Sisis ‘Franzl’ und der große Knall: Krieg oder Frieden?

1914 Ers­ter Weltkrieg

Sisis ‘Franzl’ und der große Knall: Krieg oder Frieden?


1914: Ein alter Kai­ser, ein aus­ein­an­der­bre­chen­der Viel­völ­ker­staat und jugend­li­che Atten­tä­ter, die bereit sind, für ihre Über­zeu­gung zu mor­den. Das ist der Stoff, aus dem Alb­träu­me sind. Oder Welt­ge­schich­te.

Ein Hin­ter­grund­be­richt über Kai­ser Franz Joseph und sei­nen Weg in den Ers­ten Weltkrieg.

Krieg oder Frieden Wie Kaiser Franz Joseph von Österreich 1914 die Welt in Brand setzte Generationengespräch

Ein alter Kaiser und sein zerrissenes Reich

Sei­ne k. u. k. (kaiser­li­che und könig­li­che) apos­to­li­sche Majes­tät Franz Joseph I, Kai­ser von Öster­reich und König von Ungarn, scheint eigent­lich ein net­ter Mensch gewe­sen zu sein — zumin­dest wenn man dem jun­gen Karl­heinz Böhm als „Franzl“ in Ernst Marisch­kas Sis­si-Fil­men* aus den 1950er Jah­ren Glau­ben schen­ken mag.

In der Rea­li­tät des Jah­res 1914 ist Franz Joseph ein alter Mann, der die Zei­chen sei­ner Zeit schon lan­ge nicht mehr versteht.

Karte von Österreich-Ungarn 1914 – Habsburger Reich vor dem Ersten Weltkrieg, Vielvölkerstaat mit Grenzen und Hauptstädten

Kar­te von Öster­reich-Ungarn 1914, dem Viel­völ­ker­staat der Habs­bur­ger. Quel­le: Mari­usz Paźd­zio­ra, 2008

Im Jahr 1914 regier­te der 83jährige schon mehr als ein hal­bes Jahr­hun­dert sein Rie­sen­reich Öster­reich-Ungarn, einen aus­ein­an­der­bre­chen­den Viel­völ­ker­staat, der von sei­nen zahl­rei­chen Fein­den auch ger­ne als Völ­ker­ker­ker bezeich­net wird.

Es ist ein wack­li­ges Kon­strukt; ein „Ei mit zwei Dot­tern” (His­to­ri­ker Chris­to­pher Clark), denn das König­reich Ungarn hat in vie­len Belan­gen ein Mit­spra­che­recht und muss zu allen wich­ti­gen Ent­schei­dun­gen sei­ne Zustim­mung geben.

Wien 1914: Zwischen Walzerseligkeit und „Watsch’nkonzert“

Fast täg­lich lässt sich der alte Kai­ser in sei­ner ver­gol­de­ten Kut­sche von acht Schim­meln in sein Büro in der Wie­ner Hof­burg zie­hen, um dort zu regie­ren und alles beim Alten zu hal­ten.

Wäh­rend Franz Joseph bei sei­nen Staats­ge­schäf­ten viel­leicht gele­gent­lich von der schö­nen blau­en Donau oder sei­ner gelieb­ten Frau Sisi träumt, die 1898 in Genf von einem Atten­tä­ter ersto­chen wur­de, braut sich in Wien und andern­orts eini­ges zusammen.

Kaiserin Elisabeth von Österreich (Sisi) mit ihrem Lieblingshund Shadow – historische Fotografie Ende 19. Jahrhundert

Kai­se­rin Eli­sa­beth von Öster­reich mit ihrem Lieb­lings­hund Shadow 

Anders als ihr alter Kai­ser sind vie­le Unter­ta­nen vom enor­men tech­no­lo­gi­schen Fort­schritt der ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­te beflü­gelt.

Das Bür­ger­tum ist selbst­be­wusst gewor­den, neue Ideen und Lebens­kon­zep­te sind ent­stan­den, zu denen die stau­bi­ge Büro­kra­tie der 640 Jah­re alten Herr­schaft der Habs­bur­ger nicht mehr passt.

Außer ver­gol­de­te Kut­schen, Drosch­ken und Rad­fah­rer fah­ren auf Wiens Alleen seit eini­ger Zeit auch moder­ne und gefähr­li­che Neu­hei­ten wie das Auto­mo­bil  in wach­sen­der Zahl.

Auch vor Archi­tek­tur, Male­rei, Musik und Lite­ra­tur macht die Moder­ne kei­nen Halt.

Das kommt beim Wie­ner Estab­lish­ment nicht immer gut an: Im März 1913 muss bei­spiels­wei­se ein „Watsch’nkonzert“ abge­bro­chen wer­den, denn nach Tumul­ten und Hand­greif­lich­kei­ten konn­te nicht mehr für die Sicher­heit des Orches­ters garan­tiert wer­den.

Die Wie­ner haben sich an die empö­ren­den Wer­ke zeit­ge­nös­si­scher Kom­po­nis­ten schon fast gewöhnt: Vie­le brin­gen zu Kon­zer­ten dicke Schlüs­sel­bun­de mit, mit denen sie laut klap­pern, wenn ihnen nicht gefällt, was sie hören.
Aber die­se Auf­füh­rung im Wie­ner Musik­ver­eins­saal unter der Lei­tung von Arnold Schön­berg war selbst für rou­ti­nier­te Schlüs­sel­klap­pe­rer zu viel des Guten.

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Hitler und Stalin in Wien

Alles wird anders” liegt in der Luft.
Beson­ders in Wien, aber auch in ande­ren Haupt- und Groß­städ­ten Euro­pas, herrscht Aufbruchs‑, Umbruchs- und auch ein biss­chen Welt­un­ter­gangs­stim­mung.

Vie­les ist neu, unbe­kannt, span­nend – und auch ein biss­chen mor­bi­de.

Eine Merk­wür­dig­keit die­ser Zeit ist, dass sich aus­ge­rech­net ein Jahr vor Kriegs­be­ginn, im Jahr 1913, in der Donau­me­tro­po­le die bei­den kom­men­den Tyran­nen des 20. Jahr­hun­derts gleich­zei­tig auf­hal­ten.

