Magda Goebbels (2): Der Bock von Babelsberg
Nach der Hochzeit und der Geburt der Kinder wird aus Goebbels’ eifersüchtig bewachter Magda seine ‘gute Alte’. Er hat unzählige Affären und als er sich neu verliebt, bittet er Magda um eine “Ehe zu dritt”.
Wer war Magda Goebbels — der zweite Teil ihrer Lebensgeschichte.
Magda Goebbels Teil 2
Joseph und Magda Goebbels
Goebbels und Magda fügen sich Hitlers Wunsch und heiraten pflichtgemäß am 19. Dezember 1931. Die Hochzeit findet auf Gut Severin in Mecklenburg statt, dem Landgut von Magdas Ex-Ehemann Quandt.
Der hatte seiner Ex-Gattin zwar zugestanden, sein Landgut zusammen mit ihrem gemeinsamen Sohn Harald zu Erholungszwecken zu nutzen, aber bitte ohne ihre neuen Nazi-Freunde anzuschleppen.
Aber Quandts Gutsverwalter — sein ehemaliger Schwager — und Magda sehen das anders. Also sei’s drum.
Hochzeit J. Goebbels: auf dem Wege zur Kirche.
Trauung von Joseph und Magda Goebbels auf Gut Severin bei Parchim (Mecklenburg), auf dem Weg zur Kirche. Im Hintergrund der Trauzeuge Hitler
Von Bundesarchiv Bild 183-R32860, / Autor unbekannt / CC-BY-SA 3.0
Der Gutsverwalter ist schon lange ein „Mann der Bewegung“ und arrangiert die Feierlichkeiten; Hitler ist Trauzeuge und Magdas zehnjähriger Sohn Harald folgt dem glücklichen Paar in NS-Pimpf-Uniform durch das Spalier aus den „Deutschen Gruß“ entbietenden SA-Männern, die man vorsorglich aus Berlin mitgebracht hat.
Magda entspricht auch nach der Hochzeit mit ihren privaten Lebensgewohnheiten nicht der „neuen deutschen Frau“. Sie raucht, trinkt Alkohol, schminkt sich und liebt elegante und teure Kleider – alles Gewohnheiten, mit denen sie nicht ins neue Frauenbild der NS-Ideologie passt.
Aber immerhin wird sie schnell schwanger.
Das passt zu ihrer Rolle, die Hitler für sie vorgesehen hat: Sie soll das weibliche Aushängeschild, die „erste Frau im Reich“ werden.
Das ist Hitlers Plan, seitdem er sie als Goebbels‘ neue Freundin kennengelernt hat und von ihr hingerissen ist.
Ob Magda tatsächlich lieber – wie so viele vor und nach ihr – „Frau Hitler“ statt Frau Goebbels geworden wäre, lässt sich im Nachhinein nicht mehr feststellen.
Auffällig ist, wie schnell sie genau wie ihr Mann von Hitlers Zuwendung oder Zurückweisung abhängig wird.
Pünktlich 9 Monate nach der Hochzeit, am 1. September 1932, bringt sie ihr erstes Kind von Goebbels zur Welt, eine kleine Tochter, die auf den Namen Helga Susanne getauft wird.
Ihr Gatte ist in Feierlaune, zumal sein geliebter und hochverehrter „Führer“ seit ihrer Hochzeit zusammen mit seiner Entourage fast jeden freien Abend in Magdas eleganter 7‑Zimmer-Wohnung am Reichskanzlerplatz 2 verbringt.
Dort bleibt er oft bis tief in die Nacht (oder in die frühen Morgenstunden), entspannt sich und lässt sich von Magda umsorgen, die ihm eigenhändig seine vegetarischen Lieblingsspeisen zubereitet.
„Magda weint noch immer”
Nur wenige Wochen nach der Geburt von Helga ist Magda wieder schwanger, erleidet aber eine Fehlgeburt, an deren Komplikationen sie fast stirbt.
Am Silvesterabend 1932 liegt sie in Berlin im Krankenhaus und ringt mit dem Tod. Ihr Gatte verbringt den Abend allerdings nicht an ihrem Krankenbett, sondern weilt bei Hitler auf dem Obersalzberg. Um Mitternacht drückt er seinem „Führer“ fest die Hand: „Ich wünsche Ihnen die Macht!“
- Denn 1932 ist das Jahr, in dem die NSDAP fast untergeht.
