Das große Zögern: Warum unser Bauchgefühl für unsere Entscheidungen so wichtig ist
Gefühle sind keine Denkfehler.
Wer wichtige Entscheidungen treffen muss, braucht mehr als kühlen Verstand. Unser Bauchgefühl hilft uns, Prioritäten zu setzen und Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden – besonders im Stress und unter Druck.

Ohne Gefühle keine Entscheidung
In den 1980er Jahren machte der portugiesische Neurologe António Damásio eine merkwürdige Entdeckung: Einer seiner Patienten, dem zuvor ein kleiner Hirntumor entfernt worden war, konnte sich nicht mehr entscheiden.
Wenn man zwei Stifte vor ihm auf den Tisch legte, von denen er einen nehmen sollte, um etwas aufzuschreiben, schrieb er nichts — weil er nicht in der Lage war, einen Stift auszuwählen.
Dieser Fall gaben Damásio und seinen Kollegen ein Rätsel auf, denn es gibt kein „Entscheidungszentrum“ im Gehirn, das bei der OP hätte verletzt werden können.
Nach einigen Untersuchungen stellte sich heraus, dass der Patient nach der Operation nicht nur ein handlungsunfähiger Zögerer geworden war, sondern auch keinerlei emotionale Regungen mehr hatte. Freude, Frust, Neugier – nichts regte ihn mehr auf oder an. Und genau das machte ihn entscheidungsunfähig.
Wenn sich alles gleich anfühlt, weil es für unser Gefühl keinen Unterschied macht, lohnt es auch nicht, sich für den grünen oder den roten Stift zu entscheiden.
Damásio schloss daraus: Ohne Emotionen keine Entscheidungen.
Neurologe Damásio suchte und fand in der folgenden Zeit ähnliche Fälle. Er beschrieb sie in seinem Buch ‚Descartes’ Irrtum*‘, das zum Bestseller wurde.
Was für ein Witz: Da zermartern wir uns das Hirn, suchen krampfhaft nach rationalen Lösungen für unsere Entscheidungen – und dabei sind es unsere Emotionen und unser ‚Bauchgefühl‘, die wir brauchen, um Entscheidungen treffen zu können.
Warum wir unter Druck keine guten Entscheidungen treffen
Stress verändert unser Denken und Fühlen.
Unter Druck absolvieren wir nur unser mentales und emotionales Notfallprogramm, schalten auf Autopilot und spulen immer und immer wieder das ab, was wir oft trainiert haben und deshalb gut können.
Die traurige Wahrheit ist: Wenn wir gestresst sind, sind wir ungefähr so zurechnungsfähig wie mit zwei Promille hinterm Steuer eines Autos. Also gar nicht. Vielleicht fühlen wir uns wie der König oder die Königin der Landstraße, wir sind es aber nicht.
Und genau wie Damásios emotionsloser Zauderer können wir uns nur schlecht oder gar nicht entscheiden, weil sich alles gleich bzw. gar nicht anfühlt.
Stress blockiert das Bauchgefühl
Wenn sich alles gleich anfühlt, können wir keine klare Wahl treffen. Genau das passiert im Stress:
- Wir spüren keine innere Präferenz.
- Alle Optionen erscheinen gleich richtig oder falsch.
- Wir wechseln ständig unsere Meinung – abends Lösung A, am nächsten Morgen genau das Gegenteil.
Denn für kluge Entscheidungen ohne Reue, klare Prioritäten und unsere Fähigkeit, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden, brauchen wir außer unserem Verstand auch Kreativität — und unser (Bauch-)Gefühl.
Stressen lässt sich das nicht.
Auch wenn wir uns den Kopf zermartern und das Bauchgefühl zur Eile antreiben: Wir werden uns abends vor dem Einschlafen zu 100% für Lösung A entschieden haben, morgens beim Aufstehen schon zweifeln und auf dem Weg zur Arbeit dann felsenfest davon überzeugt sein, dass Lösung B viel besser ist.
Solche Schwankungen bei der Entscheidungsfindung sind ein klares Zeichen, dass wir — im Moment — noch nicht entscheiden können.
Fazit: Wer unter Druck steht, sollte keine weitreichenden Entscheidungen treffen.
Was hilft bei schwierigen Entscheidungen?
Die beste Maßnahmen bei schwierigen Entscheidungen sind: Pause machen, auf Abstand gehen, einen langen Spaziergang im Wald unternehmen. Denn: Wer kennt ihn nicht, den erlösenden Geistesblitz, der einen unvermittelt unter der Dusche oder auf dem Klo ereilt?
Der beste Weg:
- Abstand gewinnen.
- Pause machen.
- Spazierengehen.
- Duschen (kein Witz – der „Duschgedanke“ ist real).
Warum? Weil unser Gehirn kreative Lösungen in Ruhephasen produziert – nicht unter Druck.
