Populismus hat die NSDAP 1933 an die Macht gebracht.
Die Zeiten haben sich geändert, aber die Psychologie, durch die Populismus wirkt, ist gleichgeblieben. Und wird heute eifriger denn je genutzt.
Was ist Populismus und wie funktioniert er?
In den 1920er und 1930er Jahren gab es innerhalb der NSDAP nach dem Vorbild der KPD sogenannte „Rednerschulen”, in denen Parteiangehörigen das Reden vor Publikum beigebracht wurde. Heute würde man sagen: populistische Rhetorik.
Die Zeiten haben sich geändert, aber die Psychologie, durch die Populismus wirkt, ist gleichgeblieben. Was Populisten meinen, wenn sie sagen:
Was Populisten meinen, wenn sie sagen: „das Volk“ / „die Elite“
Populisten tun so, als ob „das Volk” oder „die Menschen” eine fest definierte Gruppe wäre, die alle dasselbe meinen, denken, fühlen und wollen.
- Nur dieses „Volk” ist angeblich in Besitz von gesundem Menschenverstand und weiß, was gut und was schlecht ist, was vernünftig und was unvernünftig ist.
- Das „Volk” wird als große, schweigende Mehrheit dargestellt, die von „denen da oben” (= „die Elite”) nicht verstanden bzw. nicht einmal gehört wird.
- Dieser Mehrheits-Mythos schafft ein Gefühl der Zusammengehörigkeit unter den Anhänger*innen der Populisten.
Populisten nehmen für sich in Anspruch, diese angeblich unterdrückte Mehrheit zu vertreten.
„Die da oben — wir da unten”
… ist das Gefühl, das Populisten bei ihrem Publikum erzeugen wollen — auch, wenn sie wie beispielsweise Donald Trump* oder Alice Weidel bezüglich Einkommen und Vermögen eher zu denen „da oben” gehören.
- Populisten tun so, als ob sie die Interessen „der Menschen” in der Politik vertreten würden.
Ihre Anhänger*innen nehmen ihnen das ab — auch wenn ein Trump oder eine Weidel finanziell und gesellschaftlich viel, viel bessergestellt ist.
„Die Altparteien” / die „Eliten”
Populisten sprechen ständig von „Eliten”, zu denen im Wesentlichen alle gehören, die eine andere als sie Meinung vertreten.
- Gemeint sind nicht nur die Regierenden, sondern auch Medien, die kritisch berichten, und Wissenschaftler*innen, die populistischen Meinungen widersprechen.
- Die „Altparteien” (im NS-Jargon hießen sie „Systemparteien”) bzw. die „Eliten” handeln angeblich nicht im Interesse des „Volkes” bzw. „der Menschen”.
- Besonders radikale Populisten behaupten, dass sich diese „Eliten” zusammengetan und gegen „das Volk” verschworen haben, um es zu unterdrücken und auszubeuten.
Feindbilder und Sündenböcke
Populismus lebt von Feindbildern — die „outgroup” hilft dabei, die Gruppenidentität nach innen zu stärken.
Gleichzeitig dienen die Feindbilder wie z.B. die „Altparteien” als Sündenböcke, denn man kann sie für alle Probleme verantwortlich machen, die es in einer Gesellschaft gibt.
- Die Schuldfrage liegt damit klar auf der Hand; man ist „Opfer” und muss sich nicht selbst mit Ursachenforschung und komplexen Lösungsansätzen herumplagen.
- Das passende Stilmittel: Immer von „denen da oben — wir hier unten” sprechen — auch wenn man als Berufspolitiker*in de facto zu „denen da oben” gehört.
- Zunehmend schärfen Populisten ihr Feindbild, indem sie von einer „Diktatur” sprechen („Corona-Diktatur”, „Öko-Diktatur”, „Woke Diktatur”).
„Normalität” fordern
Populisten werden nicht müde zu betonen, dass sie eigentlich nur wollen, dass alles „wieder ganz normal” wird. Sie malen das Bild eines Vorvorgesterns, das es so nie gegeben hat.
- Sie arbeiten mit einer “Normalitätsfiktion” — einer Normalität aus dem La La Land , die es bei genauerer Betrachtung nie gegeben hat und auch nicht geben kann.
Dass sich Umstände und Realitäten verändern, wird ignoriert; dass früher eben nicht alles besser war, wird geleugnet.
- Populisten sprechen nicht über Zukunft, Weiterentwicklung und Fortschritt, sondern immer nur von der Vergangenheit, in der angeblich alles besser war.
Man bedient die menschliche Sehnsucht nach Sicherheit, denn die Vergangenheit kennt jeder; was die Zukunft bringen wird, weiß niemand. Das verunsichert viele Menschen — und kann deshalb populistisch ausgenutzt werden.
- Was ist schon normal? In einer freiheitlichen Gesellschaft ist nicht festgelegt, wie man ein „normales” Leben führt.
Populisten tun aber so, als ob es eine „Norm” gäbe — und alle sich daran zu halten hätten. Normalität und das Gefühl, dass bei einem selbst alles „richtig” und normal ist, stärkt das Zugehörigkeitsgefühl der Anhängerinnen und Anhänger von Populisten.
