Die Großmutter Europas (II): Onkel Leopold

Manchmal sind Männer die besseren Mütter www.generationengespräch.de

Eine Kind­heit in bes­se­ren Krei­sen ist im Groß­bri­tan­ni­en des 19. Jahr­hun­derts kein Zucker­schle­cken. Die­se Erfah­rung muss auch Prin­zes­sin Vic­to­ria machen, die ver­einsamt und unglück­lich bei ihrer Mut­ter im Ken­sing­ton Palast auf­wächst.

Aber Vic­to­ria hat Glück. Sie hat Onkel Leo­pold, der sich um ihre Zukunft und den pas­sen­den Prinz­ge­mahl kümmert.

Eine Kindheit in besseren Kreisen

Eine Kind­heit im 19. Jahr­hun­dert war auch als Spross einer Adels­fa­mi­lie oder einer bür­ger­li­chen Upper-Class-Sip­pe kein Zucker­schle­cken.
Für schreck­li­che Kind­heits­er­fah­run­gen brauch­te man — wie in Vic­to­ri­as Fall — kei­nen John Conroy.

Kin­der gal­ten wahl­wei­se als klei­ne Erwach­se­ne oder — wenn sie “unge­zo­gen” waren — als eine Art wil­der Tier­chen, die man mit Zucht und Ord­nung in den Griff bekom­men musste.

Selbst­ge­nüg­sam­keit, Fleiß, Pflicht­be­wusst­sein und Gehor­sam – vor allem Gehor­sam – waren ers­te Kinderpflicht. 

Beson­de­res Auf­he­ben um Kin­der­see­len, Zärt­lich­kei­ten oder sogar Mut­ter­lie­be waren nicht üblich und gal­ten sogar als schäd­lich, denn nie­mand woll­te den Nach­wuchs “ver­zär­teln und ver­weich­li­chen”.

Wer als höhe­re Toch­ter oder höhe­rer Sohn zur Welt kam, muss­te in der Regel mit einem gele­gent­li­chen Hän­de­druck als Höhe­punkt elter­li­cher Zuwen­dung aus­kom­men.

Bis auf weni­ge gol­de­ne Aus­nah­men war die Bot­schaft der neu­en Zeit bei den meis­ten Eltern und Päd­ago­gen noch nicht angekommen. 

Die revo­lu­tio­när neu­en Ideen in Sachen Mut­ter­lie­be und roman­ti­scher Lie­be, die seit der fran­zö­si­schen Revo­lu­ti­on und den napo­leo­ni­schen Krie­gen im Umlauf sind, ver­än­dern die Gewohn­hei­ten und den All­tag von Kin­dern in Groß­bri­tan­ni­en nur quä­lend langsam.

Die unglückliche Kindheit von Queen Victoria

Schauermärchen und Prügel

Die Erzie­hung mit har­ter Hand zu einem ordent­li­chen und cha­rak­ter­star­ken Men­schen war in den bes­se­ren Krei­sen selbst­ver­ständ­lich kei­ne Sache der viel­be­schäf­tig­ten Eltern, son­dern lag in den Hän­den von Gou­ver­nan­ten und Haus­leh­rern, denen die Kin­der oft unbe­auf­sich­tigt und hilf­los aus­ge­lie­fert waren.

Es kam schon mal vor, dass im Kin­der­zim­mer ein ganz per­sön­li­ches Süpp­chen in Fra­gen der Erzie­hung gekocht wur­de: Kin­der, die zu päd­ago­gi­schen Zwe­cken stun­den­lang in Schrän­ke ein­ge­sperrt wur­den, waren kei­ne Sel­ten­heit (böse Zun­gen behaup­ten, dass sich die Gou­ver­nan­te in der Zeit ein Päu­schen gegönnt hat). 

Schau­er­mär­chen mit bösen Wöl­fen und Mons­tern soll­ten zur Abschre­ckung die­nen und gal­ten als päd­ago­gisch beson­ders wertvoll.

