Ab März 1941 berichten immer mehr sowjetische Spione von einem nicht enden wollenden Strom deutscher Truppen, die Richtung Osten marschieren.
Doch Stalin wiegelt ab: In Berlin gäbe es „Falken“ und „Tauben“, wobei Hitler zu den „Tauben“ zähle …
Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass ausgerechnet der sonst bis zur Paranoia misstrauische Stalin die Zeichen der Zeit nicht erkennt. Aber Stalin kann sich nicht vorstellen, dass Hitler und seine Generäle einen Zweifrontenkrieg wagen würden.
Zwar meldet der sowjetische Top-Spion Richard Sorge im Mai aus Japan, dass ein Angriff der Deutschen mit 150 Divisionen für den 20. Juni 1941 geplant sei, und es wird auch bekannt, dass täglich bis zu vier Züge in die Aufmarschräume nach Polen fahren, um Wehrmachtseinheiten und Panzer in Stellung zu bringen.
Aber Stalin findet die passende Erklärung: Der „Führer” wolle ihn mit dem Aufmarsch „nur einschüchtern”, um sich für kommende Verhandlungen eine bessere Ausgangsposition zu verschaffen.
Er wischt alle Warnungen und Hinweise als Manipulationsversuche und westliche Propaganda vom Tisch.
Seinen Militärs und Beratern droht er, „dass Köpfe rollen werden“, wenn sie ohne seine Erlaubnis Truppenbewegungen durchführen würden.
- Als dann in den frühen Morgenstunden des 22. Juni 1941 etwa 3,5 Millionen Soldaten der Deutschen Wehrmacht und verbündeter Truppen aus Italien, Ungarn, Finnland, Rumänien und der Slowakei auf sowjetisches Gebiet vordringen, sind viele Divisionen der Roten Armee weder vorbereitet noch angemessen ausgerüstet und ausreichend mit Soldaten besetzt.
Stalin bricht zusammen.
Während Görings Bomber fast die komplette sowjetische Luftwaffe zerstören, weil ihre Flugzeuge ohne Tarnung auf den ungeschützten Flugfeldern vor den Hangars stehen, und die Bodentruppen der Roten Armee unter unermesslichem Blutzoll Kilometer für Kilometer zurückweichen müssen, ist “der Stählerne” untröstlich.
Und vor allem: unauffindbar, sogar für seine engsten Vertrauten.
“Unmensch gegen Bestie”: Ein deutsch-sowjetisches Schmierenstück
Die Ouvertüre zu einem der fürchterlichsten und grausamsten Feldzüge der Menschheit hatte rund zwei Jahre zuvor begonnen.
Am 24. August 1939 in Moskau Reichsaußenminister von Ribbentrop für Deutschland und der sowjetischen „Volkskommissar für Auswärtige Angelegenheiten“ Molotow im Beisein Stalins den Deutsch-Sowjetischen Nichtangriffspakt unterzeichnen.
Die Vorverhandlungen zum Nichtangriffspakt waren lang und zäh, doch als die deutsche Delegation zur Unterzeichnung per Flugzeug anreist, kommt ihr Besuch für’s sowjetische Protokoll trotzdem überraschend.
Man muss die Hakenkreuzfahnen für den gebührenden Empfang aus einem Filmstudio besorgen, in dem gerade ein Anti-Nazi-Film gedreht wird. Auf einigen Fahnen sind die Hakenkreuze spiegelverkehrt aufgenäht.
Im Pakt zwischen „Bestie” (Hitler über Stalin) und „Unmensch” (Stalin über Hitler) werden offiziell gegenseitige Neutralität im Kriegsfall und Konsultationen bei Meinungsverschiedenheiten vertraglich festgelegt.
Außerdem erhält Deutschland dringend (für die Aufrüstung) benötigte Rohstoffe.
- Der eigentliche Zündstoff liegt im „Geheimen Zusatzprotokoll“, in dem beide Diktatoren ihre „Interessensphären in Osteuropa“ abgrenzen: Der Osten Europas wird zwischen der Sowjetunion und Großdeutschland aufgeteilt, souveräne Nationen wie Polen oder Finnland sollen dafür von der Landkarte verschwinden.