Nach der Wahlschlappe im November 1932, der Zerreißprobe mit Gregor Strasser und einem erdrückend hohen Schuldenberg rechnen viele mit dem baldigen Ende der “Hitler-Partei”.
Aber es kommt anders.
Magda stirbt nicht, sondern erholt sich wieder, und auch die Partei geht nicht unter. Stattdessen kommt Hitler durch eine politische Intrige plötzlich und fast schon unerwartet an die Macht.
Am 30. Januar 1933 wird Hitler von Reichspräsident Hindenburg zum Reichskanzler ernannt und die von den Nazis so lang ersehnte „Machtergreifung“ beginnt.
„… Am Nachmittag sitzen Hitler und Goebbels gemeinsam beim Tee. Plötzlich stürmt Göring herein. Alles sei perfekt, ruft er. Schon morgen werde der ‘Führer’ mit der Kanzlerschaft betraut. Lange Zeit sagt keiner etwas. Dann stehen Hitler und Goebbels auf und geben sich die Hand. Selbst im kleinen Kreis haben sie eine Vorliebe für Pathos.“
Aus: Rüdiger Barth, Hauke Friedrichs, Die Totengräber: Der letzte Winter der Weimarer Republik*
- Nach der “Machtergreifung” muss Goebbels tief enttäuscht hinnehmen, dass sein „Führer“ ihn bei der Postenvergabe übergeht. Er ist den erzkonservativen Koalitionären des neuen Kabinett Hitler zu schmuddelig und deshalb nicht vermittelbar.
Seine Vasallentreue der letzten Jahre wird nicht belohnt, stattdessen beruft Hitler Goebbels‘ Erzrivalen Herrmann Göring, machtbewusster Weltkriegsheld und stadtbekannter Morphinist, als „Minister ohne Aufgabenbereich“ und kommisarischen preußischen Innenminister ins Kabinett.
Goebbels ist außer sich, ebenso Magda, die am 2. Februar 1933 endlich aus der Klinik entlassen wird. „Magda ist sehr unglücklich. Weil ich nicht vorankomme. Man übergeht mich … Magda weint noch immer“, schreibt er empört in sein Tagebuch.
Reichspropagandaminister Goebbels
Seine Belohnung in Form eines eigens für ihn geschaffenen Ministeriums für Propaganda und Volksaufklärung bekommt Goebbels erst nach der nächsten Feuerprobe, der Reichstagswahl vom 5. März 1933, auf deren Vorbereitung er sich nach einer kurzen Schockstarre stürzt.
Die absolute Mehrheit, also mindestens 50 Prozent der Wählerstimmen, ist die Vorgabe für diese letzte, halbfreie Wahl, bevor das Regime endgültig zur Diktatur wurde.
Goebbels stürzt sich in den Wahlkampf und zieht alle Register — auch mit dem Geld, das man am 20. Februar 1933 bei einem Spendenmarathon von deutschen Industriellen eingesammelt hat (unter ihnen auch Magdas Ex Günther Quandt). Doch das Ergebnis ist enttäuschend.
Trotz aller Propaganda-Anstrengungen, massiven Repressalien, Reichstagsbrand und KPD-Verbot verfehlt die NSDAP ihr Ziel; nur 43 Prozent der Wählerinnen und Wählern entscheiden sich für Hitler und seine Partei.
Es ist eine herbe Enttäuschung, die aber niemand offiziell zugibt.
Goebbels bejubelt tapfer das Wahlergebnis und macht sich dann eifrig daran, sein neues Amt als Minister für Volksaufklärung und Propaganda, das Hitler am 13. März 1933 extra für ihn einrichten lässt, zu nutzen.
Ab sofort klärt er das Volk darüber auf, was es zu denken und zu glauben hat. Ein Amt, das sich auch hervorragend zur Selbstdarstellung eignet: Alle Welt soll spätestens jetzt von seiner Wichtigkeit erfahren!
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Als “Märzgefallene”
werden diejenigen bezeichnet, die nach der Märzwahl 1933 in die NSDAP eintreten — als absehbar ist, dass Hitler an der Macht bleiben wird.