Ios­seb Wis­sa­ri­o­no­witsch Dschu­g­aschwi­li, der sich seit einem Jahr „Sta­lin“ nennt, ist im Auf­trag Lenins vor Ort, um einen grund­le­gen­den Auf­satz über Mar­xis­mus und die natio­na­le Fra­ge zu ver­fas­sen. Lenins „Mann für’s Gro­be“ logiert wäh­rend sei­ner Zeit in Wien im hoch­herr­schaft­li­chen Appar­te­ment des Aris­to­kra­ten, Hee­res­of­fi­zier und Mar­xis­ten Alex­an­der Tro­ja­now­ski in der Schön­brun­ner Schloss­stra­ße 30.

Der Wiener Graben um 1890 – historische Fotografie von August Stauda, Stadtansicht mit Straßenleben

Der Wie­ner Gra­ben, foto­gra­fiert um 1890 von August Stau­da. Auf­nah­me aus dem Aus­stel­lungs­ka­ta­log des Wien Muse­ums: ‚Blick­fän­ge einer Rei­se nach Wien‘

Eini­ge Stra­ßen­zü­ge wei­ter haust in einem Män­ner­wohn­heim in der Mel­de­mann­stra­ße der drei­und­zwan­zig­jäh­ri­ge Adolf Hit­ler. Der ver­sucht sich ziem­lich glück­los als Kunst­ma­ler und kann sich gera­de so vom Ver­kauf sei­ner hand­ge­mal­ten Post­kar­ten über Was­ser hal­ten.

Hit­ler und Sta­lin, die zwei Jahr­zehn­te spä­ter als die grau­sams­ten Dik­ta­to­ren aller Zei­ten in die Geschich­te ein­ge­hen wer­den, gehen ger­ne im Park des kai­ser­li­chen Schlos­ses Schön­brunn spa­zie­ren. Ob sie sich dort jemals begeg­net sind, ist nicht bekannt.

Die Welt als Pulverfass

Die Welt in jenen Tagen gleicht einem Pul­ver­fass.
Unbe­ein­druckt von per­ma­nen­ten Kri­sen, Krie­gen, Unru­hen und Auf­stän­den haben allen Groß­mäch­ten Euro­pas den Wunsch nach mehr Macht, mehr Ein­fluss und mehr Land.

Im Zeit­al­ter des Impe­ria­lis­mus schal­te­te man beim Zusam­men­raf­fen neu­er Bür­ger und Län­de­rei­en sogar noch einen Gang höher. Dass mit die­ser Stra­te­gie Ärger zwangs­läu­fig wird, scheint nie­man­den auf­zu­fal­len: Wenn alle “mehr” wol­len, wird es irgend­wann eng.

Bereits im Vor­feld des Jah­res 1914 jagt eine welt­po­li­ti­sche Kri­se die nächs­te, und nicht nur Mili­tärs und Poli­ti­ker haben sich schon längst an den Gedan­ken gewöhnt, dass es irgend­wann zum Knall kom­men wird. Aller­dings rech­nen alle mit einem klei­nen.

Bei den annek­tier­ten Völ­kern braut sich eben­falls etwas zusam­men: Natio­na­lis­mus ist das Zau­ber­wort, das in jener Zeit vie­le Men­schen in Euro­pa bewegt — die Vor­stel­lung, dass jedes Volk einen eige­nen Staat haben soll­te.

Die gro­ßen Mäch­ti­gen — Groß­bri­tan­ni­en, Frank­reich, Russ­land, Öster­reich-Ungarn und das deut­sche Kai­ser­reich — stört das wenig.

Die einen suchen wei­ter­hin ihren impe­ria­len „Platz an der Son­ne“ in Über­see, die ande­ren, wie etwa Öster­reich-Ungarn, expan­die­ren lie­ber vor der eige­nen Haus­tür: auf dem Balkan.

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Oft sind es nicht Ethnien und Weltanschauungen,

um die es in der Welt­po­li­tik geht, son­dern Sicher­heit, Macht­er­halt und Ein­fluss.

Der BBC-Jour­na­list Tim Mar­shall erklärt in sei­nem hoch­ak­tu­el­len Buch sehr anschau­lich und lesens­wert Zusam­men­hän­ge, his­to­ri­sche Ent­wick­lun­gen und mög­li­che künf­ti­ge Szenarien.

1908: Bosnien-Herzegowina wird österreichisch

Und so glie­dert Öster­reich im Jahr 1908 das von den Tür­ken befrei­te Bos­ni­en-Her­ze­go­wi­na, das man bereits seit 30 Jah­ren besetzt hält, auch offi­zi­ell ins Reich der Habs­bur­ger ein.

Das stört Russ­land, dass nach einer ver­hee­ren­den Nie­der­la­ge gegen Japan im Osten gera­de beginnt, sich auch wie­der auf den Bal­kan zu fokus­sie­ren.

Das klei­ne König­reich Ser­bi­en, das einen gro­ßen Traum vom lan­ge unter­ge­gan­ge­nen groß­ser­bi­schen Reich träumt, fühlt sich eben­falls bedrängt. Denn man hegt eige­ne Expan­si­ons­plä­ne, die einen Zugang zum Meer ver­schaf­fen sol­len, von dem man sich den lan­gen erhoff­ten Wirt­schafts­auf­schwung ver­spricht.

Schon damals liegt Krieg in der Luft — aber außer Säbel­ras­seln und den übli­chen Pro­test­no­ten pas­siert erst­mal nichts.

Krieg und Revolution

Ein Krieg zwi­schen Öster­reich und Russ­land”, schrieb Lenin 1913 an Maxim Gor­ki, „wür­de der Revo­lu­ti­on in West­eu­ro­pa sehr nütz­lich sein. Aller­dings kann man sich kaum vor­stel­len, dass Franz Joseph und Niko­laus uns die­sen Gefal­len tun wer­den.“

Aus: Flo­ri­an Illies, 1913. Der Som­mer des Jahr­hun­derts*

Panslawismus: Die Serben und der Balkan

Beim impe­ria­len Wett­lauf wol­len auch die Klei­nen mit­mi­schen.

Ser­bi­en bedient sich dafür der roman­ti­schen Idee des „Pan­sla­wis­mus“ – Sla­wen aller Län­der ver­ei­nigt Euch! – und ver­folgt mit der nicht ganz unei­gen­nüt­zi­gen Unter­stüt­zung des Zaren­rei­ches Russ­land eben­falls aggres­si­ve und expan­si­ve Zie­le in sei­ner Nach­bar­schaft.