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Der His­to­ri­ker Bill Bry­son über Kin­der und Erzie­hung,
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In den öffent­li­chen Schu­len und Inter­na­ten wur­de geprü­gelt, was die Rute her­gab - kör­per­li­che Züch­ti­gung galt neben Furcht und Angst als d a s päd­ago­gi­sche All­heil­mit­tel gegen jede Form von eige­nem Willen. 

Zur Not auch als “Vor­beu­gung”.

So man­cher hat­te übri­gens nach sei­nen Jugend­er­leb­nis­se Gefal­len an der Rute gefun­den: So wird bei­spiels­wei­se von Vic­to­ri­as spä­te­ren Lieb­lings-Pre­mier­mi­nis­ter, Lord Mel­bourne, behaup­tet, er hät­te sich als Erwach­se­ner pri­vat ger­ne ver­hau­en lassen. 

Jean-Jac­ques Rous­se­au berich­tet über sei­ne Vor­lie­be für Schlä­ge als Erwach­se­ner sogar selbst in einem sei­ner Bücher. 

Onkel Leopold und seine beiden Sorgenkinder

Vic­to­ri­as Onkel Leo­pold, der Bru­der ihrer Mut­ter Vic­toire und Wit­wer der unglück­li­chen bri­ti­schen Thron­er­bin Char­lot­te, ist der ein­zi­ge Licht­blick in Vic­to­ri­as Kind­heits- und Jugend-Tristesse.

Seit 1830 amtiert er als Leo­pold I. als ers­ter gewähl­ter König der Bel­gi­er und hat trotz­dem — oder viel­leicht gera­de des­we­gen — immer Zeit für sei­ne unglück­li­chen Nich­ten und Neffen. 

Fast unbe­merkt und über vie­le Jah­re unter­hält er einen regen Brief­wech­sel mit sei­ner ein­sa­men und unver­stan­de­nen Nich­te Victoria. 

Leopold I., König der Belgier, Gemälde von Franz Xaver Winterhalter, gemeinfrei
Leo­pold I., König der Bel­gi­er, Gemäl­de von Franz Xaver Win­ter­hal­ter, gemein­frei

Mit sei­nen Brie­fen ver­sucht er, ihre man­gel­haf­te Bil­dung zu ver­bes­sern, emp­fiehlt Bücher und schickt ihr Manu­skrip­te als Lese­stoff.
Er ist ihr wich­tigs­ter Rat­ge­ber, auch und vor allem im Dau­er­streit mit ihrer Mut­ter und deren Schat­ten John Conroy. 

Vic­to­ria ist aller­dings nicht Leo­polds ein­zi­ges Sor­gen­kind.
Auch sein Nef­fe Albert, Sohn sei­nes Bru­ders Ernst von Sach­sen-Coburg-Saal­feld, lei­det unter schwie­ri­gen Familienverhältnissen.

Prinz Albert von Sachsen-Coburg-Saalfeld

Prinz Albert wird wie sei­ne Cou­si­ne Vic­to­ria 1819 gebo­ren und ist der jüngs­te Sohn im win­zi­gen Her­zog­tum Sach­sen-Coburg-Saal­feld, das mit knapp 1500 Qua­drat­ki­lo­me­tern nicht viel grö­ßer ist als ein her­zög­li­ches ‘Lum­mer­land’.

Doch der Haus­segen hängt in die­sem Lum­mer­land gehö­rig schief, denn die Ehe von Her­zog und Her­zo­gin ist zerrüttet. 

Alberts Vater, Her­zog Ernst, hat nach der Geburt sei­ner bei­den Söh­ne kein Inter­es­se mehr an sei­ner jun­gen Frau Lui­se und bean­sprucht für sich das Recht, eine außer­ehe­li­che Bezie­hung zu führen. 

Aller­dings hält er nichts von der Idee, sei­ner Frau das glei­che Recht einzuräumen. 