In dieser Zeit spielt Gereon Raths fünfter Kriminalfall: Man ist mittendrin in der dunklen Zeit der ‘Machtergreifung’. Reichstagsbrand, Kommunistenhetze, die letzte Reichstagswahl im März 1933. Hitler-Gegner, seine Befürworter und die große schweigende Mehrheit, von denen viele hoffen, dass dieser Spuk bald zuende ist
Das tut er außerordentlich geschickt mit einer satanischen Mischung aus hoher Intelligenz, Skrupellosigkeit und absoluter Hitlertreue.
- Der Reichsminister für Wirtschaft und Erfinder des nationalsozialistischen “Wirtschaftsaufschwungs” (der keiner war …), Hjalmar Schacht, sagt später in einer Befragung durch die Siegermächte (7. Juli 1945) über ihn: “Goebbels war der einzig wirkliche Kopf im ganzen Hitlerministerium. Mit einer überragenden Intelligenz ausgestattet, erkannte er alle Möglichkeiten einer Situation sofort und wußte sie für seine politischen Zwecke auszunutzen.”
Es ist ein anstrengendes Leben, weil man immer auf der Hut sein muss.
Goebbels bleibt — wie alle anderen Paladine Hitlers — von der Gunst des “Führers” abhängig, kann sich seiner Position nie sicher sein und muss sich seine Macht mit anderen teilen.
- Goebbels, der sich gerne als einer der engsten Vertrauten des „Führers“ darstellt, ist an den wegweisenden Entscheidungen des „Dritten Reiches“ nie beteiligt und oft seltsam uneingeweiht. Vieles, was Hitler beschließt und durchsetzt, erfährt er beiläufig oder sogar erst hinterher.
Hitlers Hofstaat hat immer die Beispiele vor Augen, die beim „Führer“ in Ungnade gefallen sind und in Blitzkrieg-Geschwindigkeit vor dem Scherbenhaufen ihrer Karriere standen — oder ihr Leben verloren haben: Hitlers alter Weggefährte Ernst Röhm, beispielsweise, und viele andere.
Familie Goebbels
Allerdings läuft zu Hause nicht alles rund. „Krach mit Magda“ ist ein häufig wiederkehrender Eintrag in seinem Tagebuch: Magda ist für seinen Geschmack zu widerborstig, pocht auf ihre eigene Meinung, will kein Heimchen am Herd sein, sondern ihre Pflichten als „erste Frau im Reich“ wahrnehmen, während er gerne eine anschmiegsamere Gattin hätte.
Und einen Sohn.
„ … Magda entspricht in einigen Punkten nicht dem NS-Ideal und behält sich eine gewisse Individualität vor. Sie raucht, sie trinkt, … sie schminkt sich und läßt sich ihre nachgedunkelten Haare färben. Sie lächelt über nationalsozialistische Einrichtungen, verachtet zahlreiche Unterführer der Partei und lehnt auch die Gleichmacherei und den Verlust der Individualität ab. ‚Wenn unsere Generation vergangen ist, wird es in Deutschland keine Kultur, keine Heiterkeit und keine wirkliche Lebensfreude mehr geben. Statt dessen nur noch Disziplin, blinden Gehorsam, Vorschriften, Befehle, BDM und KdF‘, sagt sie zu ihrer Freundin Ello Quandt.
Im Gespräch mit Ello äußert Magda manchmal persönliche und kritische Ansichten über den Nationalsozialismus, doch gegenüber Goebbels oder ihrer übrigen Umgebung wagt sie es nicht, so zu sprechen …“
Aus Anja Klabunde: Magda Goebbels – Annäherung an ein Leben*
Nach der Geburt ihrer zweiten Tochter Hilde im April 1934 ist Goebbels so enttäuscht, dass er sich nicht bei Frau und Baby im Krankenhaus blicken lässt.
Erst als Hitler mit Blumen und – wie üblich – in Begleitung seiner Entourage zum Gratulieren an Magdas Wochenbett eilt, muss Goebbels sich wohl oder übel der Prozession anschließen.
- Er verlässt am Ende des Besuchs als Letzter den Raum, dreht sich beim Hinausgehen noch einmal um und zischt Magda ein beleidigtes „das nächste Mal wird es aber ein Sohn!“ zu.
Auch dieser Wunsch geht in Erfüllung. Im Oktober 1935 bringt Magda endlich den ersehnten Stammhalter Helmut zur Welt, den Goebbels allerdings später als zu verträumt, weibisch und weinerlich empfindet.
