
Madame de Pompadour, détail du visage (1721–1764), Wallace Collection
Sex und Politik: Im Absolutismus war es die Mätressenwirtschaft, die die Weltgeschichte maßgeblich beeinflusst hat. Denn den Königen und Aristokraten war das politische Tagesgeschäft oft zu mühsam — sehr zur Freude ihrer Geliebten, die manchmal viel Vergnügen an Macht, Einfluss und am Regieren hatten.
Die berühmteste und einflussreichste „maîtresse en titre“ in der Geschichte war die Marquise de Pompadour, die legendäre Mätresse des französischen Königs Ludwig XV.
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“L’état c’est moi”
Unglaubliche 72 Jahre lang saß er auf dem Thron, und in dieser Zeit hat er der Welt ein neues Gesicht gegeben: der Sonnenkönig, oder auch Louis le Grand wie in die Franzosen nennen (französisch Louis XIV, 1638 – 1715).
![]() Ludwig XIV. im Krönungsornat (Porträt von Hyacinthe Rigaud, 1701) Von Unbekannt – wartburg.edu, Gemeinfrei “Allein schon für dieses Porträt des Malers Hyacinthe Rigaud lohnt Ihre Reise nach Versailles, lieber Leser. L’état c’est moi in vollendeter Gestalt. So sieht ein wirklich prachtvoller, fleischgewordener Staat aus. |
Das absolutistische System des Sonnenkönigs funktionierte für ihn und seine Nachfolger lange Zeit gut, der jeweilige Louis hatte seine Ruhe und seine unangefochtene Stellung, die aristokratischen Höflinge wurden beschäftigt, amüsiert und durchgefüttert.
Zum Amüsement gehörte natürlich auch Sex.
Besonders in den vornehmen Häusern des Adels war man seit Jahrhunderten daran gewöhnt, auf der Basis von politischen, wirtschaftlichen oder dynastischen Erwägungen verheiratet zu werden; stets ungefragt und oft noch während der Pubertät. Den eigentlichen Spaß, so ist es viele Jahre und Jahrzehnte üblich, holt man sich außer Haus.
Die Geliebten einflussreicher Männer hatten ihrerseits viel Einfluss, wenn sie klug genug waren, und alle wussten das. Die jeweils aktuelle wichtigste Geliebte des französischen Königs wurde dem Königshof sogar offiziell als maîtresse en titre vorgestellt.
Eine der einflussreichsten Mätressen der Weltgeschichte war die Geliebte seiner Majestät Ludwig XV. (Louis quinze, 1710 – 1774), die Marquise de Pompadour.
Wie man einen König erobert

Marquise de Pompadour, François Boucher, 1756 – Unbekannt, Gemeinfrei
Jeanne Antoinette Poisson, die spätere Marquise de Pompadour, braucht mehrere Anläufe, viel Ausdauer und Zielstrebigkeit, bis es ihr endlich gelingt, den König kennenzulernen.
Es ist der Liebhaber ihrer Mutter (und vermutlich Jeannes leiblicher Vater), der schließlich für den entscheidenden Schritt auf ihrer Karriereleiter sorgt: Er arrangiert die Hochzeit von Jeanne mit seinem Neffen.
Jeanne Antoinette wird 1721 als Bürgerliche geboren.
Ihre Familienverhältnisse sind nicht ganz geklärt, ihr biologischer Vater ist vermutlich einer der Liebhaber ihrer Mutter.
Jeannes offizieller Vater Poisson (Poisson zu Deutsch: Fisch) ist ein Finanzmann, der durch nicht immer ganz saubere Geldgeschäfte den pompösen Lebensstil des stets überschuldeten Hofstaats mitfinanziert.
Ihre Mutter ist eine stadtbekannte Mätresse, die mit Einwilligung ihres Mannes Affären mit zahlreichen wichtigen Männern hat.
Als junges Mädchen erlebt Jeanne, wie ihr offizieller Vater wegen dubioser Finanzgeschäfte in Misskredit kommt und nach Hamburg fliehen muss, um einer drohenden Todesstrafe zu entkommen.