Die „Richtigen” und die „Falschen”
Da Populisten genau zu wissen glauben, was normal und was nicht normal ist, schließen sie Menschen, die in ihren Augen „nicht richtig” sind, konsequent aus.
- Populisten sprechen allen, die sie als „nicht richtig” definiert haben, ab, dazuzugehören.
- Der von ihnen definierten „outgroup” wird die Schuld an sämtlichen Problemen gegeben.
- Die Besserstellung einer Minderheit wird als Schlechterstellung der Mehrheit verkauft.
Das entspricht zwar nicht der Realität, gehört aber zum populistischen Lösungsansatz und führt zum Zusammenhalt innerhalb der Anhängerschaft von Populisten. Gesellschaftlich führt diese Darstellung zu Diskriminierung und Ausgrenzung — und gefährdet langfristig den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Halbwahrheiten und Lügen
Übertreiben und verdrehen ist eines der wichtigsten Stilmittel populistischer Rhetorik. Populismus geht es nicht um Inhalt, sondern um Stimmung und Provokation.
- Durch das ständige „an-den-Pranger-stellen” der „outgroup” erzeugt man bei seiner Anhängerschaft Wut und verstärkt ihr Gefühl, zur unterdrückten Mehrheit zu gehören.
- Fakten werden so lange verdreht, bis sie nicht mehr wiederzuerkennen sind.
- Tatsachen werden ohne Begründung geleugnet oder es werden „alternative Fakten” erfunden, die durch nichts zu belegen sind.
Ein typisches populistisches Stilmittel: Einfach mal behaupten. Am besten so kurz und so prägnant, dass es auf jeden Fall hängenbleibt (auch wenn es widerlegt wird).
Provokationen und Tabubrüche
Tabus brechen und provozieren ist das Ziel populistischer Rhetorik.
Denn auch durch kritische Berichte z.B. in der Presse gewinnt man Aufmerksamkeit — und kostenlose Werbung, auch wenn das eigentlich gar nicht beabsichtigt ist.
- Ähnlich wie Narzissten testen Populisten ständig aus, wie weit sie gehen können.
- Die eigene Agenda wird unabhängig vom Wahrheitsgehalt so oft wiederholt, bis die populistische Sicht der Dinge von vielen als „normal” oder sogar „richtig” empfunden wird.
Sich als Opfer inszenieren
Wenn der Widerstand zu groß wird, inszenieren sich Populisten als Opfer.
Sie behaupten dann zum Beispiel, falsch zitiert oder falsch verstanden worden zu sein oder sprechen von einer medialen Hetzjagd.
- Die Opferhaltung ist Teil des populistischen Feindbilds: Medien und die „Elite” wollen verhindern, dass man als „Sprachrohr des Volkes” zu Wort kommt.
- Populismus funktioniert nicht ohne Probleme und Krisen, deshalb wird alles, was in Politik und Gesellschaft nicht gut läuft, immer wieder in besonderem Maß hervorgehoben und zum „Niedergang” hochstilisiert.
Nur mit ihnen sei dieser Niedergang aufzuhalten, so das Versprechen von Populisten.
Auch wenn die „Lösungen”, die Populisten anbieten, so simpel gestrickt sind, dass sie überhaupt nicht funktionieren können.
Fazit: Populisten geht es nicht um Inhalt, sondern um Stimmung.
Populistische Lösungsansätze sind simpel und beruhen auf der Ausgrenzung und Schlechterstellung einer „outgroup”, einer Gruppe, die die Populisten definieren. In der Realität greifen die einfachen populistische „Lösungen” für komplexe Probleme nicht, sondern führen stattdessen zu großen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verwerfungen.
Das kann man zum Beispiel beobachten an Donald Trumps Amtszeit als 45. Präsident der Vereinigten Staaten von 2017 bis 2021, an der die USA — und die ganze Welt — noch heute zu knabbern hat. Und an Adolf Hitlers nationalsozialistischer Diktatur in Deutschland von 1933 bis 1945, deren Folgen ebenfalls bis heute deutlich zu spüren sind …
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Populisten haben keine Lösungen, sondern nutzen geschickt Ängste und unser Bedürfnis nach Sicherheit aus. Populisten spielen sich als Fürsprecher der “schweigenden Mehrheit”, “der Menschen” oder für “das Volk” auf, ohne wirklich für sie zu sprechen.
In seinem lesenswerten Buch analysiert der Politikwissenschaftler Marcel Lewandowsky die Methoden, mit denen Populisten arbeiten — und gibt Hinweise, wie man damit umgehen kann.
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In diesem Buch widmet er sich ausführlich den Themen Ignoranz und damit auch Populismus. Er analysiert sehr gekonnt die Fernsehduelle zwischen Donald Trump und Hillary Clinton im US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 und leitet daraus Strategien ab, wie man mit Menschen reden kann, die nicht zuhören wollen. Sehr empfehlenswert (auch, wenn man keinen Wahlkampf bestreiten muss).
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Bildnachweise:
Original: Bundesarchiv Bild 102–10460, Adolf Hitler, Rednerposen“ von Bundesarchiv, Bild 102–10460 / Hoffmann, Heinrich / CC-BY-SA. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 de