Magda und Joseph Goebbels mit ihren Kindern Hildegard, Helmut, Helga (v. l. n. r.), 1937
Bundesarchiv, Bild 183‑1987-0724–503
Nach allem was man weiß, ist Goebbels ein liebevoller Vater.
Wenn er nach dem brutalen Gleichschalten von Presse, Rundfunk, Kunst und Kultur, Hetzreden halten, Bücherverbrennungen und Reichsparteitage organisieren oder Pogrome anzetteln nach Hause kommt, nimmt er sich Zeit für seine Kinder und spielt mit ihnen oder liest ihnen vor.
Ab 1936 lebt Familie Goebbels hauptsächlich in ihrer neuen Villa auf der exklusiven Insel Schwanenwerder im Wannsee, die zum Teil mit Magdas Abfindung aus der Ehe mit Quandt finanziert wird.
In Schwanenwerder und auch später in Lanke, das die Stadt Berlin dem Propagandaminister und seiner Gattin mit ein bisschen Nachdruck schenkt, schaffen die Goebbels‘ für ihre Kinder ein Paradies mit Ponys, Hühnern und Katzen.
Die Großen werden mit dem Ponywagen zur Schule gefahren, denn bemerkenswerterweise besuchen sie ganz normale öffentliche Schulen.
Noch bemerkenswerter ist, dass keines der Kinder einer NS-Organisation angehört, obwohl dem „Jungvolk“ zu dieser Zeit fast kein Kind in Deutschland mehr entkommen kann, sobald es dem Krabbelalter entwachsen ist.
Joseph Goebbels kann nicht anders: Der Bock von Babelsberg
Zu Beginn ihrer Beziehung hatte sich der verliebte Goebbels eigentlich vorgenommen, „die Frauengeschichten“ zu lassen und sich „einer einzigen ganz zuneigen“.
Vorsichtshalber hat er aber trotzdem noch vor der Hochzeit eine Art Abkommen mit Magda geschlossen: Sie werde immer „seine Königin“ sein, aber es könne durchaus mal passieren, dass er den Reizen einer anderen erliegt.
„ … Auch auf diesen Handel läßt Magda sich ein, läßt sich im Augenblick noch nicht beunruhigen und verzichtet auf eine Auseinandersetzung. Zu Ello äußerst sie sich verständnisvoll, fast bewundernd: ‚Ein so genialer Mensch, der dreimal so intensiv lebt, kann eben nicht mit dem gewohnten Maßstab bürgerlicher Moral gemessen werden.‘ …“
Aus Anja Klabunde: Magda Goebbels – Annäherung an ein Leben*
Spätestens ab 1934 wird dieser Handel fällig.
Magda weiß davon. Sie schweigt, nimmt es hin und greift zur Kognak-Flasche – gegen Erkältung, wie sie ihrer Mutter Auguste versichert.
Zunächst ist Goebbels diskret und trifft sich mit neuen Freundinnen und alten Flammen in seiner Dienstwohnung in Berlin.
Aber mit der Zeit wird ihm das wohl zu umständlich und er nimmt sie mit nach Schwanenwerder, wo er und Magda getrennte Schlafzimmer haben.
Später zieht er in die Nachbarvilla, die er dem jüdischen Vorbesitzer zum ‚arisierten‘ Preis abgekauft hat. Dort ist es jetzt „seine Burg“, in die er sich zurückzieht, wenn er genug von Frau und Kindern hat.
Da er im Ministerium nicht nur einen ganzen Stab hübscher Sekretärinnen zur Verfügung hat, sondern auch Alleinherrscher über das Filmunternehmen UFA mit Studios im Potsdamer Stadtteil Babelsberg ist, sucht er sich seine Bekanntschaften immer häufiger im Kreis von Stars und Starlets.
Künstlerkreise eben, die mag Hitler auch.
Und Goebbels ist als Propagandaminister oberster Zensor, der vom Drehbuch über die Besetzung bis zum fertigen Film alles bestimmen darf. Eine Steilvorlage für den umtriebigen Reichs-Schürzenjäger.
1938, auf dem Höhepunkt der Baarová-Affäre, spielt Goebbels‘ Staatssekretär Karl Hanke der von ihm angebeteten Gattin seines Chefs eine ‚Geliebten‘-Liste zu, auf der über 50 Namen von Freundinnen des Ministers stehen.