Die Flucht des Vaters bedeutet für sie und ihre Mutter auch einen finanziellen Absturz und eine Zeit lang leben beide in vergleichsweise bescheidenen Verhältnissen. Aber Jeanne Antoinette ist hübsch, intelligent, ehrgeizig und begabt, und ihr vermutlich leiblicher Vater beginnt, sich für sie zu interessieren. Sie erhält eine gute Schulbildung, außerdem Gesangs-, Schauspiel- und Tanzunterricht, und wird zu einer Art Kinderstar, der in den feinen Pariser Salons als Sängerin und Mimin herumgereicht wird.
Schließlich arrangiert er Jeannes Hochzeit mit seinem Neffen.
Die Ehe bringt ihr zwar immer noch keinen Adelstitel (und damit die Eintrittskarte in die “bessere” Adels-Gesellschaft), aber immerhin das Schlösschen Etiolles, das in unmittelbarer Nachbarschaft von Schloss Choisy liegt, dem Jagdschloss des Königs.
Denn Jeanne hat einen Plan: Trotz Ehe und kleiner Tochter will sie keine brave Ehefrau und Mutter sein, das liegt ihr nicht. Wie ihre Mutter will sie die Mätresse eines einflussreichen Mannes werden, aber nur in der B-Liga will sie nicht spielen.
Das Objekt ihrer Ziele: der König. Ein verwegener Plan für eine Bürgerliche.
Die Eroberung des Königs ist damit nur noch ein Frage der Zeit. Als Jeanne Antoinette erfährt, dass der König und seine Gesellschaft zur Jagd nach Choisy gekommen sind, ‘parkt’ sie ihre Kutsche auf einem Waldweg so, dass sie der könglichen Jagdgesellschaft den Weg versperrt. Sie drapiert sich in eine auffällige Robe und wartet.
Das Warten lohnt sich. Der König, durch die Kutsche am Weiterreiten in sein Jagdrevier gehindert, hält an, sieht sie und ist sofort Feuer und Flamme.
Man plaudert und Jeanne Antoinette erhält eine Einladung für den nächsten Hofball in Versailles.
Wenige Bälle später wird sie die Geliebte Ludwigs, kurz darauf, im Jahr 1744, mit 23 Jahren als erste Bürgerliche seine offizielle „maîtresse en titre“.
maîtresse en titre

Portrait of Louis XV of France (1710–1774), Maurice Quentin de La Tour (1748), Louvre Museum, Gemeinfrei
Jeannes Eroberung Ludwig XV. (Louis quinze, 1710 – 1774) ist der Großvater jenes unglücklichen 16. Ludwigs, der 1792 in den Wirren der französischen Revolution seinen Kopf verlieren wird.
Aber noch begehrt der Dritte Stand nicht auf, die absolutistische Ständegesellschaft funktioniert, die Welt der französischen Aristokratie ist heil.
Beinahe zumindest: Als Louis im Jahr 1744 seine Jagderoberung Jeanne Antoinette seiner Gattin und dem Hofstaat als seine neue offizielle „maîtresse en titre“ vorstellt, kommt es fast zur Palast-Revolte.
Man ist empört!
Nicht über die neue Mätresse – der König schwört der Mätressenwirtschaft immer nur dann ab, wenn er ernsthaft krank ist oder eine seiner Geliebten stirbt -, sondern darüber, dass er sich dieses Mal eine Bürgerliche auserkoren hat.
Ludwig XV., vom Volk lange Zeit als “der Vielgeliebte” bezeichnet, ist ein gut aussehender Mann mit leichtem Hang zur Melancholie. Mit seiner Frau, Königin Maria Leszczynska, hält er schon lange keinen Beischlaf mehr (das ist bei Hofe eine öffentliche Angelegenheit, deswegen weiß es auch jeder); die Thronfolge ist gesichert, und Ludwig vergnügt sich mit seinen Favoritinnen, allen voran seiner langjährigen offizielle Mätresse Marie Anne de Mailly, und ihren Schwestern.
Nun also diese neue, eine Bürgerliche, die dafür sorgt, dass der “niedere Stand” auch in eine der letzten Bastionen des Adels einbricht.