Stress verstehen: Warum sind wir so oft gestresst?
Stress bedeutet ja nichts anderes, als unter Zeitdruck zu stehen oder eine Situation nicht kontrollieren zu können.
Wie wir diesen Stress erleben, kann ganz unterschiedlich sein.
Deswegen ist es wichtig, zunächst einmal die Symptome von Stress bei sich selbst erkennen zu können.
Typische Anzeichen von Stress sind:
- Schlafstörungen (z. B. 4‑Uhr-Wachzeit)
- Grübelzwang
- Rückzug aus sozialen Kontakten
- „Betäubung“ durch Essen, Alkohol, Gaming oder Arbeit
Wenn Stress zur Droge wird
Das ist oft ein Problem: Obwohl wir uns gestresst fühlen, sind wir nicht mal mehr in der Lage zu registrieren, wie ernst unser Stress-Level tatsächlich ist.
Kein Wunder, schließlich ist Gestresst-Sein gesellschaftlich anerkannt und Zeit für ‚quality time‘ unser edelste Luxusgut. Wer hat schon die Zeit für Nichtstun?
Gestresst zu sein ist gesellschaftlich akzeptiert – manchmal sogar ein Statussymbol. Wer ständig sagt: „Ich habe keine Zeit“, gilt als wichtig und erfolgreich. Viele befürchten außerdem, dass sie ohne ihre „Droge“ Stress durchhängen und nichts mehr hinbekommen.
Aber: Stress kann süchtig machen.
Er gaukelt uns Effizienz vor, macht uns aber langfristig krank — und verhindert kluge Entscheidungen.
„ … Als Glaser dreißig war, galt es in Kreisen des mittleren Jungmanagements als unmännlich, mehr als fünf Stunden zu schlafen. In der Euphorie eines anständigen Schlafmankos wirkte alles, was man tat, viel effizienter. Stress war ein Stimulans. Man prahlte, wie viel man davon vertrug, und versuchte, sich gegenseitig unter den Tisch zu stressen. …“
Aus: Martin Suter, Abschalten: Die Business Class macht Ferien*
Chronischer Stress ist gefährlich
Ständig im Stress zu sein, ist vor allem eines: gefährlich.
Körperlich und emotional, weil ständiger Stress irgendwann zu chronischem Stress werden kann (wir “lernen” Stress …) und die Spirale sich irgendwann so schnell dreht, dass man in einem Burn Out landet.
Aktionismus statt Aktion ist eine der riskantesten Nebenwirkungen von Stress: Man rotiert, haut raus und produziert wie wild, obwohl sich der Motor schon längst im Leerlauf dreht und man keinen Zentimeter vorankommt. Oder nur ein paar wenige Zentimeterchen, wobei das Ergebnis den Aufwand nicht rechtfertigen.
Langfristiger Stress führt zu:
- Burnout
- emotionaler Erschöpfung
- eingeschränkter Denkfähigkeit
- geringerer Empathie
- Reizbarkeit und impulsivem Verhalten
Unter Stress verlieren wir die Fähigkeit, klar zu denken. Wir geraten in blinden Aktionismus, arbeiten viel – aber oft wirkungslos.
Bessere Entscheidungen treffen – trotz Stress
Wer bessere Entscheidungen treffen will, sollte:
- bewusst Stress abbauen
- auf das eigene Bauchgefühl hören
- sich Zeit zum Nachdenken nehmen
- den Mut haben, Pausen einzubauen
Nur so schaffen wir es, langfristig kluge, stimmige und gesunde Entscheidungen zu treffen – für uns selbst und unser Umfeld.
Fazit: Emotionen sind keine Schwäche – sie sind unser innerer Kompass
Gefühle sind keine Denkfehler, sondern wichtige Entscheidungshilfen.
In einer Zeit, in der wir rund um die Uhr funktionieren sollen, ist es revolutionär, auf sein Gefühl zu hören. Doch genau das ist der Weg zu mehr Klarheit, besseren Entscheidungen – und einem Leben, das sich stimmig anfühlt.
Immer im Stress – aber das hältst du schon aus?
Vielleicht eine Weile — aber auf Dauer beeinträchtigt chronischer Stress nicht nur unsere emotionale, sondern auch unsere körperliche Gesundheit.
Wie man mit kleinen Veränderungen im Alltag und ätherischen Ölen zur Ruhe kommen kann:
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Etwa jeder Vierte leidet an Schlafstörungen, kann also schlecht einschlafen oder wacht nachts auf, hat zu wenig Schlaf oder keinen erholsamen. Warum wir schlecht schlafen und uns deshalb tagsüber oft wie gerädert fühlen — und 7 Tipps für besseren Schlaf.
Warum wir schlecht schlafen
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Bildnachweise:
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Geschichte und Psychologie
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Dr. Susanne Gebert
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