Die Idee ist, alle Bal­kan­staa­ten, in denen Ser­ben leben, in einem König­reich zu ver­ei­nen und das unter­ge­gan­ge­ne Groß­ser­bi­en neu zu erschaf­fen. Dass das Gebiet von Bos­ni­en-Her­ze­go­wi­na nie dazu­ge­hört hat und außer­dem vie­le ande­re, nicht-ser­bi­sche Eth­ni­en wie Kroa­ten und Mus­li­me behei­ma­tet, stört dabei nicht.

Karte Bündnisse Julikrise 1914 Erster Weltkrieg 1914 Generationengespräch

Russ­land unter­stützt den „klei­nen sla­wi­schen Bru­der” bei die­ser Idee.

Die Idee von Großserbien

Doch so viel man an Öster­reich-Ungarn auch aus­et­zen kann: Die Dop­pel­mon­ar­chie sorgt in allen Län­dern ihres Herr­schafts­ge­biets für Infra­struk­tur, einen funk­tio­nie­ren­den Beam­ten­ap­pa­rat, wirt­schaft­li­chen Auf­schwung und Schu­len für alle.

Des­halb gibt es in den „ein­ge­ker­ker­ten” Natio­nen des „Völ­ker­ker­kers” auch vie­le Stim­men, die ganz zufrie­den sind und sich für den Ver­bleib im unge­lieb­ten Habs­bur­ger Reich aus­spre­chen.

Wol­len alle auf dem Bal­kan ver­streut leben­dend Ser­ben ein groß­ser­bi­sches Reich?

Nicht unbe­dingt.
Denn das König­reich Ser­bi­en gilt als rück­stän­dig, lebt von Kre­di­ten und hat eine über­wie­gend bäu­er­li­che Gesell­schaft, die sich wei­gert, ihre Kin­der zur Schu­le zu schicken.

Franz Ferdinand, der ungeliebte Thronfolger

Erz­her­zog Franz Fer­di­nand ist alles ande­re als beliebt.
Er mag kei­ne Spei­chel­le­cker, Wider­spruch dul­det er aber auch nicht; selbst von Minis­tern und hohen Beam­ten wird berich­tet, dass sie nie ohne Herz­klop­fen zu ihm gin­gen, denn der Erz­her­zog ist für sei­ne Tob­suchts­an­fäl­le gefürchtet.

Kein Publikumsliebling

… Franz Fer­di­nand war kein Publi­kums­lieb­ling. Er hat­te kein Cha­ris­ma, war reiz­bar und neig­te zu unver­mit­tel­ten Wut­aus­brü­chen. Das rund­li­che, unbe­weg­li­che Gesicht hat­te über­haupt nichts Ein­neh­men­des für jene, die nie­mals erlebt hat­ten, wie sein Gesicht in der Gesell­schaft sei­ner Fami­lie oder enger Freun­de zum Leben erwa­chen konn­te, erhellt von tief­blau­en Augen.“

Aus: Chris­to­pher Clark, Die Schlaf­wand­ler. Wie Euro­pa in den 1. Welt­krieg zog*

Franz Fer­di­nand ist der Nef­fe des alten Kai­sers; er wur­de erst zum Thron­fol­ger, nach­dem sich Franz Josephs und Sis­is gemein­sa­mer Sohn Rudolf zusam­men mit sei­ner jun­gen Gelieb­ten, der 17-jäh­ri­gen Baro­ness Mary Vetse­ra, im Jahr 1889 auf Schloss May­er­ling erschos­sen hat­te.

Die spä­te Beru­fung zum Thron­fol­ger ist ver­mut­lich Franz Fer­di­nands größ­test Glück — denn trotz der stren­gen Habs­bur­ger Eti­ket­te konn­te er die Hoch­zeit mit sei­ner gro­ße Lie­be Sophie durch­set­zen und muss­te nicht eine aus dynas­ti­schen Erwä­gun­gen aus­ge­wähl­te Prin­zes­sin zur Braut neh­men.

Das Paar hat drei gemein­sa­me Kin­der und führt ein für die­se Zeit außer­ge­wöhn­lich glück­li­ches Fami­li­en­le­ben.

Die Hei­rat „mei­ner Soph” sei das „Aller­ge­schei­tes­te”, was er je in sei­nem Leben getan habe, sagt er ein­mal zu sei­ner Stief­mut­ter; sei­ne Kin­der waren sei­ne „gan­ze Won­ne und Stolz”. „Den gan­zen Tag sit­ze ich bei ihnen und bewun­de­re sie, weil ich sie so lieb habe.“

Der 28. Juni ist der Hoch­zeits­tag des erz­her­zög­li­chen Paares.

Warum Franz Ferdinand?

Poli­tisch gilt Franz Fer­di­nand als sehr modern; er will in jedem Fall den Frie­den erhal­ten und den Aus­gleich mit den Völ­kern des Habs­bur­ger Rei­ches und den euro­päi­schen Nach­barn suchen.

Nach dem Tod des alten Kai­sers plant er Struk­tur­re­for­men, durch die Kroa­ti­en, Bos­ni­en und Dal­ma­ti­en zu einem eigen­stän­di­gen drit­ten Reichs­teil der k.u.k. Mon­ar­chie wer­den wür­den. Mit die­sen Ideen stößt er bei vie­len in Kai­ser Franz Josephs Hof­staat auf Kopf­schüt­teln und Unmut.

Aber auch ande­ren gefal­len Franz Fer­di­nands Plä­ne nicht: Wären die­se Refor­men umge­setzt wor­den, hät­te die Geheim­or­ga­ni­sa­ti­on Schwar­ze Hand und ihre ser­bi­schen Hin­ter­män­ner das eige­ne Pro­jekt — die pan­sla­wis­ti­schen Ver­ei­ni­gung aller Ser­ben in einem eige­nen groß­ser­bi­schen Reich — aller Vor­aus­sicht ad acta legen kön­nen.

Das kos­tet dem Thron­fol­ger ver­mut­lich das Leben.