Am Morgen danach fährt Stalin zufrieden in seine Datscha und prahlt vor führenden Genossen:
„Ich weiß, was Hitler im Schilde führt. Er glaubt, er ist schlauer als ich, aber in Wirklichkeit habe ich ihn überlistet.”
Stalin im August 1939
Er will vor allem Zeit gewinnen, denn immerhin ist ihm bewusst, dass seine „gesäuberte“ Rote Armee nicht in der Verfassung ist, einen Krieg gegen das hochgerüstete, vor Kraft strotzende Großdeutschland zu gewinnen.
Deutsche, Briten und Franzosen sollen sich nach seinen Plänen einen Abnutzungskampf wie im Ersten Weltkrieg liefern und gegenseitig erschöpfen. Und die Sowjetunion am Ende als eigentliche und einzige Siegermacht aus dem Tumult hervorgehen.
Er hätte es besser wissen müssen.
Schließlich ist er einer der wenigen ausländischen Spitzenpolitiker, die Hitlers „Mein Kampf“ gelesen haben.
Stalin ist ratlos
Die deutschen Heeresgruppen durchbrechen eine Verteidigungslinie nach der anderen, kesseln ganz Armeen ein und erobern Hunderte Quadratkilometer sowjetischen Territoriums.
Erstmals in seiner Geschichte scheint der „Woschd“ kleinlaut zu werden.
Man findet ihn schließlich in seiner Datscha, wo er weder Telefonate entgegennimmt noch Besucher empfängt.
Ein hochrangiger Parteigenosse berichtet später, Stalin habe in diesen Tagen einfach nicht gewusst, was er dem Volk hätte sagen sollen.
Als eine Abordnung von Politbüro-Mitgliedern auftaucht, fürchtet er, verhaftet zu werden. Aber seine Befürchtungen sind unbegründet. Die Genossen drängen ihn stattdessen, weiterzumachen.
Ein seltsames Verhalten trotz der großen Krise, denn Stalin hat nicht nur offenkundig mit seiner Fehleinschätzung versagt, sondern in der Zeit des „großen Terrors“ Verwandte und Freunde der meisten von ihnen umgebracht.
Der große vaterländische Krieg
An Stelle des untergetauchten Stalin hatte Außenminister Molotow in der Zwischenzeit die sowjetische Bevölkerung über den Angriff der Deutschen informiert und zum Krieg gegen die „Faschisten“ aufgerufen.
Erstmals spricht er – in Anlehnung an den (siegreichen) Abwehrkrieg Russlands gegen Napoléon – vom „Vaterländischen Krieg“.
Und tatsächlich vergessen die von Stalin und seinen Helfern terrorisierten, geknechteten und gequälten Russen das, was man ihnen in den Jahren der “Entkulakisierung” und der “großen Säuberung” angetan hat, und ziehen für ihn und ihre Heimat in einen fürchterlichen Krieg.
Ihr Blutzoll ist immens.
Denn viele kampferprobte Militärs waren während des großen Terrors „Säuberungen“ zum Opfer gefallen; ihren Nachfolgern fehlt es häufig an Mut, Know-how und Erfahrung.
Unendlich viele Soldaten bezahlen diese Folge von Stalins Paranoia mit ihrem Leben.
Am 3. Juli 1941, gut zwei Wochen nach Kriegsbeginn, bricht Stalin sein Schweigen und spricht im Radio zu seinem Volk und seinen Truppen.
„Genossen! Bürger! Brüder und Schwestern! Kämpfer unserer Armee und Flotte, an Euch wende ich mich, meine Freunde.“
Radioansprache Stalins vom 3. Juli 1941
Sein Ton hat sich verändert. Aus Genossen sind nun „Freunde, Brüder und Schwestern“ geworden.
- Stalins Art der Problemlösung hat sich dagegen nicht geändert: Mit Terror will er seine sich ständig zurückziehende Rote Armee zum Kämpfen und zum Siegen zwingen.
Er lässt den Oberkommandierenden der Westfront und weitere Generäle erschießen.
Und verkündet, dass jeder, der in Kriegsgefangenschaft gerate, ein Verräter sei. Für diesen Verrat müssen auch seine Angehörigen büßen.