- Magda trifft sich mit einigen von ihnen und erfährt zu ihrem Entsetzen, dass sich nicht alle freiwillig mit dem „Bock von Babelsberg“ eingelassen haben. Joseph Goebbels war ein schauriger Harvey Weinstein des Dritten Reiches; die Frauen, die ihm nicht zu Willen waren, konnten ihre Laufbahn beim deutschen Film als beendet betrachten.
Als Magda das erfährt, ist sie am Boden zerstört.
Später sagt sie einer Vertrauten, dass Goebbels ihr „beim Leben unserer Kinder“ geschworen habe, dass dem nicht so wäre.
Die Baarová Affäre
Magda hat gerade ihren 35. Geburtstag gefeiert und im Februar 1937 ihr viertes Kind von Goebbels entbunden, die kleine Holdine, kurz Holde genannt.
Die Geburt war kompliziert und es geht Magda danach gesundheitlich nicht gut, weshalb sie sich für mehrere Wochen in ein Sanatorium nach Dresden zurückzieht.
Freie Fahrt für Goebbels, der – mal wieder – auf Freiersfüßen unterwegs ist, sich dieses Mal aber ernsthaft verliebt: In Lida Baarová (eigentlich Ludmila Babková), eine Schauspielerin, die zusammen mit ihrem Filmpartner und Verlobten Gustav Fröhlich ebenfalls in einer Villa in Schwanenwerder lebt.
Man kennt sich nicht nur vom Filmset, sondern auch als Nachbarn.
- Nach einer – unbewiesenen – Anekdote will Gustav Fröhlich im Herbst 1937 den Gerüchten nachgehen, dass seine Lida etwas mit dem Propagandaminister hat, lauert den beiden nachts vor der Goebbels’schen Villa auf und zieht seine Verlobte unter Verabreichung mehrerer Ohrfeigen aus Goebbels‘ Wagen, als dieser vorfährt und sich beide mit einer innigen Umarmung voneinander verabschieden.
Der Berliner Volksmund macht daraus, dass Fröhlich Goebbels geschlagen hätte, woraufhin bald das Bonmot „Ich möchte auch mal Fröhlich sein“ kursiert.
Im Herbst 1937 ist Magda wieder schwanger, obwohl ihr die Ärzte von weiteren Schwangerschaften abgeraten haben. Vermutlich kommen ihr in dieser Zeit auch die Gerüchte über ihren Mann und seiner neue Flamme zu Ohren, aber sie beschließt wie üblich, auch diese Affäre zu ignorieren.
Drei Monate nach der Geburt ihrer kleinen Tochter Hedda im Mai 1938 lässt Goebbels dann endgültig ihre letzte Hoffnung von Liebe, Königin und Familienidyll platzen, wie ihre Freundin Ello nach dem Krieg Magdas Biographen Otto Meissner berichtet:
„ … Goebbels hatte sich aus Berlin in Schwanenwerder angemeldet und gesagt, daß er Lida Baarova mitbringen werde, was nicht so ungewöhnlich war, da sie schon einige Male zu Besuch im Hause war. Magda war ahnungslos und einverstanden, Goebbels zeigte sich von seiner charmanten Seite, brachte für Magda Blumen mit, und auch die Baarova wirkte sehr sympathisch.
Als man gemütlich beim Tee zusammensaß, wandte sich Goebbels plötzlich an Magda: ‚Ich muß etwas sehr Ernstes mit dir besprechen … Frau Baarova und ich, wir lieben uns.‘
Lida bestätigte sofort mit großer Bestimmtheit: ‚Jawohl, wir lieben uns!‘
Für Magda kam diese Eröffnung trotz aller vorangegangenen Krisen völlig unerwartet. Goebbels fuhr fort: ‚Du bist natürlich die Mutter meiner Kinder und die Frau, die zu mir gehört. Aber nach so vielen Jahren, wirst du einsehen, daß ich eine Freundin … ich meine eine feste und ernsthafte Freundin haben muss.‘
Magda war so schockiert, daß sie unfähig war, etwas darauf zu erwidern. Er hielt ihr Schweigen für Zustimmung. Magda erhob sich, um allein zu sein. Goebbels stand ebenfalls auf und nahm sie in die Arme: ‚Ich wußte ja, daß ich mich auf dich verlassen kann, liebste Magda‘, rief er. ‚Du bist und bleibst meine gute Alte.‘ …“
Aus Anja Klabunde: Magda Goebbels – Annäherung an ein Leben*
Durchhalten um jeden Preis!