Sarajevo, 28. Juni 1914

Der 28. Juni 1914 ist ein strah­lend schö­ner Som­mer­tag. Hun­der­te Schau­lus­ti­ge säu­men seit dem Mor­gen die Stra­ßen, um die Auto­ko­lon­ne zu sehen, die den Erz­her­zog und sei­ne Gat­tin Sophie vom Bahn­hof zum Rat­haus der bos­ni­schen Haupt­stadt Sara­je­vo bringt.

Es ist die letz­te Sta­ti­on einer län­ge­ren Rei­se, auf der der Erz­her­zog Som­mer­ma­nö­ver besucht hat, dass Ehe­paar aber auch ein paar Tage pri­va­ten Urlaub vom Wie­ner Hof­staat gemacht hat.

Der Ter­min für den Besuch in der bos­ni­schen Haußt­stadt ist außer­or­dent­lich unglück­lich gewählt, denn am 28. Juni fei­ert man in Ser­bi­en tra­di­tio­nell Vidov­dan, den Sankt-Veits-Tag, der Gedenk­tag an die ver­hee­ren­de ser­bi­sche Nie­der­la­ge gegen die mus­li­mi­schen Osma­nen (Tür­ken) in der Schlacht auf dem Amsel­feld im Jahr 1389, die das Ende des groß­ser­bi­schen Rei­ches besie­gel­te.

Für die jun­gen bos­ni­schen Ser­ben, die sich in Sara­je­vo unter die Men­schen­men­ge gemischt haben, eine wei­te­re Pro­vo­ka­ti­on, die sie jetzt ein für alle Mal til­gen wollen.

Der Attentatsversuch

Das Atten­tat der jugend­li­chen Ver­schwö­rer auf das Thron­fol­ger­paar ist lan­ge vor­be­rei­tet, ver­läuft aber völ­lig chao­tisch.

Zwei Zel­len mit ins­ge­samt sie­ben poten­zi­el­len Atten­tä­tern war­ten auf die Auto­ko­lon­nen; sie alle sind aus­ge­rüs­tet mit klei­nen Bom­ben, die sie am Gür­tel tra­gen, Pis­to­len und je einer Phio­le mit Zya­nid, denn sie haben die stren­ge Wei­sung, sich nach dem Atten­tat selbst zu rich­ten und kei­nes­falls in die Fän­ge der Poli­zei zu gelan­gen.

Es sind sind sie­ben schmäch­ti­ge jun­ge Män­ner, bos­ni­sche Ser­ben, die da am Stra­ßen­rand ste­hen und war­ten.

Sie alle sind glü­hen­de Anhän­ger der pan­sla­wis­ti­schen Idee und wur­den von einer ser­bi­schen Geheim­or­ga­ni­sa­ti­on namens „Schwar­ze Hand” rekru­tiert, aus­ge­bil­det und mit Waf­fen ver­sorgt.

Die Kon­tak­te und Hin­ter­män­ner der “Schwar­zen Hand” rei­chen bis in die höchs­ten ser­bi­schen Regie­rungs­krei­se; inwie­weit die ser­bi­sche Regie­rung die kon­kre­ten Plä­ne für die­ses Atten­tat kann­te, weiß bis heu­te nie­mand.

Als sich der Auto­kor­so mit dem Erz­her­zog und der Erz­her­zo­gin nähert und die Men­schen­men­ge zu jubeln beginnt, stürzt das die Ver­schwö­rer in Ver­wir­rung.

Die Kolon­ne fährt am ers­ten Atten­tä­ter vor­bei, ohne dass er erken­nen kann, in wel­chem Auto Franz Fer­di­nand und sei­ne Frau Sophie sit­zen, wes­halb er sei­ne Bom­be ste­cken lässt und den Platz verlässt.

Leibwache am Bahnhof vergessen

… Die offi­zi­el­len Sicher­heits­vor­keh­run­gen glänz­ten durch Abwe­sen­heit. Trotz der War­nung, dass ein Ter­ror­an­schlag wahr­schein­lich sei, fuh­ren der Erz­her­zog und sei­ne Frau im offe­nen Wagen an einer Men­schen­men­ge vor­bei, noch dazu auf einer Rou­te, die alles ande­re als eine Über­ra­schung war.

Von einem Kor­don aus Sol­da­ten, der bei sol­chen Gele­gen­hei­ten für gewöhn­lich am Rand­stein steht, war nichts zu sehen, sodass die Wagen­ko­lon­ne prak­tisch unge­schützt an der dich­ten Men­schen­men­ge vor­bei­fuhr.
Sogar die eige­ne Leib­wa­che fehl­te: Ihr Chef war irr­tüm­lich mit drei bos­ni­schen Offi­zie­ren in ein Auto gestie­gen und hat­te den Rest sei­ner Män­ner am Bahn­hof zurück­ge­las­sen.“

Aus: Chris­to­pher Clark, Die Schlaf­wand­ler. Wie Euro­pa in den 1. Welt­krieg zog*

Ein zwei­ter Atten­tä­ter, der 19-jäh­ri­ge bos­ni­sche Ser­be Nedel­j­ko Čab­ri­no­vić, erkun­digt sich bei einem Poli­zis­ten nach dem rich­ti­gen Fahr­zeug, zün­det, wirft – und rech­net nicht mit der schnel­len Reak­ti­on des Chauf­feurs, der einen dunk­len Gegen­stand auf sich zuflie­gen sieht und Gas gibt.

Franz Fer­di­nand hebt sei­nen Arm, um sei­ne Frau zu schüt­zen, die Bom­be prallt ab, fällt hin­ter das offe­ne Ver­deck und explo­diert erst dort.

Sie reißt ein gro­ßes Loch in die Stra­ße und ver­letzt die vier Insas­sen des dahin­ter fah­ren­den Wagens sowie eini­ge Zuschau­er teil­wei­se schwer.

Im Rathaus von Sarajevo

Nach dem Bom­ben­wurf schluckt Čab­ri­no­vić wei­sungs­ge­mäß das Zya­nid aus sei­ner Phio­le und springt außer­dem über die Brü­cken­brüs­tung der Mil­ja­cka.

Je nach­dem, wie man es nimmt, hat er dop­pel­tes Glück — oder dop­pel­tes Pech.