Zweifrontenkrieg
Goebbels notiert 1943 in sein Tagebuch, Stalin sei in den Augen des „Führers” ein Genie des Asiatentums.
Stalin wiederum sprach von Hitler als „Teufelskerl“, und seine Tochter berichtete später vom großen Bedauern ihres Vaters, dass der Hitler-Stalin-Pakt nicht gehalten habe. „Mit den Deutschen zusammen wären wir unbesiegbar gewesen”, soll er gesagt haben.
Zwar hatte Hitler in “Mein Kampf” vom „Lebensraum“ im Osten” schwadroniert, aber ein Zweifrontenkrieg war für ihn lange Zeit nicht vorstellbar.
Lange Zeit hatte er auf die Briten als Bündnispartner gehofft, später auf Polen als Juniorpartner gegen die Sowjetunion, und erst als sich beide verweigerten, disponierte er schließlich um und schließt den Teufelspakt mit Stalin.
Ein Jahr nach Unterzeichnung des sogenannten Hitler-Stalin-Paktes ist Polen von der Landkarte verschwunden, Frankreich geschlagen und weltweit kämpfen nur noch die Briten mit König und Winston Churchill ihren einsamen Kampf gegen das “Dritte Reich” und seine Verbündeten.
- Als die Briten sich als zäherer Kriegsgegner als erwartet erweisen und klar wird, dass Göring sein Versprechen nicht halten kann, Großbritannien mit seiner Luftwaffe in nur wenigen Wochen zu einem “Kompromissfrieden” zu bomben, entschließt sich Hitler zu einem Strategiewechsel. Denn die Wehrmacht braucht „Blitzkriege“ und „Blitzsiege“; auf langwierige Feldzüge wie die Luftschlacht um England ist man nicht eingestellt.
Am 18. Dezember 1940 gibt Hitler die Weisung, den Angriff auf einen neuen Feind vorzubereiten, der 26-mal größer als England ist. Die Sowjetunion.
Der „Führer“ wendet sich seinem eigentlichen Kriegsziel im Osten zu, ohne den Krieg im Westen beendet zu haben. Vermutlich ist das der schwerste von vielen strategischen Fehlern, die das selbsternannte militärische Genie, Adolf Hitler, begeht.
Hitler und seine Militärs rechnen mit einem kurzen Feldzug von nur wenigen Wochen, einem “Sandkastenspiel”, wie Hitler sagt. Man schätzt die Kampfkraft der von Stalin gesäuberten Rote Armee als gering, nach Hitlers Worten sei sie „nicht mehr als ein Witz”.
- Stalin und Hitler halten sich beide für besonders talentierte Militärstrategen — tatsächlich sind sowohl der sowjetische „Woschd“ wie auch der deutsche “Gröfaz” mit der Führung ihrer Armeen heillos überfordert und gefährlich unfähig.
Nach Aussagen einiger Marschälle Stalins habe man heimlich zahlreiche seiner Befehle ignoriert, da sie unsinnig gewesen seien, und Marschall Georgi Schukow wird nach dem Ende der Stalin-Ära dem „Generalissimus“ hinter verschlossenen Türen vorwerfen, das Leben Tausender Soldaten sinnlos geopfert zu haben.
ANZEIGE
Was wäre gewesen, wenn … Hitler den Krieg gewonnen hätte und Großdeutschland vom Rhein bis zum Ural reichen würde? Ein großartiges Buch zwischen Fiction, Krimi und vielen historisch ausgesprochen interessanten Fakten.
Zum Amazon-Angebot:
Robert Harris, Vaterland* Heyne Verlag, 2017 oder als Hörbuch/Audible* (kostenlos im Probemonat)
Die Evakuierung Moskaus
Nur 3 Monate nach Beginn des Überfalls, am 5. Oktober 1941 entdeckt ein sowjetisches Aufklärungsflugzeug eine deutsche Panzerkolonne 130 Kilometer vor Moskau.
Die Nachricht verbreitet sich wie ein Lauffeuer, in der sowjetischen Hauptstadt bricht Panik aus. Hohe Beamte und ausländische Botschaften werden ins 800 Kilometer östlich gelegene Kuibyschew (heute Samara) evakuiert, sogar der einbalsamierte Leichnam Lenins wird in einem gekühlten Waggon abtransportiert.