Albert von Sachsen-Coburg und Gotha, Lithographie von Franz Hanfstaengl, 1840
Albert von Sach­sen-Coburg und Gotha, Litho­gra­phie von Franz Hanf­staengl, 1840

Das stört die Her­zo­gin zunächst nicht. Von den Vor­stel­lun­gen ihres Gemahls hält sie nichts — und lässt sich unglück­li­cher­wei­se dabei drei Mal erwi­schen.

Das ers­te Mal bei einer ver­mut­lich nur pla­to­ni­schen Tän­de­lei, deren Auf­de­ckung zu einem hef­ti­gen Ehe­krach führt.
Das zwei­te Mal ist es erns­ter, denn Lui­se hat ver­mut­lich eine ernst­zu­neh­men­de Affä­re mit einem Kam­mer­jun­ker namens von Bülow. Als die auf­fliegt, lan­det die Ange­le­gen­heit vor einer her­zog­li­chen Kom­mis­si­on und wird akri­bisch untersucht.

Nach der drit­ten Lieb­schaft sei­ner Gat­tin ist Schluss mit der her­zog­li­chen Geduld. Her­zog Ernst lässt sich schei­den, ver­bannt sei­ne untreue Ehe­frau und erlässt zudem eine Kon­takt­sper­re zwi­schen Mut­ter und Söhnen.

Albert sieht sei­ne Mut­ter als Fünf­jäh­ri­ger zum letz­ten Mal.
Als er 11 Jah­re alt ist, stirbt sie in Paris an Gebärmutterhalskrebs.

Die Erziehung zum Prinzgemahl

Äußer­lich wächst Albert zu einem gut­aus­se­hen­den, erns­ten, pflicht­be­wuss­ten und ein wenig pedan­ti­schen jun­gen Mann her­an, dem der frü­he Ver­lust sei­ner Mut­ter nicht anzu­mer­ken ist.

Nur sei­ner ältes­ten Toch­ter Vic­to­ria (der spä­te­ren Mut­ter des deut­schen Kai­sers Wil­helm II.), zu der er ein beson­ders enges Ver­hält­nis hat, ver­traut er ein­mal an, dass sei­ne Kind­heit “unglück­lich und elend” gewe­sen sei und er sich oft “aus die­ser Welt fort­ge­wünscht” habe.

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Ver­mut­lich liegt Onkel Leo­pold das Schick­sal sei­ner Nich­te Vic­to­ria und sei­nes Nef­fen Albert wirk­lich am Her­zen; aber er ist eben auch König, Poli­ti­ker, Stra­te­ge und ein “Kind sei­ner Zeit”.

Denn Euro­pa kämpft in jener Zeit immer noch mit den Fol­gen der Krie­ge gegen Napo­le­on, der mit sei­nen Armeen und Ver­bün­de­ten den euro­päi­schen Kon­ti­nent über­rannt und jahr­hun­der­te­al­te Mon­ar­chien ein­fach weg­ge­fegt hatte. 

Die neue Frie­dens­ord­nung, die der Wie­ner Kon­gress nach zähem Rin­gen aus­ge­han­delt hat, wird zwar eini­ger­ma­ßen umge­setzt; aber die neu­en euro­päi­schen Macht­ver­hält­nis­se sind wacklig.

Sämt­li­chen Mon­ar­chen sitzt der “Napoleon”-Schock noch in den Knochen.

König Leo­pold ver­sucht, die brü­chi­ge neue euro­päi­sche Ord­nung zu sta­bi­li­sie­ren — und vor allem das klei­ne Bel­gi­en, das ihn zum König gewählt hat, vor den Macht­ge­lüs­ten der gro­ßen Nach­barn zu schützen.

Er setzt dabei auf das stärks­te Bünd­nis jener Zeit: Aufs ver­nünf­ti­ge Hei­ra­ten, so wie es seit Jahr­hun­der­ten zwi­schen den Herr­scher­häu­sern Euro­pas prak­ti­ziert wor­den ist.