Das Zya­nid ist von so schlech­ter Qua­li­tät, dass es ihn nicht umbringt, son­dern nur sei­ne Spei­se­röh­re und die Magen­schleim­haut ver­ätzt, und die Mil­ja­cka führt im Som­mer Nied­rig­was­ser, wes­halb er nach sei­nem Sturz aus sie­ben Metern Höhe nicht im Was­ser, son­dern im wei­chen san­di­gen Fluss­bett lan­det, wo er schrei­end vor Schmer­zen von Pas­san­ten und Poli­zis­ten auf­ge­grif­fen wird.

1914 Julikrise Zitat des ermordeten österreichischen Erzeherzogs Franz Ferdinand Generationengespräch

Auf dem Weg zum Rat­haus fährt die Wagen­ko­lon­ne noch an meh­re­ren Atten­tä­tern vor­bei, die aber nichts unter­neh­men.

So wäre eines der ver­hee­rends­ten und fol­gen­reichs­ten Atten­ta­te der Welt­ge­schich­te fast ver­hin­dert worden.

Herr Bür­ger­meis­ter, da kommt man nach Sara­je­vo, um einen Besuch zu machen, und wird mit Bom­ben bewor­fen! Das ist empö­rend!“, unter­bricht Franz Fer­di­nand Sara­je­vos Bür­ger­meis­ter ärger­lich, als der im Rat­haus zur Begrü­ßungs­re­de für das Thron­fol­ger­paar anset­zen will.

Man ist pein­lich berührt, doch schließ­lich gelingt es, den wüten­den Erz­her­zog zu beruhigen.

Das Attentat auf Franz Ferdinand und seine Frau Sophie

Alle den­ken, es wäre vor­bei.
Es wäre vor­bei gewe­sen, wenn man nicht wegen der Atten­tats­ver­su­che den Tages­plan und die Fahrt­rou­te geän­dert hät­te.

Nach dem Besuch im Rat­haus, beschließt man, das rest­li­che Tages­pro­gramm zu strei­chen und den Erz­her­zog und die Erz­her­zo­gin so schnell wie mög­lich aus der Stadt zu brin­gen. Aller­dings besteht Franz Fer­di­nand dar­auf, vor ihrer Abrei­se die Ver­letz­ten im Kran­ken­haus zu besu­chen.

Die Fahrt­rou­te wird ent­spre­chend ange­passt, aber man ver­säumt, das auch den Fah­rern der Wagen­ko­lon­ne mit­zu­tei­len.

Als der Chauf­feur des Wagens mit Franz Fer­di­nand und Sophie auf die ursprüng­li­che Rou­te abbie­gen will, brüllt ihn der Lan­des­chef von Bos­ni­en, Oskar Potio­rek, an, dass er auf der Haupt­stra­ße blei­ben müs­se.

Der Fah­rer kup­pelt aus und rollt lang­sam zurück auf die Haupt­stra­ße.
In die­sem Moment taucht einer der sie­ben Ver­schwö­rer, der 19-jäh­ri­ge Gavri­lo Prin­cip, genau auf der Höhe des Autos auf.

Porträt von Gavrilo Princip, dem Attentäter von Sarajevo 1914, dessen Schüsse auf Erzherzog Franz Ferdinand und Sophie von Hohenberg den Ersten Weltkrieg auslösten.

Gavri­lo Prin­cip – der Atten­tä­ter von Sara­je­vo 1914

Der jugend­li­che Selbst­mord­at­ten­tä­ter ist offen­bar selbst über­rascht, als der Wagen des Erz­her­zogs nach dem Ter­min im Rat­haus ganz in der Nähe sei­nes Stand­or­tes vor­fährt und dann auch noch lang­sa­mer wird, weil der Chauf­feur falsch abge­bo­gen ist und zurück­sto­ßen muss.

Prin­cip zieht sei­ne Pis­to­le und schießt aus andert­halb Metern Ent­fer­nung auf das Thronfolgerpaar.

Zunächst trifft er Erz­her­zo­gin Sophie in den Bauch. Ihre Bauch­schlag­ader ist getrof­fen und in kür­zes­ter Zeit ver­blu­tet sie qual­voll in den Armen ihres Man­nes. Dann zer­fetzt eine wei­te­re Kugel Franz Fer­di­nands Hals­ve­ne.

Der Wagen rollt zurück und rast dann los, um das Erz­her­zog-Paar im Palast Konak in Sicher­heit zu brin­gen. Als sie dort ankom­men, ist Sophie bereits tot; Franz Fer­di­nand fällt ins Koma und stirbt wenig später.

Mit Spazierstöcken verdroschen

… Hin­ter dem zurück­rol­len­den Fahr­zeug umstell­te die Men­ge Gavri­lo Prin­cip.
Die Pis­to­le wur­de ihm aus der Hand geschla­gen, als er sie zur Schlä­fe führ­te, um sich das Leben zu neh­men. Das Glei­che galt für das Päck­chen Zya­nid, das er ver­zwei­felt zu schlu­cken ver­such­te.

Er wur­de von den umste­hen­den Men­schen geschla­gen, getre­ten und mit Spa­zier­stö­cken ver­dro­schen. Man hät­te ihn auf der Stel­le gelyncht, wäre es Poli­zei­be­am­ten nicht gelun­gen, ihn in Gewahr­sam zu neh­men.“

Aus: Chris­to­pher Clark, Die Schlaf­wand­ler. Wie Euro­pa in den 1. Welt­krieg zog*

1914: Rutschbahn in den Abgrund

Es ist ein war­mer, schläf­ri­ger Som­mer­sonn­tag im Pra­ter und in den Kaf­fee­häu­sern, als die Nach­richt über den Anschlag auf das Thron­fol­ger­paar in der bos­ni­schen Haupt­stadt Sara­je­vo über Wien her­ein­bricht.

Musik und Gesprä­che ver­stum­men.
Schock­star­re, nicht nur in Wien, son­dern in ganz Euro­pa.

Die Mor­de von Sara­je­vo sind wie ein hal­bes Jahr­hun­dert spä­ter der Mord an John F. Ken­ne­dy in Dal­las 1963 ein Blitz­licht im Gedächt­nis der Men­schen. Jeder erin­nert sich genau, wo er war, als er von der Nach­richt hör­te.

Zwei der ins­ge­samt sie­ben Atten­tä­ter sind lebend gefasst, durch ihre Ermitt­lungs­ar­bei­ten gelingt es den Behör­den schnell, zwei wei­te­re aus­fin­dig zu machen.

