Kleine Schwester, großer Bruder: Geschwisterliebe

Typische Eigenschaften von Erstgeborenen, Einzelkindern, Sandwichkindern und Nesthäckchen www.generationengespräch.de

Geschwis­ter­lie­be: Erst­ge­bo­re­ner oder jüngs­tes Kind, Sand­wich- oder Ein­zel­kind?

Egal, ob wir ewi­ge Riva­li­tät oder immer­wäh­ren­de Lie­be zu unse­ren Geschwis­tern pfle­gen — nicht nur die Bezie­hung selbst ist von Bedeu­tung, son­dern auch unser Platz in der Geschwisterreihenfolge.

Unser Platz in unserer Herkunftsfamilie: Held, Spaßvogel oder Nesthäkchen?

Ehen und Part­ner­schaf­ten kön­nen schei­tern, Eltern ster­ben; die Kin­der wer­den groß und gehen ihre eige­nen Wege. Die Ein­zi­gen, die unser Leben lang blei­ben, sind unse­re Geschwister.

  • Auch nach einem Streit kann man sich von ihnen weder tren­nen noch schei­den las­sen.

Geschwis­ter sind immer da — auch wenn sie nicht da sind. Unse­re Geschwis­ter prä­gen und beglei­ten uns.
Viel­leicht sogar mehr als unse­re Eltern.

Das gilt welt­weit: „Schwes­ter oder Bru­der von …“ wird auf der gan­zen Welt ver­stan­den, egal, ob in Ham­burg, New York oder in einem Dschun­gel­camp irgend­wo am Amazonas.

  • Ob wir als Held, Spaß­vo­gel oder schutz­be­dürf­ti­ges Nest­häk­chen durch unser Leben mar­schie­ren — oder schlen­dern — , hängt ent­schei­dend von ihnen ab. 
  • Dafür spielt nicht nur die Per­sön­lich­keit unse­rer Brü­der und Schwes­tern eine gro­ße Rol­le, son­dern auch die Geschwisterreihenfolge.

Unse­re Rol­le als gro­ße Schwes­ter oder klei­ner Bru­der, als Ein­zel- oder Sand­wich­kind wird uns in die Wie­ge gelegt und hat neben Erzie­hung einen gro­ßen Ein­fluss auf unse­re Persönlichkeit.

Wir wer­den nicht ein­fach in unse­re Fami­li­en hin­ein­ge­bo­ren, son­dern in die Geschich­ten unse­rer Fami­lie, die uns stüt­zen und näh­ren und manch­mal zum Krüp­pel machen.

Aus: Moni­ca McGold­rick: Wie­der heim­kom­men. Auf Spu­ren­su­che in Fami­li­en­ge­schich­ten*

Das Rollenvorbild unserer Eltern

Wir Men­schen nei­gen dazu, Ver­hal­tens­mus­ter und Rol­len­mo­del­le, die wir in unse­rer Kind­heit gelernt haben, auch als Erwach­se­ne bei­zu­be­hal­ten und an unse­re eige­nen Kin­der weiterzugeben.

Manch­mal ver­hal­ten wir uns genau­so wie unse­re Eltern, und manch­mal — wenn wir selbst dar­un­ter gelit­ten haben — genau umgekehrt.

Epigenetik: Warum Mütter nicht lieben www.generationengespräch.de
Epi­ge­ne­tik und trans­ge­ne­ra­tio­na­le Ver­er­bung: Wenn Müt­ter nicht lieben
  • Ein Vater, der in sei­ner Kind­heit von sei­nem älte­ren Bru­der gepie­sackt wur­de, wird bei Strei­te­rei­en zwi­schen sei­nen eige­nen Söh­nen mit hoher Wahr­schein­lich­keit sehr schnell die Posi­ti­on des jün­ge­ren Soh­nes ergrei­fen, ohne dar­über nachzudenken.
  • Eine Mut­ter, die in ihrem Eltern­haus als ältes­te Toch­ter vie­le Ver­pflich­tun­gen im Haus­halt oder bei der Betreu­ung ihrer jün­ge­ren Geschwis­ter hat­te, wird ihre eige­ne erst­ge­bo­re­ne Toch­ter eher scho­nen und ver­wöh­nen und sie, wenn über­haupt, sehr sel­ten zum Baby­sit­ten oder zur Haus­ar­beit verpflichten.