Er selbst hat­te kurz nach sei­ner Thron­be­stei­gung als gewähl­ter König der Bel­gi­er die fran­zö­si­sche Königs­toch­ter Loui­se von Orlé­ans gehei­ra­tet, um even­tu­el­len Begehr­lich­kei­ten des gro­ßen Nach­barn Frank­reich am klei­nen und jun­gen König­reich Bel­gi­en vor­zu­beu­gen.

Sei­nen Cobur­ger Nef­fen Fer­di­nand bringt er bei der por­tu­gie­si­schen Köni­gin Maria II. unter — und selbst­ver­ständ­lich hat er auch Plä­ne für sei­ne Schütz­lin­ge Vic­to­ria und Albert.

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Um her­aus­zu­fin­den, ob sein Nef­fe tat­säch­lich für die schwie­ri­ge Posi­ti­on eines bri­ti­schen Prinz­ge­mahls geeig­net ist — immer­hin wäre er Unter­tan sei­ner Frau -, lässt er sich regel­mä­ßig von des­sen Haus­leh­rer Bericht erstatten.

Als abseh­bar wird, dass Vic­to­ria die neue Köni­gin der Bri­ten wer­den wür­de, schickt er Albert einen sei­ner engs­ten Bera­ter, der einen Maß­nah­men­ka­ta­log für die Erzie­hung des zukünf­ti­gen Prinz­ge­mahls festlegt.

Unter ande­rem wird vorgeschlagen:

“… so ver­langt die Gewis­sen­haf­tig­keit, dass man zuerst ihm das Schwie­ri­ge des Unter­neh­mens von allen Sei­ten dar­stel­le.
Schreckt ihn dies nicht ab, so tre­ten nach mei­ner Mei­nung zwei Not­wen­dig­kei­ten ein. Die ers­te ist die einer plan­mä­ßi­gen, kon­se­quent durch­ge­führ­ten Erzie­hung für sei­ne künf­ti­ge Lauf­bahn mit ste­ter Rück­sicht auf das so eigen­tüm­li­che Land und Volk, und die zwei­te ist die, sich die Nei­gung der Prin­zes­sin noch vor der Bewer­bung zu gewin­nen und die Bewer­bung selbst nur erst auf die­se Nei­gung zu gründen.” 

Die junge Queen Victoria

Vic­to­ria denkt gar nicht dar­an, sich ver­hei­ra­ten zu las­sen. Sie ist froh, dem Ken­sing­ton-Sys­tem ihrer Kind­heit ent­kom­men zu sein, und fürch­tet, dass ein Mann ver­su­chen wür­de, sie wie ihre Mut­ter und deren Bera­ter John Con­roy zu beherrschen. 

Außer­dem hat sie — zu die­ser Zeit nicht unbe­grün­det — Angst vor Schwangerschaften. 

Den Bri­ten ist das zunächst egal und sie jubeln, als sie 1837 ihren grei­sen Onkel Wil­helm IV. beerbt und als blut­jun­ge Queen Vic­to­ria den Thron besteigt. 

Queen Victoria, 1847, Ölgemälde von Franz Xaver Winterhalter
Queen Vic­to­ria, 1847, Ölge­mäl­de von Franz Xaver Win­ter­hal­ter

Nach Geor­ge III., der die letz­ten 20 Jah­re sei­nes Lebens im Deli­ri­um ver­brach­te, sei­nem Sohn Geor­ge IV., der die Bri­ten mit sei­ner Arro­ganz und Maß­lo­sig­keit zur Weiß­glut ärger­te, und schließ­lich sei­nem eher rus­ti­ka­len Bru­der Wil­helm IV., der von Glanz, Eti­ket­te und vor­neh­men Beneh­men unge­fähr so weit ent­fernt war wie die stin­ken­de, mit Schmutz und Unrat über­frach­te­te Them­se der dama­li­gen Zeit von einem Trink­was­ser­res­ser­voir, fei­ern sie ihre jun­ge Köni­gin als Licht­blick nach einem sehr, sehr lan­gen dunk­len Tunnel. 