Zunächst hül­len sich die jugend­li­chen Ver­schwö­rer in Schwei­gen oder behaup­ten, sie hät­ten auf eige­ne Faust gehan­delt, aber es gelingt der Poli­zei, sie gegen­ein­an­der aus­zu­spie­len und ers­te Teil­ge­ständ­nis­se zu bekom­men.

Immer mehr Indi­zi­en wei­sen dar­auf hin, dass Bel­grad und die ser­bi­sche Regie­rung ihre „Schwar­ze Hand” im Spiel hat; auch die gefun­de­nen Waf­fen und die Muni­ti­on stam­men aus ser­bi­schen Beständen.

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Buchcover des historischen Thrillers Der Attentäter von Ulf Schiewe über das Attentat von Sarajevo 1914, das den Ersten Weltkrieg auslöste.

Die letzten Tage vor Sarajevo

Der Atten­tä­ter von Ulf Schie­we ist ein hoch­span­nen­der his­to­ri­scher Thril­ler über die letz­ten Tage vor dem Atten­tat von Sara­je­vo im Juni 1914.
Die Schick­sa­le des Atten­tä­ters Gavri­lo Prin­cip, Erz­her­zog Franz Fer­di­nand und sei­ner Frau Sophie in einem span­nen­den Thril­ler erzählt. Sehr lesens­wert, auch wenn man das Ende schon kennt …

Denkzettel gegen Serbien”

In Wien begin­nen nun fie­ber­haft die Über­le­gun­gen, wie man mit dem Atten­tat auf den Erz­her­zog und sei­ne Frau umge­hen soll.

Schließ­lich gewin­nen die „Fal­ken” in der öster­rei­chisch- unga­ri­schen Regie­rung die Ober­hand, die dar­auf drän­gen, dass es einen „Denk­zet­tel gegen Ser­bi­en” geben müs­se; alles ande­re wäre ein Zei­chen von Schwä­che, wür­de die Glaub­wür­dig­keit der Habs­bur­ger Dop­pel­mon­ar­chie unter­gra­ben und wäre eine Ein­la­dung für wei­te­re Atten­ta­te.

Kabi­netts­chef Graf Hoy­os wird als Emis­sär nach Ber­lin geschickt, um dort die Stim­mung für einen even­tu­el­len „Denk­zet­tel” aus­zu­lo­ten.

Da Ser­bi­en mit Russ­land ver­bün­det ist, Russ­land wie­der­um Bünd­nis­se mit Frank­reich und Groß­bri­tan­ni­en hat, fürch­tet man inter­na­tio­na­le Ver­wick­lun­gen, wes­halb man nichts ohne den ein­zi­gen eige­nen Bünd­nis­part­ner unter­neh­men will.

Es ist schließ­lich Kai­ser Wil­helm II. selbst, der, gewohnt impul­siv, sämt­li­che Beden­ken sei­ner Bera­ter vom Tisch wischt.

Er glaubt — wie vie­le ande­re in sei­ner Entou­ra­ge — nicht dar­an, dass von Russ­land bei einer öster­rei­chisch-unga­ri­schen Inter­ven­ti­on in Ser­bi­en mehr als die übli­chen Pro­test­no­ten zu erwar­ten ist.

Das Zaren­reich wür­de nach Mei­nung des Kai­sers still­hal­ten, zumal Öster­reich-Ungarn Ser­bi­en nicht beset­zen will, son­dern nur eine ange­neh­me­re Regie­rung ohne Ver­bin­dung zu pan­sla­wis­ti­schen Atten­tä­tern ein­set­zen möch­te (über die genau­en Zie­le des „Denk­zet­tels” ist man sich nicht im Klaren …).

Die Julikrise 1914

Am 6. Juli 1914 trifft aus Ber­lin jener ver­häng­nis­vol­le Blan­ko­scheck ein, mit dem das Deut­sche Reich Öster­reich sei­ne bedin­gungs­lo­se Unter­stüt­zung für das wei­te­re Vor­ge­hen gegen Ser­bi­en zusi­chert.

Jubel bricht aus, denn das hoch­ge­rüs­te­te Deut­sche Kai­ser­reich gilt in Öster­reich-Ungarn als unbe­sieg­bar.

Eine Art Kriegs­di­plo­ma­tie wird in Gang gesetzt, die sich schon bald nicht mehr stop­pen lässt. Frie­den ist in der Julikri­se 1914 sehr schnell kei­ne Opti­on mehr.

Posthume Warnung

… Die Schüs­se von Sara­je­vo schür­ten nicht nur die Kriegs­het­ze der Fal­ken. Sie mach­ten auch die bes­te Hoff­nung auf einen Frie­den zunich­te. Wenn Franz Fer­di­nand sei­ne Bos­ni­en­rei­se 1914 über­lebt hät­te, hät­te er wie schon so oft wei­ter­hin vor den Risi­ken eines mili­tä­ri­schen Aben­teu­ers gewarnt …

Die Welt weiß nicht, dass der Erz­her­zog immer gegen den Krieg war’, sag­te ein hoher öster­rei­chi­scher Diplo­mat dem Poli­ti­ker Jos­peh Red­lich in der letz­ten Juli­wo­che. ‘So hat er uns durch sei­nen Tod zu der Ener­gie ver­hol­fen, die er nie auf­brin­gen woll­te, solan­ge er leb­te!’.“

Aus: Chris­to­pher Clark, Die Schlaf­wand­ler. Wie Euro­pa in den 1. Welt­krieg zog*

Am 23. Juli über­reicht man den Ser­ben ein Ulti­ma­tum, das bin­nen 48 Stun­den beant­wor­tet wer­den soll — ansons­ten wer­de Öster­reich-Ungarn sei­ne Trup­pen gegen Ser­bi­en mobilmachen.

Die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts braut sich zusammen

Das Ulti­ma­tum ent­hält 10 For­de­run­gen, die das König­reich Ser­bi­en zu erfül­len hat, um einen Mili­tär­schlag sei­tens Öster­reich-Ungarn zu ver­hin­dern.

Neben Ver­pflich­tun­gen wie bei­spiels­wei­se anti-öster­rei­chi­sche Pro­pa­gan­da in ser­bi­schen Zei­tun­gen zu unter­bin­den, ent­hält das Ulti­ma­tum auch zwei Klau­seln, die als beson­ders hart ange­se­hen wer­den: In den berüch­tig­ten For­de­run­gen 5 und 6 soll Ser­bi­en einer gemein­sa­men Unter­su­chungs­kom­mis­si­on zustim­men, um die Mor­de von Sara­je­vo auf­zu­klä­ren, zu denen die ser­bi­sche Regie­rung jede Ver­bin­dung vehe­ment abstrei­tet.

