verändern, entsteht Raum für Wachstum.
Jeder darf sein Leben selbst gestalten, auch wenn es nicht den Vorstellungen anderer entspricht.
Vertraue deinem Potenzial. Der erste Schritt zur Veränderung beginnt mit einer neuen Sicht auf dich selbst.
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Bildnachweise:
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Dr. Susanne Gebert
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