Als trans­ge­ne­ra­tio­na­le Ver­er­bung wird das — oft unbe­wuss­te — Wei­ter­ge­ben von Ver­hal­tens­wei­sen, Stim­mun­gen oder Ein­stel­lun­gen von einer Gene­ra­ti­on auf die nachfolgende(n) bezeichnet. 

Auch wenn aus Kin­dern schon längst Leu­te gewor­den sind, schlüp­fen wir beim Zusam­men­tref­fen mit unse­rer Her­kunfts­fa­mi­lie oft instink­tiv in alte Kind­heits­mus­ter.

Ohne gro­ßes Nach­den­ken wer­den Bünd­nis­se und Scher­ze, aber auch Rei­be­rei­en aus längst ver­gan­ge­nen Tagen her­vor­ge­holt und wiederbelebt.

Zur Freu­de der einen, denen die alten Rol­len aus der Kin­der­zeit Sicher­heit geben, und zum Ärger der ande­ren, für die sol­che Fami­li­en­tref­fen mit über­hol­ten Rol­len­ver­tei­lun­gen Stress pur bedeuten. 

Denn oft sind die Mus­ter als Held, Böse­wicht, Spaß­vo­gel oder Opfer hoff­nungs­los ver­al­tet und haben eine drin­gen­de Revi­si­on nötig. 

Unser Platz in der Geschwisterreihenfolge

Das zar­te Nest­häk­chen, das schon immer von allen beschützt wur­de, ist mitt­ler­wei­le eine erfolg­rei­che erwach­se­ne Frau, die nicht mehr behü­tet – und bevor­mun­det – wer­den möchte. 

Der jüngs­te Bru­der, der immer so ver­spielt war, soviel Unsinn im Kopf und schlech­te Noten in der Schu­le hat­te, hat mitt­ler­wei­le Kar­rie­re gemacht und ist beruf­lich viel­leicht viel erfolg­rei­cher als sei­ne älte­ren Geschwister. 

Ihm wird es schwer­fal­len, wenn sei­ne älte­ren Brü­der und Schwes­tern ihn auf sei­ne frü­he­re Rol­le als Fami­li­en­clown fest­na­geln und dabei sei­ne Erfol­ge als Erwach­se­ner völ­lig außer Acht lassen. 

Wem also Weih­nachts- und sons­ti­ge Fami­li­en­fei­ern schon lan­ge vor dem eigent­li­chen Fest­essen schwer im Magen lie­gen, soll­te einen Blick hin­ter die Fami­li­en­ku­lis­se wer­fen und sich alt­her­ge­brach­te Geschwis­ter-Eti­ket­tie­run­gen genau­er ansehen.

Im Lau­fe der Evo­lu­ti­on hat der Mensch eine hohe Sen­si­bi­li­tät für Situa­tio­nen ent­wi­ckelt, in denen etwas nicht in Ord­nung ist. Dann ist die Phy­sis schnel­ler als der Geist. Die Signa­le kom­men blitz­schnell, bin­nen Bruch­tei­len von Sekun­den. Doch wir igno­rie­ren die­se Signa­le, weil wir heu­te ler­nen, dass wir unse­ren Ver­stand, selbst unse­re Emo­tio­nen, höher bewer­ten soll­ten als unse­ren Kör­per.

In unse­rer west­li­chen Kul­tur ist es gera­de­zu ver­pönt, phy­si­sche Reak­tio­nen als Indi­ka­to­ren für see­li­schen Stress ernst zu neh­men
.“

Aus: Cor­ne­lia und Ste­phan Schwarz: Schluss mit Psy­cho­spiel­chen*

  • Vie­le Cha­rak­te­ri­sie­run­gen, die uns seit unse­rer Kind­heit (ver-)folgen, haben mit unse­rem eigent­li­chen Cha­rak­ter heu­te und unse­ren Fähig­kei­ten gar nichts (mehr) zu tun: Sie sind Über­res­te und alte Mus­ter aus längst ver­gan­ge­nen Kindertagen.

Jeder hat die Erlaub­nis, sich aus sei­ner Ver­gan­gen­heit zu befrei­en und die Rol­le ein­zu­neh­men, die er oder sie außer­halb der Fami­lie als Erwach­se­ner viel­leicht schon seit Jahr­zehn­ten hat.

Kindheit und Erziehung Psychologie Zitat Das Leben der Eltern ist das Buch in dem Kinder lesen Generationengespräch

Das älteste Kind

Das ältes­te Kind ist der “Ban­ner­trä­ger” der Fami­lie und hat damit ein zwei­schnei­di­ges Ver­gnü­gen. Einer­seits genießt das ältes­te Kind – zumin­dest für eine gewis­se Zeit – die vol­le Auf­merk­sam­keit und Zuwen­dung der gesam­ten Fami­lie, ande­rer­seits ruhen auf „den Gro­ßen“ vie­le bewuss­te und unbe­wuss­te Hoff­nun­gen und Erwartungen.