Goebbels‘ „gute Alte“ ist zu diesem Zeitpunkt 36 Jahre alt – und zunächst sogar bereit, eine „Ehe zu Dritt“ zu führen.
Durchhalten um jeden Preis, in der Hoffnung, dass „das mit der Baarova“ irgendwann einmal vorbei sein wird. „Im Alter gehört er dann ganz mir“, sagt sie zu ihrer Freundin Ello.
Dann erfährt sie, dass Goebbels der Baarová die Ehe versprochen haben soll. Das Maß, das sie zu ertragen bereit ist, ist voll
Goebbels’ Adjutant Karl Hanke, der Magda verehrt (und vermutlich in sie verliebt ist), hintergeht seinen Chef und spielt ihr eine Liste mit den Namen der Goebbels-Geliebten und kopierten Liebesbriefen zu, mit denen Magda versucht, ihren Mann zurück in die eheliche Treue zu erpressen.
Als Goebbels darauf nicht reagiert, setzt sie ihm die Pistole auf die Brust und droht mit Scheidung.
Daraufhin lenkt Goebbels ein und verspricht ihr, seine Liaison mit der Baarová zu beenden. Als er das trotz seines Versprechens nicht tut (was der getreue Hanke ihr schnell zuträgt), hört sie sich seine Ausflüchte und Begründungen nicht länger an, sondern flüchtet sich zum „Führer“.
Hitler sind die persönlichen Verhältnisse seines Hofstaates im Prinzip egal — es sei denn, sie durchkreuzen seine Pläne. Und das würde die Trennung seines NS-Vorzeigepaares tun.
- Wer wie die Goebbels-Kinder vor den laufenden Kameras der ‘Wochenschau’ fürs Kino dem netten „Onkel Hitler“ zum Geburtstag gratulieren und ausländischen Staatsgästen Blumensträuße überreichen darf, kann kein Scheidungskind sein.
Der “Führer” zitiert Goebbels auf den Berghof und lässt seinem Propagandaminister eines seiner berüchtigten “Machtworte” zukommen.
Um genau zu sein: Er brüllt es, wie sich der Verwalter des ‚Berghofs‘ später erinnert: “… und da hat ihn Hitler in seinem Arbeitszimmer aber lautstark abkassiert.”
Als das geklärt ist, wird Magda gerufen und man fährt gemeinsam auf den Kehlstein, wo das Versöhnungsfoto entsteht, das am nächsten Tag im ‚Völkische Beobachter‘ veröffentlicht wird.
Danach wird das Ehepaar Goebbels wieder in seinen Ehealltag entlassen.
Wer war Magda Goebbels?
Nach Hitlers Machtwort erhält Lida Baarová in Deutschland Spielverbot und kehrt nach Prag zurück.
Goebbels, der durch seine Affäre beim “Führer” in Ungnade gefallen ist, versucht mit allen Mitteln, Hitler wieder gnädig zu stimmen. Er inszeniert vermutlich auch deshalb am 9. November 1938 die Reichskristallnacht. Magda bekommt im Oktober 1940 ihr sechstes Kind von ihm, die kleine Heidi, ein Versöhnungskind.
Wer war Magda Goebbels?
- Vor ihrer Begegnung mit Goebbels eine attraktive und wohlhabende, wenn auch zu Tode gelangweilte Frau. Am Ende ihres Lebens ist sie nach 7 Geburten und mindestens drei Fehlgeburten ein körperliches und emotionales Wrack.
Sie zieht sie sich wegen immer wiederkehrender Herzattacken und Depressionen monatelang in exklusive Sanatorien zurück, wirkt matronenhaft und müde.
Hitlers “erste Frau im Reich”, die ihre eiserne Selbstdisziplin und Beherrschtheit lange Zeit mit Charme und Weltgewandheit überspielen konnte, zeigt jetzt nur noch Verbissenheit.