Hundertausende Moskowiter stürmen Züge, die Richtung Osten fahren, der Mob plündert in Moskau verlassene Wohnungen und Geschäfte.
Als Stalin die Nachricht hört, soll er in Tränen ausgebrochen sein.
Auch für seine Flucht ist alles vorbereitet. Doch er bleibt.
Viele Historiker halten das für eine der wichtigsten Entscheidungen dieses Krieges.
Mitte Oktober 1941 setzt dann plötzlich der Herbstregen ein, die deutsche Invasion bleibt nach wochenlangem Vormarsch im Matsch vor Moskau stecken.
Kurze Zeit später beginnt der gefürchtete russische Winter viel früher als gewöhnlich und sorgt dafür, dass nur wenige deutsche Einheiten im November 1941 die Außenbezirke Moskaus erreichen.
Der Wetterwechsel ist mächtiger als alle sowjetischen Armeen.
Zunächst wurde der kurz darauf folgende Wintereinbruch von vielen deutschen Generäle sogar begrüßt, denn auf dem gefrorenen Boden kommen Fahrzeuge und Truppen wieder voran.
Aber es wird noch grausamer: Bei Temperaturen bis zu minus 52 Grad versuchen deutsche Soldaten in Sommeruniformen — man hatte ja mit einem “Blitzsieg” gerechnet — schließlich nur noch zu überleben.
Anfang Dezember schicken die Sowjets ausgeruhte und für den Winterkrieg bestens ausgerüstete sibirische Einheiten in den Kampf um Moskau.
Junge Frauen melden sich zu Tausenden bei den örtlichen Wehrkomitees und betteln darum, an der Front kämpfen zu dürfen. Selbst Halbwüchsige schuften in Rüstungsfabriken bis zu 12 Stunden täglich, um die Faschisten aus ihrer Heimat zu vertreiben.
Das deutsche Ostheer muss um fast 300 Kilometer zurückweichen und entkommt trotzdem nur um Haaresbreite der Vernichtung.
Hitlers Blitzkrieg im Osten ist gescheitert.
Stalingrad
Erst nach ihrer monatelangen unfreiwilligen “Winterpause”, im späten Frühjahr 1942, gewinnt die Wehrmacht ihre Mobilität zurück.
Doch statt wie erwartet den Vormarsch auf Moskau fortzusetzen, ändert Hitler, der sich mittlerweile selbst zum Oberbefehlshaber ernannt hat, seine Meinung und ordnete den “Fall Blau” an.
- Ein Himmelfahrtskommando, denn die massive Offensive hat nicht ein, sondern zwei Ziele: die Eroberung der kaukasischen Ölfelder und die Zerschlagung der sowjetischen Rüstungsindustrie im Süden, vor allem die um und in Stalingrad.
Der Plan ist so wahnwitzig, dass niemand mit diesem Feldzug rechnet.
Die Offensive beginnt nach mehrmaligem Verschieben am 28. Juni 1942. Insgesamt sind 1,3 Millionen Soldaten beteiligt, darunter 300.000 verbündeter Nationen, hauptsächlich Rumänen und Italiener.
Doch auch “Fall Blau” scheitert.
Nach wochenlangem Straßenkampf gelingt dem sowjetischen General Georgi Schukow im November 1942 ein militärisches Glanzstück: Zwei sowjetische Angriffsspitzen können den schwachen Flankenschutz der Wehrmacht vernichten und marschieren in einer Zangenbewegung aufeinander zu.
Als sich beide Verbände am 23. November treffen, ist die deutsche 6. Armee und große Teile der 4. Armee eingekesselt — insgesamt über 250.000 deutsche Soldaten.
Im Januar 1943 vollendet sich die Katastrophe “Stalingrad”.
- Stalingrad ist der Wendepunkt dieses Krieges.
Der Nimbus der “Unbesiegbarkeit” der deutschen Wehrmacht ist gebrochen. Nach Stalingrad treibt die Rote Armee die Deutschen nur noch in Richtung Westen.
Rund zwei Jahre später ist Deutschland besiegt und Hitler tot.