Während die Höflinge in heller Aufregung sind, nimmt es die Königin gelassen: Mit den Worten „Besser die als eine andere“ soll sich Ludwigs Ehefrau mit der neuen Mätresse ihres Mannes — und ihrer neuen Hofdame als besondere Anerkennung für die Geliebte — abgefunden haben.
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Von Herrscherinnen umzingelt: Friedrich der Große
“Nur eine kurze Affäre”, hoffen die adligen Höflinge, doch zwischen dem König und seiner frisch geadelten 23jährigen Madame de Pompadour scheint es echte Liebe zu sein.
Zumindest gutes Teamwork. Als offizielle Mätresse lebt sie in Gemächern, die nahe bei denen des Königs liegen, und arbeitet sich mit Fleiß und Akribie nicht nur in die Feinheiten der höfischen Intrigen, sondern auch in die Staatsgeschäfte Frankreichs ein. Zwanzig Jahre lang, bis zu ihrem Tod 1764, bleibt die Marquise de Pompadour die Hauptgeliebte und engste Beraterin des Königs.
Wer etwas von ihm will, wendet sich lieber gleich an sie und nicht an seine Minister. Das gilt auch für Könige und Staatsmänner.

Flötenkonzert Friedrichs II. in Sanssouci (Gemälde von Adolph Menzel, 1850–52) Von Adolph Menzel, Gemeinfrei
Ein Umstand, über den sich Preußens König Friedrich II. — Friedrich der Große — maßlos ärgert und der dazu führt, dass er sich bei seinem Vertrauten Voltaire bitter über die Pompadour beklagt.
Ausgerechnet bei dem. Die Pompadour ist nicht nur klug und charmant, sondern auch einflussreich und wohlhabend. Und eine wichtige Mäzenin — vorausschauend, wie sie ist, unterstützt sie natürlich die großen Künstler und Denker ihrer Zeit finanziell, darunter Rousseau und auch Voltaire.
Kurze Zeit später bekommt Friedrich Ärger mit Frankreich, und das liegt wohl auch daran, dass er sich mit der Pompadour nicht gut gestellt hat.
Der Dichterfürst kann einfach nicht mit Frauen, schon gar nicht mit mächtigen.
Auch mit den anderen beiden Herrscherinnen seiner Zeit verscherzt er es sich: Die russische Zarin Katharina die Große, vergrätzte er damit, dass er sie öffentlich als „wollüstig“ bezeichnet, und mit Österreichs Kaiserin Maria Theresia gibt es sowieso ständig Zoff.
Möglicherweise ist es kein Zufall, dass Friedrichs Armeen während des Siebenjährigen Krieges gegegen die Soldaten der drei mächtigsten Frauen der Welt in jener zeit kämpfen müssen.
Verlust und Tod
Doch auch die Pompadour ist nicht unangreifbar.
1754 stirbt ihr einziges Kind Alexandrine, das kleine Mädchen aus ihrer kurzen Ehe, im Alter von zehn Jahren.
Jeanne Antoinette hat ihre Tochter fast nie gesehen, hing allerdings sehr an ihr und betrauert ihren Tod. Das umso mehr, da sie offenbar keine weiteren Kinder bekommen kann. Nach mehreren Fehlgeburten ist offensichtlich, dass sie von Ludwig kein Kind haben wird.
Der Siebenjährige Krieg, von der Pompadour politisch gewollt und massiv unterstützt, wird für Frankreich zum Debakel, schwächt das Land, nimmt ihm die Position als Weltmacht und leert die Staatskassen.
Im Volk rumort es, und Ludwig der 15., einst der “Vielgeliebte”, verliert an Ansehen.
Der eigentliche Volkszorn trifft allerdings die Pompadour, schließlich gilt sie nicht ohne Grund als Strippenzieherin am Hof.
Der siebenjährigen Krieg (1756 — 1763) ist ein mehrmaliges und fürchterliches Blutvergießen, eine Art inoffizieller Weltkrieg, in dem Österreich, Frankreich, Russland, Schweden, Spanien und Sachsen gegen Briten, Preußen, Hannover, Hessen-Kassel, Braunschweig und Gotha kämpften — nicht nur in Europa, sondern auch in Afrika, Indien und Nordamerika. |
Die ständigen Anfeindungen setzen ihr zu, zudem wirft ihr der König vor, ihr fehle das Feuer, das er brauche.