Nach der Über­ga­be des Ulti­ma­tums bricht in der ser­bi­schen Regie­rung zunächst Panik aus und für kur­ze Zeit scheint es, dass Bel­grad auf die For­de­run­gen ein­ge­hen wür­de.

Auf allen Kanä­len ver­sucht man Russ­land zu errei­chen, um aus­zu­lo­ten, wie die end­gül­ti­ge Hal­tung des „gro­ßen Bru­ders” ist, und ob er im Fal­le eines Krie­ges Ser­bi­en mili­tä­risch bei­ste­hen wür­de.

Nach­dem St. Peters­burg end­lich beru­hi­gen­de Nach­rich­ten sen­det und die mili­tä­ri­sche Unter­stüt­zung auch im Kriegs­fall zusi­chert, macht man sich ans Abfas­sen der Replik, in der wort­ge­wandt auf die öster­rei­chisch-unga­ri­schen For­de­run­gen ein­ge­gan­gen wird, ohne kon­kre­te Zuge­ständ­nis­se zu machen.

Ser­bi­ens Ant­wort ist diplo­ma­tisch so geschickt for­mu­liert, dass Kai­ser Wil­helm in Ber­lin der Mei­nung ist, dass Öster­reich einen „gro­ßen mora­li­schen Erfolg” errun­gen und Ser­bi­en „eine Kapi­tu­la­ti­on demüt­higs­ter Art hin­ge­nom­men” habe.

Der deut­sche Kai­ser ist sich sicher, dass nun jeder Grund zum Krie­ge” ent­fal­le. Und ist ent­setzt und erstaunt, als er hört, dass Öster­reich eine Teil­mo­bil­ma­chung ange­ord­net hat.

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Buchempfehlung Christopher Clark Die Schlafwandler Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog Generationengespräch

Wie Schlafwandler

steu­ern die Mäch­ti­gen Euro­pas auf die Kata­stro­phe 1914 zu.

Chris­to­pher Clark, Geschichts­pro­fes­sor in Cam­bridge, schreibt span­nend und infor­ma­tiv über die wah­re Vor­ge­schich­te des 1. Welt­krie­ges: 900 Sei­ten, die völ­lig zurecht zum Best­sel­ler gewor­den sind.

Am 28. Juli 1914, vier Wochen nach dem ver­häng­nis­vol­len Atten­tat auf Erz­her­zog Franz Fer­di­nand und sei­ne Frau Sophie, unter­zeich­net der 83-jäh­ri­ge öster­rei­chi­sche Kai­ser Franz Joseph in sei­nem Urlaubs­ort Bad Ischl die Kriegs­er­klä­rung gegen Ser­bi­en.

Ein „klei­ner“, lokal begrenz­ter Krieg soll es wer­den, um Druck aus dem Kes­sel zu neh­men, sym­bo­lisch ein paar Gren­zen neu zu zie­hen und nach den Mor­den in Sara­je­vo die Ehre und die Glaub­wür­dig­keit der k. u. k. Dop­pel­mon­ar­chie Öster­reich-Ungarn wie­der­her­zu­stel­len.

Er wird zur Ur-Kata­stro­phe des 20. Jahr­hun­derts.

Mehr lesen:

In Ber­lin hat man mit Ser­bi­en und dem Bal­kan eigent­lich nichts am Hut, denn sei­ne Majes­tät Kai­ser Wil­helm II — auch „Wil­helm das Großmaul”´genannt — sucht den „Platz an der Son­ne” in Über­see. Trotz­dem gibt es für ihn und sei­ne Entou­ra­ge gute Grün­de, war­um die Deut­schen beim „Denk­zet­tel für Ser­bi­en” mit­mi­schen soll­ten.
Ein Platz an der Son­ne oder: Wil­helm, das Großmaul

Copy­right: Agen­tur für Bild­bio­gra­phien, www​.bild​biog​ra​hien​.de 2017 (über­ar­bei­tet 2025)

Buch- und Filmempfehlungen:

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Eine fei­ne Gesell­schaft: Skan­da­le und Intri­gen an Euro­pas Königs- und Kai­ser­häu­sern: Ein fas­zi­nie­ren­der Blick hin­ter die Kulis­sen des euro­päi­schen Adels – vol­ler Glanz, Macht­spie­le, bru­ta­ler Erzie­hung und mensch­li­cher Schwä­chen.

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Ein fas­zi­nie­ren­des Por­trät des öster­rei­chisch-unga­ri­schen Thron­er­ben Rudolf, der zwi­schen Pflicht und Frei­heits­drang zer­rie­ben wur­de. Die­se Bio­gra­fie zeich­net das kur­ze, tra­gi­sche Leben von Kron­prinz Rudolf nach – Sohn von Kai­ser Franz Joseph und Kai­se­rin Eli­sa­beth – und gewährt tie­fe Ein­bli­cke in die poli­ti­schen, fami­liä­ren und see­li­schen Span­nun­gen, die zu sei­nem dra­ma­ti­schen Ende führ­ten.

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Bri­git­te Hamann, Kron­prinz Rudolf: Ein Leben*. Piper Taschen­buch, 2006

Filmempfehlung Das weiße Band Generationengespräch

Das Glück, in einer lie­be­vol­len Fami­lie auf­zu­wach­sen, hat­ten im 19. und zu Beginn des 20. Jahr­hun­derts nur weni­ge Kin­der. Wie hat die “Erzie­hung mit har­ter Hand” das Leben der Erwach­se­nen beein­flusst? Ein sehr bewe­gen­der Film über “Schwar­ze Päd­ago­gik”, mit der vie­le Jahr­hun­der­te lang Kin­ders­se­len gebro­chen wur­den.