Stalinismus nach 1945: Das Morden geht weiter
Hitler ist tot, aber Stalins Morden geht weiter.
Zunächst führt er im Juni 1945 den Titel eines „Generalissimus der Sowjetunion“ als höchsten militärischen Rang ein und verleiht ihn sich selbst.
Zu Beginn des Jahres 1948 ordnet er eine weitere Säuberungswelle an, die sich dieses Mal hauptsächlich gegen Juden richtet, die als „Wurzellose Kosmopoliten“ denunziert werden. Die Kampagne führt zunächst zur Auflösung des Jüdischen Antifaschistischen Komitees und erreicht ihren Höhepunkt in der so genannten Ärzteverschwörung.
“Mein kleiner Spatz” nennt Stalin seine Tochter Svetlana, die beim Tod ihrer Mutter Nadja 1932 6 Jahre alt ist. Ganz offensichtlich liebt er dieses Kind — “weil ich ihn an meine Mutter erinnert habe”, sagt sie später.
Weniger gut geht es Stalins Söhnen.
Zu seinem ältesten Sohn Jakow aus seiner ersten Ehe mit der Schneiderin Ketewan Swanidse (sie stirbt kurz nach Jakovs Geburt an Fleckfieber), hat er nur wenig Kontakt. Als Jakow im 2. Weltkrieg in deutsche Kriegsgefangenschaft gerät und nach der Kapitulation von Stalingrad gegen Generalfeldmarschall Friedrich Paulus ausgetauscht werden soll, lehnt Stalin das mit der Begündung ab, dass man keinen einfachen Soldaten gegen einen General eintausche. Jakow stirbt im April 1943 im Konzentrationslager Sachsenhausen.
Auch zu Sohn Wassili (1921–1962), Svetlanas älteren Bruder, hat Stalin ein eher unterkühltes Verhältnis. Wassili ist im 2. Weltkrieg ein erfolgreicher Flieger und macht Karriere, spricht aber genau wie sein Vater dem Alkohol zu und gilt als hochfahrend und unbeherrscht. Der Tod seines Vaters wirft ihn vollends aus der Bahn.
Svetlana hat ebenfalls wenig Glück im Leben. Als sie 17 Jahre alt ist, verliebt sie sich in einen jüdischen Filmemacher, den Stalin daraufhin kurzerhand für zehn Jahre nach Sibirien verbannt. 1967, 14 Jahre nach dem Tod ihres Vaters, flieht Svetlana spektakulär aus der UDSSR über Indien und die Schweiz in die USA.
“Er war ein ganz simpler Mann. Sehr grob, sehr gemein”, sagt sie über ihren Vater. Sie will nichts mehr zu tun haben — unter anderem, weil sie ihn für den Tod ihrer Mutter verantwortlich macht.
In der Nacht vom 28. Februar zum 1. März erleidet Stalin einen Schlaganfall.
Aber weil es keiner seiner Wachleute wagt, sein Zimmer zu betreten, liegt er fast 24 Stunden eingenässt und sprachlos auf dem Boden.
Nachdem er schließlich doch gefunden wurde, wird sein langes Sterben von Ärzten begleitet, die um ihr eigenes Leben zittern müssen und sich aus Angst kaum trauen, seinen Puls zu fühlen.
Die besten Mediziner des Landes — meistens Juden, denen eine Beteiligung an der “Ärzteverschwörung” vorgeworfen wird — sitzen in Haft oder sind bereits tot.
- An Stalins Sterbebett versammelt sich eine Entourage aus heftig um seine Nachfolge streitenden Polit-Kommissaren, die seinen Tod herbeisehnen, um selbst ihrer Absetzung oder Liquidation zu entgehen.
Josef Stalin wurde übrigens zweimal für den Friedensnobelpreis nominiert, einmal 1945, als einer der Sieger des Zweiten Weltkrieges, und einmal 1948.
Erhalten hat er ihn nie.
Copyright: Agentur für Bildbiographien, www.bildbiographien.de, 2014 (Überarbeitet 2024)
Lesen Sie im nächsten Beitrag: Lange Zeit war den Bewohnern Ostpreußens unter Androhung schwerer Strafen die Flucht aus ihrer Heimat verboten worden, denn Hitler will der vorrückenden Roten Armee einen menschlichen „Schutzwall“ entgegenstellen.