Im Lau­fe ihres Lebens kann es den Ältes­ten gelin­gen, sich wenigs­tens teil­wei­se von der Erwar­tungs­hal­tung ihrer Fami­lie zu befrei­en, aber der Weg in die Unab­hän­gig­keit ist für sie am schwersten.

Oft wer­den ältes­te Kin­der, die sich von ihrer Ban­ner­trä­ger-Rol­le eman­zi­piert haben, ein Leben lang von Gewis­sens­bis­sen oder Schuld­ge­füh­len geplagt.

Die Geburt eines jün­ge­ren Geschwis­ter­kin­desent­thront“ die Erst­ge­bo­re­nen, das Gefühl, etwas Beson­de­res zu sein, bleibt: Erst­ge­bo­re­ne haben oft das Gefühl, im Leben eine wich­ti­ge Auf­ga­be erfül­len zu müs­sen.

  • Den Eltern ste­hen die Ältes­ten am nächs­ten, und da sie sich häu­fig mit ihnen iden­ti­fi­zie­ren und bei ihnen bis ins Erwach­se­nen­al­ter eine beson­de­re Posi­ti­on ein­neh­men, sind ältes­te Kin­der meis­tens kon­ser­va­ti­ver als ihre jün­ge­ren Geschwister.
  • Ältes­te Söh­ne und Töch­ter sind im Ver­gleich zu jün­ge­ren Geschwis­tern beson­ders gewis­sen­haft, eher ernst als ver­spielt und in der Regel sehr ver­ant­wor­tungs­be­wusst.

Da sie häu­fig nicht nur Ver­ant­wor­tung für jün­ge­re Schwes­tern und Brü­der über­neh­men, son­dern auch Auto­ri­tät aus­üben (müs­sen), sind sie in ihrem Erwach­se­nen­le­ben ‚gebo­re­ne‘ Füh­rungs­per­sön­lich­kei­ten.

Geschwisterliebe Zitat C G Jung Nichts hat einen stärkeren psychischen Einfluss auf die Kinder als das ungelebte Leben der Eltern Generationengespräch

Erst­ge­bo­re­ne kön­nen sehr selbst­kri­tisch sein, Kri­tik von ande­ren ver­tra­gen sie aller­dings nicht unbe­dingt gut.

Die ältes­te Toch­ter ver­fügt in der Regel über die glei­chen Füh­rungs­fä­hig­kei­ten wie ein ältes­ter Sohn. Auch sie ist ver­ant­wor­tungs­be­wusst, ernst- und gewis­sen­haft und hat eine beson­de­re Gabe, für ande­re Sor­ge zu tragen.

Wer­den ihr aber – wie es frü­her häu­fig der Fall war – nicht auch die glei­chen Vor­rech­te wie einem ältes­ten Sohn ein­ge­räumt, trägt sie zwar Ver­pflich­tun­gen und Ver­ant­wor­tung, hat aber nicht die Mög­lich­keit, dar­aus auch das ent­spre­chen­de Selbst­be­wusst­sein zu entwickeln. 

Das jüngste Kind

Da der „Thron“ durch das erst­ge­bo­re­ne Kind bereits besetzt ist, müs­sen sich alle nach­ge­bo­re­nen Geschwis­ter­kin­der erst müh­sam eine Nische inner­halb der Fami­lie suchen und erobern, in der sie kon­kur­renz­los sind. Psy­cho­lo­gen bezeich­nen die­se “Nische” von Geschwis­tern als Deiden­ti­fi­ka­ti­on.

Die­ser Pro­zess ist ver­mut­lich einer der wich­tigs­ten Grün­de dafür, dass Geschwis­ter oft sehr unter­schied­lich sind, obwohl sie gene­tisch viel gemein­sam haben.

  • Als Faust­re­gel gilt: Je gerin­ger der Alters­ab­stand zwi­schen Geschwis­tern ist, des­to grö­ßer sind in der Regel die Unter­schie­de zwi­schen ihren Tem­pe­ra­men­ten und Neigungen.