Zum Ama­zon-Ange­bot:
Micha­el Han­eke, Das wei­ße Band*, 2010. DVD, FSK: ab 12 Jah­ren oder als Prime Video*

Wei­ter­füh­ren­de Beiträge:

Romy Schnei­der, Jahr­gang 1938, Kriegs­kind: Auf die Fra­ge, war­um kei­ne Schau­spie­le­rin das Herz der Deut­schen so berührt wie ihre Toch­ter, ant­wor­te­te Romys Mut­ter Mag­da Schnei­der, die in den Fil­men Her­zo­gin Ludo­vi­ka, Sis­sis „paten­te“ Mut­ter, spielt: „War­um sprin­gen die Men­schen so auf Romy an? Weil sie spü­ren, dass hier end­lich mal ein Geschöpf ist, das mit dem Dreck der Welt nicht in Berüh­rung gekom­men ist.
Der Dreck fliegt Romy Schnei­der in dem Moment um die Ohren, als sie beschließt aus­zu­stei­gen, und auch nicht län­ger das Geschöpf ihrer Mut­ter sein will.
War­te nur, bis Vati kommt! Kind­heit in den 1950er und 1960er Jahre

Ver­dun ist eine klei­ne Stadt ohne gro­ße Bedeu­tung. Eigent­lich ist sie kaum der Rede wert. Doch dann beginnt am Mor­gen des 21. Febru­ar 1916 die deut­sche Ope­ra­ti­on „Gericht“ und lässt die beschau­li­che Klein­stadt Ver­dun — wie 27 Jah­re spä­ter auch Sta­lin­grad — zum Syn­onym für die Grau­sam­keit und Sinn­lo­sig­keit von Krie­gen wer­den.
Vor 100 Jah­ren: Die Höl­le von Verdun

Heim ins Reich: Zu den schil­lernds­ten Figu­ren der Welt­ge­schich­te zählt Kon­rad Hen­lein, der Mann, mit des­sen Hil­fe Adolf Hit­ler die Sude­ten­deut­schen im Herbst 1938 „heim ins Reich“ hol­te. Hen­lein, Sude­ten­deut­scher mit tsche­chi­schem Groß­va­ter, war Turn­leh­rer und woll­te nach eige­nem Bekun­den nichts ande­res sein. Er wur­de zum Aus­hän­ge­schild einer Bewe­gung, die in den 1930er Jah­re kräf­tig am Welt­frie­den zün­del­te. War Kon­rad Hen­lein nur Mario­net­te und Brand­stif­ter, ein ver­blen­de­ter Natio­nal­so­zia­list? Oder auch Bie­der­mann mit einem eigent­lich ernst­haf­ten Anlie­gen?
Bie­der­mann oder Brand­stif­ter? Kon­rad Henlein

Sta­lin: Ios­seb Wis­sa­ri­o­no­witsch Dschu­g­aschwi­li, genannt Sta­lin, gilt neben Adolf Hit­ler als einer der grau­sams­ten Dik­ta­to­ren in der Geschich­te der Mensch­heit. Als Lenins „Mann fürs Gro­be“ beginnt er sei­ne Kar­rie­re, mit Intel­li­genz und Skru­pel­lo­sig­keit; durch men­schen­ver­ach­ten­de Här­te wird er nach Lenins Tod zum gefürch­te­ten Allein­herr­scher über die Sowjet­uni­on.
Wer war eigent­lich Sta­lin? Teil1

Das Gene­ra­tio­nen­ge­spräch im Über­blick: Bio­gra­fien, Lie­be, Opfer, Mord, Krieg und ande­re Geschich­ten der letz­ten 300 Jah­re, die unse­re Welt zu der gemacht haben, die sie heu­te ist.
Das Gene­ra­tio­nen­ge­spräch: Geschichte(n) im Überblick

Link­emp­feh­lung:

Hät­te Luche­ni, der zufäl­li­ge Mon­ar­chie­has­ser, nur fünf Minu­ten mit Sisi gespro­chen, wäre ihm klar­ge­wor­den, dass er sich das völ­lig fal­sche Opfer aus­ge­sucht hat­te.
Über die Ermor­dung der unglück­li­chen Kai­se­rin Sisi in Genf:
https://​www​.spie​gel​.de/​g​e​s​c​h​i​c​h​t​e​/​m​o​r​d​-​a​n​-​k​a​i​s​e​r​i​n​-​s​i​s​i​-​1​8​9​8​-​l​u​i​g​i​-​l​u​c​h​e​n​i​-​s​t​a​c​h​-​m​i​t​-​d​e​r​-​f​e​i​l​e​-​z​u​-​a​-​1​2​2​6​4​0​3​.​h​tml

Bil­der und Tex­te rund um die Habs­bur­ger Dynas­tie:
https://www.habsburger.net/de/habsburger

Bild­nach­wei­se:

Pho­to of Franz Josef, Emper­or of Aus­tria (1830–1916), ca. 1915, Pho­to­grapher to the court of His Impe­ri­al Majes­ty, L. Schu­mann (1843–1912). — Scan­ned from the book The Impe­ri­al House of Haps­burg by Johann Kauf­mann. Published by Brax­t­on, 1968. Pho­to of Franz Josef, Emper­or of Aus­tria (1830–1916)
Aus­tria-Hun­ga­ry 1914, physical/Mapa fizy­cz­na Aus­tro-Węgier 1914. Quel­le: Mari­usz Paźd­zio­ra, own work, 2008
Kai­se­rin Eli­sa­beth von Öster­reich mit ihrem Lieb­lings­hund Shadow
Der Wie­ner Gra­ben, foto­gra­fiert von August Stau­da um 1890, August Stau­da — Aus­stel­lungs­ka­ta­log des Wien Muse­ums: Blick­fän­ge einer Rei­se nach Wien
Franz Fer­di­nand and his wife Sophie lea­ve the Sara­je­vo Guild­hall after rea­ding a speech on June 28 1914. They were ass­as­si­na­ted five minu­tes later. Quel­le: Euro­pea­na 1914–1918, Autor: Karl Tröstl?
Gavri­lo Prin­cip, from raven.cc.ukans.edu/~kansite/ww_one/photos/greatwar.html

Generationengespräch

Geschich­te und Psy­cho­lo­gie
Ver­gan­ge­nes ver­ste­hen, um mit der Zukunft bes­ser klar zu kommen.


Geschichte und Psychologie Vergangenheit verstehen um mit der Zukunft besser klar zu kommen
Dr. Susanne Gebert

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Die Ver­gan­gen­heit ver­ste­hen, um mit der Zukunft bes­ser klar zu kommen

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