Und da die Männer im Krieg kämpfen und die Parteioberen fliehen, sind es Frauen, Kinder und Alte, die zurückbleiben und Hitlers Vorstellung vom Schutzwall Ostpreußen erfüllen sollen.
Ihr Flüchtlinge! Flucht und Vertreibung 1944 — 1950
Buch- und Filmempfehlungen:
Die mit * gekennzeichneten Links sind sogenannte Affilate-Links, die helfen, den Blog Generationengespräch zu finanzieren. Wenn Ihnen eine der angegebenen Empfehlungen gefällt und Sie das Buch (oder ein anderes Produkt) über diesen Link bestellen, erhält der Blog dafür eine kleine Provision, ohne dass für Sie Mehrkosten entstehen. Für Ihren Klick: Herzlichen Dank im Voraus!
Die langjährige Osteuropa-Expertin des Deutschlandfunk Sabine Adler beschreibt in ihrem lesenswerten Buch Land und Leute; die Geschichte Russlands und der Sowjetunion, das Ideal des “Sowjetmenschen”, das mangels Vergangenheitsbewältigung nie durchbrochen worden ist. Und sie beschreibt Putin. Ein kleiner Mann mit riesigem Ego, der so gern als ganzer Kerl gesehen werden möchte, dessen tiefe narzisstische Verletzung aber vermutlich nicht nur Küchenpsychologie ist. Sehr informativ und spannend geschrieben. Empfehlenswert!
Zum Amazon-Angebot:
Sabine Adler, Was wird aus Russland?: Über eine Nation zwischen Krieg und Selbstzerstörung* Ch. Links Verlag; 2024, oder als Audible/Hörbuch* (kostenlos im Probemonat)
Rund eine Millionen russischer Mädchen und Frauen zogen in den Krieg gegen die Deutschen: Als Küchenhilfen, Sanitätshelferinnen, die Verletzte noch während der Gefechte aus den Frontlinien schleppten — und als Soldatinnen. Die Nobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch hat die jungen Frauen von damals interviewt und ihre Geschichten aufgeschrieben. Ein sehr lesenswertes Buch, auch wenn viele Erzählungen sehr beklemmend und manchmal kaum auszuhalten sind.
Zum Amazon-Angebot:
Swetlana Alexijewitsch, Der Krieg hat kein weibliches Gesicht*, Suhrkamp Taschenbuch, 2015
Nichts für schwache Nerven ist dieser spannende und gleichzeitig sehr informativer Thriller über die Stalin-Ära. Sehr bedrückend und hautnah geschrieben, mit vielen spannenden Details. Ein großartiges Buch, um diese fürchterliche Zeit nicht nur aus Geschichtsbüchern zu kennen, sondern auch wirklich zu verstehen. Sehr lesenswert!
Zum Amazon-Angebot:
Tom Rob Smith, Kind 44*, Goldmann Verlag, 2010 oder als Hörbuch/Audible* (kostenlos im Probemonat)
Als Prime Video* (FSK 16)
Eine traumatisierte Gesellschaft, die Gewalt, Trauma und Angst in Schockstarre hinnimmt. Der langjährige Russland-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung gibt am Beispiel von fünf aufwühlenden Kriminalfällen einen sehr lesenswerten Einblick in die russische Gesellschaft heute und die Gründe, die dazu geführt haben. Ein sehr empfehlenswertes Buch!
Zum Amazon-Angebot:
Julian Hans, Kinder der Gewalt: Ein Porträt Russlands in fünf Verbrechen*, Beck Paperback, 2024
Der BBC-Journalist Tim Marshall mit einem spannenden Blick durch die “Geographie-Brille” hinter die Kulisse von Geschichte und Weltpolitik, mit dem Zusammenhänge, historische Entwicklungen und auch mögliche kommende Szenarien nachvollziehbarer und greifbarer werden. Ein ‘Must-Read’ für alle, die sich für Geschichte und Politik interessieren.