Die ers­ten zwei Jah­re als Köni­gin schlägt sich Vic­to­ria über­ra­schend gut. 

Zu ihrem gro­ßen Glück fin­det sie in „ihrem“ ers­ten Pre­mier­mi­nis­ter, Lord Mel­bourne, einen väter­li­chen Freund und Rat­ge­ber, der sie bis zu Klei­der­fra­gen geschickt um poli­ti­sche und sons­ti­ge Klip­pen ihres neu­en Köni­gin­nen-Daseins manövriert. 

Dann patzt sie zwei Mal kurz hin­ter­ein­an­der und stol­pert durch zwei Affä­ren, die sie erheb­lich an Anse­hen kosten.

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Ein span­nen­der Roman und ein span­nen­der Blick ins vik­to­ria­ni­sche Lon­don: Ban­ken­kri­sen und poli­ti­sche Intri­gen, der Luxus der Ober­schicht und das Elend der Armen, zusam­men­ge­fasst in einem toll recher­chier­ten und geschrie­be­nen Buch. Einer der bes­ten Roman Fol­letts — lesens­wert!

Ken Fol­lett, Die Pfei­ler der Macht*, Lüb­be, 2015

Die ersten Affären als Königin

Beim ers­ten Skan­dal unter­stellt sie einer Hof­da­me, die an einem Leber­tu­mor erkrankt ist, eine unehe­li­che Schwan­ger­schaft. So viel Herz­lo­sig­keit ihrer jun­gen Köni­gin empört die Briten. 

Poli­tisch gra­vie­ren­der ist aller­dings der zwei­te Skan­dal, die soge­nann­ten „Hof­da­men-Affä­re“. Die beginnt damit, dass sich Vic­to­ria hals­star­rig wei­gert, auch eini­ge Damen als Hof­da­men zu akzep­tie­ren, die zur poli­ti­schen Par­tei der Torys gerech­net werden.

Die Wahl der Hof­da­men sei ihre Pri­vat­an­ge­le­gen­heit.
Fin­det sie und beharrt auf ihrem Irr­tum, denn pri­vat ist für eine bri­ti­sche Köni­gin — Groß­bri­tan­ni­en ist seit Jahr­hun­der­ten eine kon­sti­tu­tio­nel­len Mon­ar­chie — so gut wie gar nichts.

Zwar schafft sie es durch ihre Wei­ge­rung ihren Lieb­lings-Pre­mier Mel­bourne, der zur Par­tei der Whigs gehört, im Amt zu hal­ten, denn sein Tory-Kon­kur­ren­ten und desi­gnier­ter Nach­fol­ger, Sir Robert Peel, will ohne könig­li­che Hof­da­men, die sei­ner Par­tei nahe ste­hen, nicht antre­ten und zieht sich schmol­lend zurück.

Aber der Scha­den ist ange­rich­tet und der par­la­men­ta­ri­sche Betrieb Groß­bri­tan­ni­ens durch die Köni­gin höchst­per­sön­lich beträcht­lich ins Stol­pern gera­ten.Dar­über ist das Volk not amu­sed.

Die „Hof­da­men-Affä­re“ wird in der Öffent­lich­keit als gro­be Ein­mi­schung der Köni­gin in die Ange­le­gen­hei­ten des Par­la­ments gese­hen und dort hat Vic­to­ria gemäß des bri­ti­schen Bills of Right nichts zu suchen.

Sie sol­le sich end­lich ver­hei­ra­ten, ist eine For­de­rung, die immer häu­fi­ger auf der Stra­ße, in der Pres­se und in den fei­nen Salons und Clubs zu lesen und zu hören ist.

Ein Ehe­mann, so die all­ge­mei­ne Hoff­nung, könn­te sie viel­leicht etwas mäßi­gen, denn mit zuneh­men­dem Selbst­be­wusst­sein ent­wi­ckelt Vic­to­ria auch den Eigen­sinn, für den sie spä­ter berühmt und berüch­tigt sein wird.