Sinn und Zweck der Deiden­ti­fi­ka­ti­on liegt ver­mut­lich dar­in, Riva­li­tät, Eifer­sucht und Neid zu ver­rin­gern; trotz­dem kann es beson­ders zwi­schen Brü­dern mit gerin­gem Alters­ab­stand zu hef­ti­gen Kon­kur­renz­kämp­fen kommen.

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  • Da die Nische „Füh­rung und Ver­ant­wor­tung“ bei ihrer Geburt bereits vom ältes­ten Geschwis­ter­kind besetzt ist, suchen und fin­den jün­ge­re Geschwis­ter­kin­der ihre Beson­der­heit inner­halb der Fami­lie meis­tens im Bereich Krea­ti­vi­tät. Beson­ders aus­ge­prägt ist das beim jüngs­ten Kind.

Marie Curie, Ben­ja­min Frank­lin oder der eben­so erfin­de­ri­sche wie exzen­tri­sche Tho­mas Alva Edi­son sind klas­si­sche Bei­spie­le für jüngs­te Kin­der, die – frei von Ver­ant­wor­tung und Ver­pflich­tun­gen, gewöhnt an älte­re Geschwis­ter, die sich um sie küm­mern – unkon­ven­tio­nell ihren ganz eige­nen Weg gegan­gen sind.

Wie ältes­te Söh­ne und Töch­ter haben auch jüngs­te Kin­der häu­fig das Gefühl, etwas Beson­de­res zu sein, aber im Gegen­satz zu den ältes­ten dür­fen sie ihre indi­vi­du­el­len Nei­gun­gen stär­ker ausleben.

Nest­häk­chen sind frei­er und nicht durch Ver­ant­wor­tung für ande­re belas­tet, oft wir­ken sie viel unbe­küm­mer­ter als ihre älte­ren Geschwis­ter und sind viel sel­te­ner von Selbst­zwei­feln geplagt.

  • Die Jüngs­ten sind meis­tens die­je­ni­gen, die Din­ge aus­pro­bie­ren, die ihren älte­ren Geschwis­tern nicht im Traum ein­fal­len würden.
  • Zwar sind jüngs­te Kin­der oft fest ent­schlos­sen, ihren eige­nen, unkon­ven­tio­nel­len Weg zu gehen, gleich­zei­tig sind sie aber auch dar­an gewöhnt, das zu tun, was ande­re ihnen sagen.
  • Eigen­in­itia­ti­ve oder Füh­rungs­rol­len sind in der Regel nicht ihr Ding. Statt­des­sen erwar­ten sie schnel­le Hil­fe und Unter­stüt­zung, sobald sie das Gefühl haben, nicht mehr aus eige­ner Kraft weiterzukommen.

Im Extrem­fall kön­nen jüngs­te Kin­der selbst­be­zo­gen und ver­wöhnt sein.
Eini­ge sind frus­triert, weil sie der Mei­nung sind, dass ihnen eigent­lich ALLES zustün­de,  ande­re rebel­lie­ren und ver­su­chen ihrem Sta­tus als „Fami­li­en­ba­by“ zu entfliehen.

Das “Sandwich”-Kind

Mitt­le­re Kin­der haben kei­ne beson­de­re Rol­le. Beson­ders dann, wenn alle Geschwis­ter das glei­che Geschlecht haben, lau­fen Sand­wich­kin­der gro­ße Gefahr, ein­fach ver­ges­sen zu werden. 

Des­halb haben mitt­le­re Kin­der mög­li­cher­wei­se die schwie­rigs­te Posi­ti­on inner­halb ihrer Fami­lie erwischt. Oder die einfachste. 

  • Die Sand­wich-Posi­ti­on kann ihnen einer­seits gro­ße Frei­räu­me bie­ten, weil mitt­le­re Kin­der oft unter dem elter­li­chen Radar durch­se­geln. Dadurch kön­nen sie ihr eige­nes Ent­wick­lungs­po­ten­zi­al unge­stört von “erzie­he­ri­schen Bemü­hun­gen” ausschöpfen.
  • Auf der ande­ren Sei­te kann es als Sand­wich-Kind auch sehr frus­trie­rend sein, sich stän­dig abstram­peln zu müs­sen, um über­haupt wahr­ge­nom­men zu wer­den.
  • Sand­wich­kin­der sind häu­fig die ‚gebo­re­nen‘ Diplo­ma­ten und Ver­hand­lungs­füh­rer. Sie sind oft deut­lich aus­ge­gli­che­ner als die stär­ker getrie­be­nen ältes­ten Kin­der, aber auch nicht so ver­spielt und wage­mu­tig wie die Nesthäkchen.
Biografisches Schreiben Was möchtest du sein - Die Rolle von Eltern und Geschwistern auf unser Selbstbild Generationengespräch
Jeder hat die Erlaub­nis, sich aus sei­ner Ver­gan­gen­heit zu befrei­en. Auch wenn es sich um die alte Rol­le aus der Kind­heit in der Her­kunfts­fa­mi­lie han­delt.
Was möch­test du sein? Und: Stimmt dein Außen­bild mit dem über­ein, was du fühlst und was du sein möch­test? Auch das ist Teil der Bio­gra­fie­ar­beit — und eine Fra­ge aus dem Proust’schen Fra­ge­bo­gen.