Zum Amazon-Angebot:
Tim Marshall, Die Macht der Geographie*, dtv Verlagsgesellschaft, 2017, oder als Audible/Hörbuch* (kostenlos im Probemonat)
In seinem Mehr-Familien-Drama“Winter der Welt” beschreibt Ken Follett sehr spannend den Weg der Welt in den Abgrund des 2. Weltkriegs bis 1945. Ein Roman, der fesselt und die politischen Strömungen und die Stimmungen jener Zeit deutlich macht — man fiebert mit und hat das Gefühl, “mittendrin” zu sein. Lesenswert!
Zum Amazon-Angebot:
Ken Follett, Winter der Welt: Die Jahrhundert-Saga*, Lübbe; 2014 oder als Audible/Hörbuch* (kostenlos im Probemonat)
Weiterführende Beiträge:
Hitlers Krieg: Der „Gröfaz“ (größter Feldherr aller Zeiten) war ein lausiger Militärstratege, dem Wetter, Wegstrecken und Bodenbeschaffenheit völlig egal waren. Im 2. Weltkrieg trifft er mehrere schwerwiegende Fehlentscheidungen und verzockt dadurch sein anfängliches Kriegsglück.
Hitlers Krieg: Größter Feldherr aller Zeiten?
Amerikas kranke Präsidenten: Als sich die „großen Drei“- Churchill, Roosevelt und Stalin – im Februar 1945 in Jalta auf der schönen Halbinsel Krim treffen, um über die Zukunft der Welt nach Hitler zu konferieren, sitzen da nicht nur die zukünftigen Sieger des 2. Weltkriegs zusammen, sondern auch drei schwerkranke Männer, die mit einem Bein (Roosevelt mit eineinhalb) im Grab stehen.
Amerikas kranke Präsidenten – die schwachen Seiten der Männer im Weißen Haus
Stalin II: Lenins „Mann fürs Grobe“ ist ihm am Ende doch zu grob. In seinem politischen Testament empfiehlt der Begründer und erste Regierungschef Sowjetrusslands (ab 1922 in Sowjetunion umbenannt) dringend, Stalin als allmächtigen Generalsekretär der Kommunistischen Partei Russlands abzulösen und einen anderen an seine Stelle zu setzen. Aber es ist zu spät.
Wer war eigentlich Stalin? Teil 2
Ein Überblick über Biografien, Geschichte und Geschichten der letzten 300 Jahre, die unsere Welt zu dem gemacht haben, die sie heute ist:
Das Generationengespräch: Geschichte(n) im Überblick
Linkempfehlung:
“Stalin war sprachlos und lag in seinem Urin”, Die Welt, 5.3.2013
https://www.welt.de/geschichte/article114130429/Stalin-war-sprachlos-und-lag-in-seinem-Urin.html
Bildnachweise:
Sowjetunion, August 1939, Im Moskauer Kreml wird am 23.8.1939 ein Nichtangriffsvertrag zwischen dem deutschen Reich und der UdSSR unterzeichnet. Nach der Unterzeichnung im Gespräch J.W. Stalin und der deutsche Reichsaußenminister Joachim von Ribbentrop (r.), Bundesarchiv, Bild 183-H27337/
“Rotarmisten greifen an”. Der große vaterländische Krieg, Foto von 1941, Source RIA Novosti archive, image #613474 / Alpert / CC-BY-SA 3.0, Author Alpert / Макс Альперт Commons:RIA Novosti
Sowjetunion.- Infanterie-Soldaten ziehen Auto aus dem Schlamm, Depicted place Russia, Date November 1941, Photographer Unknown, Bundesarchiv, Bild 146‑1981-149–34A / CC-BY-SA 3.0
Vormarsch unserer Truppen durch die Winterlandschaft vor Moskau. Die Wege sind gefroren und trotz der Kälte geht es leicht vorwärts. (Kriegsberichter Cusian, 21.11.41), Bundesarchiv, Bild 183-L20813 / Cusian, Albert / CC-BY-SA 3.0
Stalin mit seiner Tochter Svetlana 1935, gemeinfrei
Ein sehr guter, knapper und präziser, geschichtlicher Abriss, der die
Grausamkeit der damaligen Zeit beschreibt. Manches erinnert heute
an das, was gerade wieder in der Ukraine geschieht. Man könnte fast
Angst bekommen!
So ist es, lieber Gerd!