Onkel Leo­polds akri­bisch vor­be­rei­te­ter Plan für Nich­te und Nef­fe nimmt Fahrt auf.

Copy­right: Agen­tur für Bild­bio­gra­phien, www​.bild​bio​gra​phien​.de, 2017, über­ar­bei­tet 2024

Lesen Sie im nächs­ten Bei­trag:Albert ist wirk­lich so über­mä­ßig attrak­tiv, so schö­ne Augen und eine exqui­si­te Nase und so ein hüb­scher Mund. Eine schö­ne Figur, breit in den Schul­tern mit einer fei­nen Tail­le.“ Kein Zwei­fel — Köni­gin Vic­to­ria ist ver­liebt. Aber wie wird sich der deut­sche Prinz Albert ent­schei­den?
Die Groß­mutter Euro­pas (3): Vic­to­ria und Albert 

Buch- und Hörempfehlungen:

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Es ist ein Skan­dal, als Char­lot­te Bron­tё, die ältes­te der Bron­tё-Schwes­tern, 1850 im Vor­wort zu Emi­lys “Wut­he­ring Heights” (Sturm­hö­he) ver­rät, dass sich hin­ter ihren männ­li­chen Autoren-Pseud­ony­men drei Frau­en ver­ber­gern. Denn die Bücher der drei Schwes­tern waren bereits damals gefei­er­te Best­sel­ler — und sind es bis heu­te.
Die bewe­gen­de Lie­bes­ge­schich­te der jun­gen Gou­ver­nan­te Jane Eyre, die sich in den mys­te­riö­sen Mr. Roches­ter ver­liebt, ist tief­grün­dig und lie­fert gleich­zei­tig einen span­nen­den Ein­blick übers Den­ken und Füh­len im vik­to­ria­ni­schen Zeit­al­ter. Auch heu­te noch ein Roman zum Sich-Ver­lie­ren und Ver­lie­ben …

Char­lot­te Bron­tё, Jane Eyre*, ‎ dtv Ver­lags­ge­sell­schaft mbH & Co. KG;, 2014

Vic­to­ria & Albert mit deut­lich weni­ger Bling-Bling als bei ande­ren Ver­fil­mun­gen, dafür aber mit einem sehr genau­en Blick auf die Vor­ge­schich­te der bei­den, Alberts Schwie­rig­kei­ten, sich in sei­ner Rol­le als titel­lo­ser Ehe­mann der Köni­gin zurecht­zu­fin­den, und Vic­to­ria als Herr­sche­rin eines Welt­reichs, die gleich­zei­tig eine lie­ben­de Ehe­frau ist. Sehens­wert!
Vic­to­ria — Staf­fel 1*, Edel Music & Enter­tain­ment GmbH, 2017, 5 Stun­den und 48 Minuten 

Nicht nur die gro­ßen Seu­chen, son­dern auch die Krank­hei­ten der Mäch­ti­gen
haben Geschich­te geschrie­ben.
Medi­zin­his­to­ri­ker Gers­te schreibt fak­ten­reich und amü­sant wie Krank­hei­ten Welt­ge­schich­te gemacht — oder zumin­dest beein­flusst — haben. Ein groß­ar­ti­ges Buch und sehr lesens­wert für alle, die sich für Geschich­te inter­es­sie­ren.

Roland D. Gers­te, Wie Krank­hei­ten Geschich­te machen: Von der Anti­ke bis heu­te*, Klett-Cot­ta, 2019

5000 Jah­re Welt­ge­schich­te:
Das bril­lan­te Begleit­buch der sechs­tei­li­gen ZDF-Rei­he von Hans-Chris­ti­an Huf und Gero von Boehm, wun­der­bar und augen­zwin­kernd gespro­chen von Hape Ker­ke­ling.
Uner­reicht hörens­wert!