Aller­dings müs­sen sie ihren Platz inner­halb der Fami­lie fin­den, sonst kön­nen sie als Erwach­se­ne Schwie­rig­kei­ten haben, sich ande­ren anzupassen.

Ohne die Pri­vi­le­gi­en des ältes­ten Kin­des und die Nar­ren­frei­heit des jüngs­ten kön­nen sich Sand­wich­kin­der manch­mal ver­lo­ren füh­len, es sei denn, sie sind die einz­ge Toch­ter unter Brü­dern oder der ein­zi­ge Sohn unter Schwestern.

Das Einzelkind

Für Kin­der sind ihre Geschwis­ter die ers­ten Spar­rings­part­ner für das Erler­nen sozia­ler Bezie­hun­gen.
Im Spiel wie im Streit ler­nen sie den Umgang mit Gleich­alt­ri­gen – und genau das kann Ein­zel­kin­dern feh­len, wenn sie, wie etwa Jean-Paul Sartre, ohne die Gesell­schaft ande­rer Kin­der groß werden.

  • Da sie kei­ne Geschwis­ter haben, ori­en­tie­ren sich Ein­zel­kin­der oder auch Geschwis­ter­kin­der, die mit gro­ßem zeit­li­chen Abstand zuein­an­der gebo­ren wor­den sind, stär­ker an Erwach­se­nen, deren Lie­be und Auf­merk­sam­keit sie suchen.
  • Auch im spä­te­ren Leben blei­ben sie ihren Eltern oft stär­ker ver­bun­den als Kin­der, die mit Geschwis­tern auf­ge­wach­sen sind.
  • Ein­zel­kin­der ver­ei­nen oft die Ernst­haf­tig­keit und Gewis­sen­haf­tig­keit des ältes­ten Kin­des mit der Über­zeu­gung, auf alles ein Recht zu haben, die cha­rak­te­ris­tisch für das jüngs­te Kind ist.

Die Her­aus­for­de­rung von Ein­zel­kin­dern ist, den sozia­len Umgang mit Gleich­alt­ri­gen mög­lichst früh zu lernen.

Über Jean-Paul Sart­re wird bei­spiels­wei­se berich­tet, dass er — bei Mut­ter und Groß­el­tern auf­ge­wach­sen — erst im Alter von 12 Jah­ren in eine Schu­le geschickt wor­den ist und dort das ers­te Mal in sei­nem Leben Kon­takt zu ande­ren Kin­dern hat­te.

Die ande­ren Jun­gen aus sei­ner Schul­klas­se konn­ten mit dem mür­ri­schen und streit­ba­ren Neu­zu­gang über­haupt nichts anfan­gen, vor allem, weil er wich­tig­tue­risch und affek­tiert auf­trat, sobald er die Ableh­nung sei­ner Klas­sen­ka­me­ra­den spür­te. Spä­ter ver­such­te er, sich Freun­de zu kau­fen, und durch beson­ders spek­ta­ku­lä­re Schü­ler­strei­che auf sich auf­merk­sam zu machen.
Er ver­brach­te viel Zeit allei­ne mit lesen und schrei­ben und fand schließ­lich in einem ande­ren Ein­zel­kind eine ver­wand­te und freund­schaft­lich ver­bun­de­ne Seele.

Geschwister: Die längste Beziehung unseres Lebens

Unse­re Geschwis­ter prä­gen uns, ob wir wol­len oder nicht.
Selbst wenn sich Geschwis­ter nur noch sehr sel­ten oder gar nicht mehr sehen, blei­ben die ent­schei­den­den Erin­ne­run­gen und Erfah­run­gen einer lan­gen gemein­sa­men Kind­heit erhal­ten.

Das kann manch­mal Stress bedeu­ten, beson­ders dann, wenn beim Zusam­men­tref­fen an alten Rol­len­mo­del­len fest­ge­hal­ten wird, die schon lan­ge über­holt sind. 