Vermutlich wegen einer Geschlechtskrankheit leidet sie unter Schmerzen, versucht aber tapfer, ihr Feuer durch Selleriesüppchen, Trüffel und andere aphrodisierende Speisen erneut zu entfachen.
Es nützt nichts.
Sie ist vierzig Jahre alt, ihre Schönheit beginnt zu welken, vermutlich leidet sie auch an Tuberkulose.
Doch ihr größtes Unglück ist, dass sie die Liebe ihres Königs verliert: Er wird Vater eines Sohnes — dem Kind einer anderen. Louis hat sich in die zwanzigjährige Anne Coupier verliebt, eine Bürgerliche, der er ein Haus außerhalb des Palastes bauen lässt.
Eifersüchtig beobachtet die Pomapdour ihre Rivalin und deren kleinen Sohn. Ihre Eifersucht ist existenziell: Mit großer Sorge fürchtet sie, ihren Titel als „maîtresse en titre“ aberkannt zu bekommen und vom Hof gejagt zu werden.
Der Tod kommt allem zuvor: Im April 1764 stirbt sie an einer Lungenentzündung und hat die zweifelhafte Ehre, als erste Mätresse in der Geschichte Frankreichs aus den königlichen Gemächern von Versailles zu Grabe getragen zu werden.
Sie wurde 43 Jahre alt.
Copyright: Agentur für Bildbiographien, www.bildbiographien.de, 2017
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Geschichte spannend und witzig erzählt. 270 sehr unterhaltsame Minuten gemeinsam mit Hape Kerkeling unterwegs in der Weltgeschichte. |
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Weiterführende Links zum Thema Liebe:
Nicht immer fügen sich arrangierte Ehen, manchmal gehen Heiratshändel auch gründlich schief. So beispielsweise beim Prince of Wales und späteren britischen König George IV., der sich mit seinem aufwändigen Lebensstil fast ruiniert und schließlich in einen Heiratshandel mit dem Parlament einwilligen muss: Seine Schulden werden bezahlt, dafür heiratet er seine Cousine Caroline von Braunschweig. Das einzige Problem: Das Brautpaar kann sich nicht ausstehen …
Szenen einer arrangierte Ehe
Mit “Mutterliebe” hat der französische Philosoph Jean-Jacques Rousseau nichts im Sinn, als er 1762 seinen Roman “Emile oder über die Erziehung” publiziert, eigentlich wollte er ein Zeichen gegen die festzementierte absolutistische Ständegesellschaft setzen, die ihn anwidert.
Rund 40 Jahre später ist Rousseau posthum zum Helden der Französischen Revolution geworden und “Emile” zur Grundlage moderner Erziehung.
Lesen Sie mehr über Umbrüche und Aufbrüche in Sachen Liebe:
Die Erfindung der Mutterliebe
Napoleon Bonaparte betritt die große Weltbühne, überrennt mit seinen Armeen halb Europa und hinterlässt außer blutigen Schlachtfeldern auch die Grundlage unserer modernen Rechtssprechung. Mit dabei ist das Scheidungsrecht, das neben der Mutterliebe die Basis für ein neues Gefühl schaffen wird: die große Liebe.
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Bildnachweise:
- Madame de Pompadour, détail du visage (1721–1764), Wallace Collection, Gemeinfrei
- Marquise de Pompadour, François Boucher, 1756 — Unbekannt, Gemeinfrei
- Ludwig XIV. im Krönungsornat (Porträt von Hyacinthe Rigaud, 1701) Von Unbekannt – wartburg.edu, Gemeinfrei
- Portrait of Louis XV of France (1710–1774), Maurice Quentin de La Tour (1748), Louvre Museum, Gemeinfrei
- Flötenkonzert Friedrichs II. in Sanssouci (Gemälde von Adolph Menzel, 1850–52) Von Adolph Menzel — WAFEF2zy8Ym8vQ at Google Cultural Institute, zoom level maximum, Gemeinfrei