Hans-Chris­ti­an Huf, Gero von Boehm, Unter­wegs in der Welt­ge­schich­te*, Ran­dom House Audio, 2011

Ein span­nen­des Buch über die Zeit,
als alle, die in Euro­pa Rang und Namen hat­ten (… und etwas zu sagen …)
mit­ein­an­der ver­wandt waren. Sehr unter­halt­sam und mit fei­ner Iro­nie geschrie­ben — sehr infor­ma­tiv und lesens­wert!

Leon­hard Horow­ski, Das Euro­pa der Köni­ge*, Rowohlt Buch­ver­lag, März 2017, 1120 Seiten

Wei­ter­füh­ren­de Beiträge:

Mit “Mut­ter­lie­be” hat­te der fran­zö­si­sche Phi­lo­soph Jean-Jac­ques Rous­se­au nichts im Sinn, als er 1762 sei­nen Roman “Emi­le oder über die Erzie­hung” ver­öf­fent­lich­te. Eigent­lich woll­te er mit sei­nem Roman ein Zei­chen gegen die abso­lu­tis­ti­sche Stän­de­ge­sell­schaft set­zen, die ihn anwi­der­te. Doch dann kommt die Fran­zö­si­sche Revo­lu­ti­on und Mut­tet­schaft wird bald zum ein­zi­gen Lebens­in­halt von Frau­en.
Die Erfin­dung der Mut­ter­lie­be

Das Ken­sing­ton-Sys­tem: Vic­to­ri­as Leben fängt mehr als beschei­den an, ohne Vater und mit einer Mut­ter, die sie als eine Art Faust­pfand für die eige­ne Zukunft betrach­tet. Zwei Onkel bestim­men Vic­to­ri­as Schick­sal: Ihr selt­sa­mer Onkel Geor­ge, den sie auf dem bri­ti­schen Thron beer­ben wird, und Onkel Leo­pold, der sich um ihr Lebens­glück und ihre Zukunft küm­mert.
Die Groß­mutter Euro­pas (I)

Die fran­zö­si­sche Revo­lu­ti­on, Napo­le­on und die gro­ße Lie­be: Mut­ter­lie­be, wah­re Lie­be und das Schei­dungs­recht kamen in Kon­ti­nen­tal-Euro­pa als Fol­ge der fran­zö­si­schen Revo­lu­ti­on und mit Napo­le­on in Mode. Mehr über die “neu­en” gro­ßen Gefüh­le:
Mätres­sen­wirt­schaft, Revo­lu­ti­on und die gro­ße Liebe

Lie­be: Wer kennt es nicht, wenn sich der Liebs­te nach weni­gen Wochen plötz­lich rar­macht, um Bedenk­zeit bit­tet, selt­sa­me Erklä­run­gen stam­melt und schließ­lich zu einer ande­ren ent­schwin­det? Fremd­ge­hen hat nicht immer etwas mit Lie­be zu tun: For­scher sind einem Casa­no­va-Gen auf der Spur, das Men­schen anfäl­lig für Affä­ren macht.
Ist Fremd­ge­hen angeboren?

Bild­nach­wei­se:

Ori­gi­nal: Leo­pold I., König der Bel­gi­er, Gemäl­de von Franz Xaver Win­ter­hal­ter, gemein­frei
Prin­zes­sin Vic­to­ria im Alter von vier Jah­ren, 1823, von Ste­phen Poyn­tz Den­ning (1795–1864) — Dul­wich Col­lege Pic­tu­re Gal­lery, Gemein­frei
Albert von Sach­sen-Coburg und Gotha, Litho­gra­phie von Franz Hanf­staengl, 1840, Gemein­frei
Vic­to­ria, 1847, Ölge­mäl­de von Franz Xaver Win­ter­hal­ter — Ori­gi­nal pain­ting owned by the Roy­al Coll­ec­tion. Source of pho­to­graph unknown, Gemeinfrei

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