Porträt der Familie Goebbels 1942: Mitte Magda Goebbels, Joseph Goebbels mit ihren sechs Kindern Helga, Hildegard, Helmut, Hedwig, Holdine und Heidrun. Dahinter wurde Harald Quandt, Magdas Sohn aus erster Ehe mit Günther Quandt, in der Uniform eines Feldwebels der Luftwaffe ins Bild retuschiert.
Bundesarchiv, Bild 146‑1978-086–03 / CC-BY-SA 3.0
Ist sie eine eiskalte Fanatikerin, die ihre Kinder dem „Führer“ geopfert hat — oder selbst eine Verführte?
Eine Frau, die ihr persönliches Unglück über das aller anderen gestellt hat und deshalb schwieg?
Magda Goebbels schweigt, als ihr Ex-Ehemann Günther Quandt, immerhin der Vater ihres ältesten Sohns Harald und (unfreiwilliger) Stifter ihres Vermögens, im Mai 1933 verhaftet wird und anschließend mehrere Monate ohne Rechtsgrundlage im Gefängnis sitzt.
Sie schweigt auch, als ihr jüdischer Stiefvater Richard Friedländer, an dem sie als Kind zärtlich hing, im Juni 1938 ins KZ Buchenwald deportiert wird.
Wie starben die Goebbels-Kinder?
Wie ihre sechs Kinder am 1. Mai 1945 im Führerbunker zu Tode kamen , ist bis heute ein Rätsel.
Ob Magda selbst, wie im Film „Der Untergang“* von Corinna Harfouch meisterhaft gespielt, ihre fünf Töchter und ihren Sohn im Führerbunker mit grauenhafter Kälte und Beherrschtheit vergiftet und danach in aller Seelenruhe einer Partie Patience gespielt hat, oder ob einer der Ärzte im Bunker den Auftrag ausgeführt hat, kann nicht mehr geklärt werden.
Foto aus der sowjetischen Wochenschau 1945: Die sechs getöteten Goebbels-Kinder
- Albert Speer, einer der letzten, der Magda Goebbels lebend gesehen hat, will sie bleich und stumm wie ein Häufchen Elend in ihrem Bett liegend angetroffen haben, neben ihr Goebbels, der ihr nicht von der Seite weicht.
Laut Speers Erinnerungen will auch er sie – wie viele andere im Bunker – angefleht haben, die Kinder zu retten. Speers Darstellung impliziert, dass Goebbels die treibende Kraft hinter der Ermordung seiner Kinder gewesen sein könnte.
Allerdings ist Speer nachweisbar ein Fabulierer, der historische Tatsachen gerne schönfärbt. Bei Historikern gilt er nicht als glaubhafte Quelle, weil er nachweislich immer wieder die Vergangenheit in seinen Erzählungen geschönt und glattgezogen hat.
In ihrem Abschiedsbrief an ihren ältesten Sohn Harald, schreibt Magda: „Die Welt, die nach dem Führer und dem Nationalsozialismus kommt ist nicht mehr wert darin zu leben und deshalb habe ich auch die Kinder hierher mitgenommen. Sie sind zu schade für das nach uns kommende Leben und ein Gnädiger Gott wird mich verstehen, wenn ich selbst ihnen die Erlösung geben werde.“
Copyright: Agentur für Bildbiographien, www.bildbiographien.de, 2020 (überarbeitet 2024)
Lesen Sie im nächsten Beitrag: Deutschland 1934: Die wirtschaftliche Lage und die Stimmung im „Reich“ sind miserabel, viele der sechs Millionen Arbeitslosen haben immer noch keinen Job und die Unzufriedenheit in der Bevölkerung wächst. Franz von Papen zündelt mit seiner Marburger Rede und Hitlers alter Kampfgefährte Ernst Röhm fordert eine zweite Revolution. Kollabiert das „Dritte Reich“?
Deutschland 1934: Die Nacht der langen Messer
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Weiterführende Beiträge:
Weil Goebbels nicht nur ein fanatischer Tagebuchschreiber war, sondern auch sein Liebesleben akribisch notiert (und durchnummeriert) hat, weiß man heute sehr genau über die Romanze zwischen dem Gauleiter von Berlin und der schönen Magda Quandt Bescheid.
Wie alles begann — der 1. Teil der Lebensgeschichte von Magda Goebbels:
Magda Goebbels (1): “Eine schöne, schöne Frau”
Narzissmus: Eine Liebesbeziehung mit einem Narzissten bedeutet immer, dass nur einer von beiden geliebt wird. Der andere liebt und hofft immer verzweifelter auf Gegenliebe. Wie Narzissmus entsteht — und wie man ihm entkommen kann.