Es kann aber auch viel Halt und Schutz geben.

Schließ­lich sind unse­re Geschwis­ter die Men­schen, zu denen wir die längs­te Bezie­hung in unse­rem Leben haben. 

Copy­right: Agen­tur für Bild­bio­gra­phien, www​.bild​bio​gra​phien​.de, 2015 (über­ar­bei­tet 2024) 

Lesen Sie im nächs­ten Bei­trag: Peo­p­le Plea­sing ist der Drang, es allen ande­ren recht zu machen. Peo­p­le Plea­ser sind sehr empa­thi­sche und hilfs­be­rei­te Men­schen, die alles tun, damit es ande­ren gut­geht – bis sie nicht mehr kön­nen. Woher die Nei­gung zum Peo­p­le Plea­sing kommt, wel­che Fol­gen es für Betrof­fe­ne hat und wel­che Stra­te­gien hel­fen kön­nen, öfter „Nein“ zu sagen.
Peo­p­le Plea­sing: Es allen ande­ren recht machen

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Wei­ter­füh­ren­de Beiträge:

Gut gemein­te Rat­schlä­ge wie„Sei spon­tan!“, „Sei fröh­lich!” oder “so schlimm ist es doch gar nicht” wer­den oft leicht dahin­ge­sagt. Eigent­lich sind sie nett gemeint, aber außer einem schlech­ten Gewis­sen bewir­ken sie nichts. War­um sol­che Rat­schlä­ge oft mehr scha­den als nüt­zen.
Sei spon­tan! Das Pro­blem mit gut gemein­ten Ratschlägen

Selbst­er­fül­len­de Pro­phe­zei­un­gen: Wenn zwi­schen­mensch­li­che Kom­mu­ni­ka­ti­on so rich­tig in die Hose gehen soll, dann weiß man am bes­ten schon im Vor­aus, was der ande­re sagen, den­ken oder mei­nen könn­te. Wie man sich damit selbst am geschick­tes­ten sabo­tiert, zeigt uns Paul Watz­la­wick mit sei­ner “Geschich­te mit dem Ham­mer” in sei­ner unver­gleich­li­chen „Anlei­tung zum Unglück­lich­sein“.
Die Geschich­te mit dem Ham­mer — Selbst­sa­bo­ta­ge und selbst­er­fül­len­de Prophezeiungen

Bin­dungs­mus­ter: Rasen­de Eifer­sucht, uner­träg­li­che Ver­lust­ängs­te, schein­ba­re Gleich­gül­tig­keit und emo­tio­na­le Distanz — oder die lie­be­vol­le Balan­ce zwi­schen Nähe und Unab­hän­gig­keit: Die Art, wie wir als Erwach­se­ne lie­ben, hat viel mit Bin­dungs­mus­tern zu tun, die wir in unse­rer Kind­heit gelernt haben.
Bin­dungs­mus­ter: Nicht mit dir und nicht ohne dich 

Es ist nie zu spät für eine glück­li­che Kind­heit! Über müt­ter­li­ches Bin­dungs­ver­hal­ten und klei­ne Ver­än­de­run­gen an der DNA, die Stress und Trau­ma an die Nach­kom­men wei­ter­ge­ben kön­nen. War­um es aus Sicht der Evo­lu­ti­on manch­mal sogar sinn­voll sein kann, wenn Müt­ter ihre Kin­der ver­nach­läs­si­gen — und wes­halb wir trotz­dem eine Wahl haben.
Epi­ge­ne­tik und trans­ge­ne­ra­tio­na­le Ver­er­bung: Wenn Müt­ter nicht lieben

Tan­ten: Die Lis­te der Tan­ten-Gemein­hei­ten scheint unend­lich zu sein. Wor­an das liegt? Wis­sen wir nicht auch nicht, wol­len das aber ändern. Denn: Tan­ten sind viel coo­ler als ihr Ruf!
Die Psy­cho­lo­gie der Erb­tan­te: Tan­ten sind wie Mamas, nur cooler

Trau­er: Es war schön, einen älte­ren und grö­ße­ren Bru­der an sei­ner Sei­te zu wis­sen.
Manch­mal habe ich mit ihm geprahlt, manch­mal habe ich mich hin­ter ihm ver­steckt. Häu­fig habe ich mit ihm irgend­ei­nen Blöd­sinn aus­ge­heckt.
Für immer klei­ner Bruder

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