Das Zeitalter der Narzissten
Populismus: In den 1920er und 1930er Jahren gab es innerhalb der NSDAP nach dem Vorbild der KPD sogenannte „Rednerschulen”, in denen Parteiangehörigen das Reden vor Publikum beigebracht wurde. Heute würde man sagen: populistische Rhetorik. Die Zeiten haben sich geändert, aber die Psychologie, durch die Populismus wirkt, ist gleichgeblieben:
Populismus: Was Populisten meinen, wenn sie sagen …
Goebbels’ Sternstunde: Am 18. Februar 1943 hält Goebbels in Berlin seine berühmte ‘Sportpalastrede’. Er giftet gegen den sogenannten ‘Amüsierpöbel’ (gemeint ist natürlich sein ewiger Widersacher Göring) und fordert die totale Mobilmachung. Über das Jahr, in dem über Deutschland der “totale Krieg” hereinbrach:
Hitlers Krieg (5): Der totale Krieg 1943
Die “Kristallnacht” im November 1938 war eine lang geplante und akribisch vorbereitete Gewaltaktion gegen Juden. Weil es wirtschaftlich so schlecht um’s “Reich” steht und man jüdisches Vermögen zur Finanzierung des längst beschlossenen Weltkriegs braucht.
9. November 1938: “Kristallnacht”
Weiterführende Links:
Wie es nach Magdas Tod weiterging: Harald Quandt und seine Töchter
https://www.cicero.de/wirtschaft/die-erben-der-magda-goebbels/36616
59 sehenswerte Filmminuten mit vielen Wochenschau-Ausschnitten über Magda Goebbels — die Gefolgsfrau (ORF, aus der Reihe ‘Hitlers Frauen’)
https://www.dailymotion.com/video/x7sqk2m
Bildnachweise:
Bundesarchiv Bild 183-R32860, Berlin, Trauung von Joseph und Magda Goebbels / Autor unbekannt / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de. Trauung von Joseph und Magda Goebbels auf Gut Severin bei Parchim (Mecklenburg), auf dem Weg zur Kirche. Im Hintergrund der Trauzeuge Hitler.
Magda und Joseph Goebbels mit ihren Kindern Hildegard, Helmut, Helga (v. l. n. r.), 1937
Von Bundesarchiv, Bild 183‑1987-0724–503 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de
Logo der Universum-Film-AG (Ufa) von 1917 bis 1991 mit Hauptsitz und Studios im Potsdamer Stadteil Babelsberg. Gemeinfrei
Lída Baarová (1940), gemeinfrei
Bundesarchiv, Bild 183‑1987-0724–502 / Heinrich Hoffmann / CC-BY-SA 3.0
Obersalzberg, Besuch Familie Goebbels bei Adolf Hitler, Der Führer wieder auf dem Obersalzberg. Bei einem Besuch auf dem Kehlstein mit seinen Gästen, Reichsminister Dr. Goebbels und Frau mit ihren Kindern Helga, Hilde und Helmut.
1938, Autor: Heinrich Hoffmann
Porträt der Familie Goebbels 1942: Mitte Magda Goebbels, Joseph Goebbels mit ihren sechs Kindern Helga, Hildegard, Helmut, Hedwig, Holdine und Heidrun. Dahinter Harald Quandt in der Uniform eines Feldwebels der Luftwaffe (retuschierte Postkarte, erstellt: 1. Januar 1944), Von Bundesarchiv, Bild 146‑1978-086–03 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de
Foto aus der sowjetischen Wochenschau 1945: Die sechs getöteten Goebbels-Kinder, gemeinfrei
Generationengespräch
Geschichte und Psychologie
Vergangenes verstehen, um mit der Zukunft besser klar zu kommen.
Dr. Susanne Gebert
Generationengespräch
Agentur für Bildbiographien
Geschenke made for Mama
Wir schreiben Geschichte(n):
Ich bringe Ihre Lebens‑, Familien- und Unternehmensgeschichten ins Buch und unterstütze Sie als Ghostwriterin beim Schreiben Ihrer Texte.
Wir schreiben Geschichte(n)
Agentur für Bildbiographien: