Hamburg 1943: Die Operation Gomorrha

Hamburg im 2. Weltkrieg - die Operation Gomorrha 1943 www.generationengespräch.de

Ham­burg 1943: Im Juli 1943 wer­fen bri­ti­sche und US-ame­ri­ka­ni­sche Flug­zeu­ge 9000 Ton­nen Bom­ben über Ham­burg ab — zunächst Wohn­block­kna­cker, anschlie­ßend Brand­bom­ben.

In der Nacht zum 28. Juli 1943 ent­zün­den sie dadurch im Ham­bur­ger Osten einen Feu­er­sturm, in dem über 30.000 Men­schen sterben.

Hamburg im Juli 1943

Im Ham­bur­ger Osten lie­gen die Vier­tel der klei­nen Leute. 

In Hamm und Borg­fel­de leben über­wie­gend Hand­wer­ker und Beam­te, im Bill­wer­der Aus­schlag und in Ham­mer­brook Arbei­ter­fa­mi­li­en — dicht gedrängt, kin­der­reich, mit Kanin­chen­stäl­len, Zink­wan­nen und Koh­len­sä­cken auf den schma­len Balkons.

Es ist 1943, das fünf­te Kriegs­jahr, eine schwie­ri­ge Zeit.
Die Kapi­tu­la­ti­on der 6. Armee Ende Janu­ar 1943 nach der grau­en­vol­len und wochen­lan­gen Schlacht um Sta­lin­grad war für vie­le Deut­sche die psy­cho­lo­gi­sche Wen­de die­ses Krieges.

Auch wenn Pro­pa­gan­da­mi­nis­ter Joseph Goeb­bels für sei­ne Sport­pa­last­re­de am 18. Febru­ar 1943 , in der eine auf­ge­heiz­te Men­schen­men­ge in den “tota­len Krieg” peitscht, fre­ne­ti­schen Jubel ern­tet, glau­ben vie­le jetzt nicht mehr an den “End­sieg”.

Seit Sta­lin­grad treibt die Roten Armee die Deut­sche Wehr­macht an der Ost­front Rich­tung Wes­ten — die Pro­pa­gan­da spricht von not­wen­di­gen “Front­be­gra­di­gun­gen”.
Anfang Juli 1943 lan­den alli­ier­te Streit­kräf­te in Sizi­li­en gelan­det und kämp­fen sich seit­dem durch Ita­li­en in Rich­tung Norden. 

Doch die Angst vor der „rasen­den Rach­sucht“ der Bol­sche­wis­ten und die Wut über den „anglo­ame­ri­ka­ni­schen Bom­ben­ter­ror“ lässt die Deut­schen durch­hal­ten und weitermachen.

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Der Abend des 27. Juli 1943, ein Diens­tag, ist unge­wöhn­lich warm.

Über­all sind Fens­ter und Türen weit geöff­net, vie­le Ham­bur­ge­rin­nen und Ham­bur­ger nut­zen die laue Som­mer­nacht für einen Abend­spa­zier­gang, Cafés und Knei­pen sind gut besucht. 

Gera­de ein­mal 72 Stun­den ist der letz­te Bom­ben­an­griff auf den Ham­bur­ger Wes­ten her, aber eine gewis­se Gleich­mut gehört zum Kriegs­all­tag; anders wür­de man ver­rückt werden.

Um 23.38 Uhr wird der Anflug eines gro­ßen Bom­ber­ver­ban­des auf Ham­burg gemeldet.

Die 80 Flak- und 22 Schein­wer­fer­stel­lun­gen, die Deutsch­lands wich­tigs­te Hafen­stadt schüt­zen sol­len, wer­den in Posi­ti­on gebracht, in der gan­zen Stadt heu­len Sire­nen, drei an- und abschwel­len­de Signa­le — Fliegeralarm. 

Über den Rund­funk wird die Bevöl­ke­rung auf­ge­for­dert, die Luft­schutz­kel­ler aufzusuchen.

Am frü­hen Mitt­woch­mor­gen, um exakt 1.02 Uhr des 28. Juli 1943, fällt die ers­te Brand­bom­be aus dem Bauch einer bri­ti­schen Lan­cas­ter auf Hamburg.

Die Silhouette eines britischen Bombers am Himmel über Hamburg im Juli 1943. Photograph C 3371 from the collections of the Imperial War Museums, Gemeinfrei
Die Sil­hou­et­te eines bri­ti­schen Bom­bers am Him­mel über Ham­burg im Juli 1943. Pho­to­graph C 3371 from the coll­ec­tions of the Impe­ri­al War Muse­ums, Gemeinfrei

Luftkrieg

An die Frau­en und Kin­der, Groß­vä­ter und Groß­müt­ter, die sie mit ihrer Fracht in weni­gen Augen­bli­cken töten wer­den, den­ken die jun­gen Pilo­ten, Navi­ga­to­ren, Fun­ker und Bom­ben­schüt­zen nicht, wenn sie in ihren sti­cki­gen und brül­lend lau­ten Maschi­nen sit­zen, ein­ge­pfercht in 4000 Metern über dem Erd­bo­den, sich durch­rüt­teln las­sen und um ihr Leben zittern.

Es sind jun­ge Män­ner, die meis­ten kaum 20 Jah­re alt — Idea­lis­ten, Nazi-Geg­ner und Aben­teu­rer; Sol­da­ten, die ihre Hei­mat ver­tei­di­gen, Hel­den, manch­mal auch ein­fach nur gro­ße Jungs, die sich vor ihrem lebens­be­droh­li­chen Ein­satz aus purer Angst die See­le aus dem Leib kotzen.

Und danach zum Dienst antre­ten und in ihre Maschi­nen stei­gen.
Crew­mit­glied bei der bri­ti­schen Roy­al Air Force (RAF) zu sein, ist nach wie vor ein Him­mel­fahrts­kom­man­do im wahrs­ten Sin­ne des Wortes.

B-17 Flying Fortress, gemeinfrei
B‑17 Fly­ing Fort­ress, gemeinfrei

Seit August 1940, nach dem ers­ten Bom­ben-Angriff von Görings Luft­waf­fe auf Lon­don, flie­gen sie.

Die lan­ge Stre­cke über die Nord­see ist eine Her­aus­for­de­rung, aber sobald die bewäl­tigt ist, wer­den die Flaks und Abfang­jä­ger der Deut­schen für vie­le zum töd­li­chen Verhängnis. 

In den ers­ten Jah­ren haben vie­le RAF-Kom­man­dos eine Ver­lust­ra­te von bis zu 90 Prozent.

Die Bom­bar­de­ments der Roy­al Air­force waren lan­ge Zeit nichts mehr als psy­cho­lo­gi­sche Nadel­sti­che und kei­ne ernst­haf­te Bedro­hung für das an „Blitz­krieg“ und “Blitz­sieg” gewöhn­te Drit­te Reich

Der Zwei­te Welt­krieg hat­te die Bri­ten bis ins Mark getrof­fen.
Sie stan­den mit dem Rücken zur Wand: Ab der Kapi­tu­la­ti­on Frank­reichs im Juni 1940 bis zum “Unter­neh­men Bar­ba­ros­sa”, dem deut­schen Über­fall auf Sta­lins Sowjet­uni­on am 22. Juni 1941, war Groß­bri­tan­ni­en ein gan­zes Jahr lang der ein­zi­ge ver­blie­be­ne Kriegs­geg­ner des Drit­ten Reichs.

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Was wäre gewe­sen, wenn …
Hit­ler den Krieg gewon­nen hät­te und Groß­deutsch­land vom Rhein bis zum Ural rei­chen wür­de?
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Robert Har­ris, Vater­land*. Hey­ne Ver­lag, 2017 

Bomber Harris” und seine neue Strategie

Das änder­te sich erst, mit dem Über­fall der Deut­schen auf die Sowjet­uni­on und vor allem ab Ende 1941, als Hit­ler nach Pearl Har­bour auch den USA den Krieg erklärte.

Für die Bri­ten bedeu­te­te der neue, nun auch offi­zi­el­le Ver­bün­de­te USA (Prä­si­dent Roo­se­velt hat­te die Bri­ten bis dahin nur mit Waf­fen und Aus­rüs­tung unter­stützt), die immens wich­ti­ge Ver­stär­kung an Mensch und Material. 

Tags­über beherr­schen seit­dem die Flug­zeu­ge der United Sta­tes Army Air Forces (USAAF) den Him­mel über Deutsch­lands Wes­ten bis Ber­lin und zer­stö­ren vor allem Stra­ßen, Eisen­bahn­li­ni­en und Fabriken. 

Nachts sind die Bom­ber der RAF mit ihren töd­li­chen Ladun­gen über den Wohn­ge­bie­ten der gro­ßen Städ­te unter­wegs — und brin­gen den Krieg und uner­mess­li­ches Leid in die deut­schen Städte.

Ruhrgebiet, Luftschutzstollen während Fliegeralarm, Zentralbild II. Weltkrieg 1939 - 45 Luftschutzstollen im Ruhrgebiet, um 1943. Während eines Fliegeralarms, Ruhrgebiet, 1943, Photographer Unknown
Ruhr­ge­biet, Luft­schutz­stol­len wäh­rend Flie­ger­alarm, Zen­tral­bild II. Welt­krieg 1939 — 45 Luft­schutz­stol­len im Ruhr­ge­biet, um 1943. Wäh­rend eines Flie­ger­alarms, Ruhr­ge­biet, 1943, Pho­to­grapher Unknown 

Es geht schon längst nicht mehr nur dar­um, kriegs­wich­ti­ge Indus­trie­an­la­gen und die deut­sche Infra­struk­tur lahm­zu­le­gen, son­dern um die Demo­ra­li­sie­rung der Zivilbevölkerung.

Seit 14. Febru­ar 1942 gilt die “Area Bom­bing Direc­ti­ve, also das Flä­chen­bom­bar­de­ment von Sied­lungs­ge­bie­ten. Im Klar­text geht es von nun an um das Zer­stö­ren von Wohn­häu­sern. Und um’s Töten.

Ange­wen­det wird die Direk­ti­ve das ers­te Mal am 29. März 1942 bei der Bom­bar­die­rung Lübecks. 320 Men­schen ster­ben — “ein groß­ar­ti­ger Erfolg”, wie Bom­ber Com­mand Har­ris spä­ter sagt.

„Bereits am 27. Mai 1943 hat der Chef der bri­ti­schen Bom­ber­flot­te, Arthur “Butch” Har­ris, im streng gehei­men Ein­satz­be­fehl Nr. 173 sei­ne Plä­ne für die Hafen­stadt in schmerz­haf­ter Knapp­heit for­mu­liert: “Absicht: Ham­burg zer­stö­ren.” Ob er dabei an einen Feu­er­sturm dach­te, ist unklar. Aber seit Lan­gem expe­ri­men­tiert die Roy­al Air Force mit unter­schied­li­chen Abwurf­mus­tern und Muni­ti­ons­mi­schun­gen, um Städ­te mög­lichst effi­zi­ent in Brand zu setzen.” 

Aus: Geo Epo­che PANORAMA — Ham­burg. Die Geschich­te der Stadt in his­to­ri­schen Fotos*

Eine Stadt wird angezündet

Rund 700 Flug­zeu­ge nähern sich in der Nacht zum 28. Juli 1943 Ham­burg; eine 325 Kilo­me­ter lan­ge For­ma­ti­on, die als Bom­ber­strom bezeich­net wird. 

An Bord gibt es eini­ge tech­ni­sche Neue­run­gen, die den Bom­ber­strom im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes brand­ge­fähr­lich machen: Erst seit Früh­jahr 1943 haben eini­ge RAF-Maschi­nen eine Art Radar an Bord, die eine pri­mi­ti­ve Ori­en­tie­rung — Was­ser, Land, Stadt — ermöglicht. 

Neu ist auch, dass eng­li­sche Boden­sta­tio­nen Peil­strah­len in den deut­schen Luft­raum schi­cken kön­nen, an dem sich die Flug­zeug-Navi­ga­to­ren orientieren. 

In den Jah­ren zuvor flo­gen die Mann­schaf­ten aus­schließ­lich auf Sicht und in dunk­len und wol­ken­ver­han­ge­nen Näch­ten mehr oder min­der blind — was bei­spiels­wei­se dazu führ­te, dass mehr als ein Dut­zend Angrif­fe, die eigent­lich Kiel oder Lübeck gal­ten, ver­se­hent­lich Ham­burg trafen.

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Micha­el Scha­per (Her­aus­ge­ber): Geo Epo­che PANORAMA — Ham­burg. Die Geschich­te der Stadt in his­to­ri­schen Fotos*, Taschen­buch Sep­tem­ber 2016

Völ­lig über­rum­pelt wird die deut­sche Jäger­leit­zen­tra­le in Sta­de in die­ser Nacht von einem Lamet­ta-Regen, der plötz­lich rund 50 Kilo­me­ter vor der deut­schen Küs­te über der Nord­see niedergeht.

Es sind Strei­fen aus Sta­ni­ol-Papier, exakt so zuge­schnit­ten, dass sie durch Refle­xi­on unzäh­li­ge Rada­rechos erzeu­gen und dadurch die deut­schen Radar­ge­rä­te blen­den und nutz­los machen. 

Jagd­flie­ger stei­gen auf, um Ham­burg zu schüt­zen, und grei­fen flat­tern­de Wol­ken aus Lamet­ta an, die Flak feu­ert meh­re­re zehn­tau­send Schuss blind in die Nacht, ohne auch nur eine ein­zi­ge RAF-Maschi­ne zu treffen.

Aber nicht nur bei Navi­ga­ti­on und Feind-Ver­wir­ren haben die Bri­ten enorm dazu­ge­lernt.
Es ist vor allem eine neue, töd­li­che Kom­bi­na­ti­on aus Spreng- und Brand­bom­ben, die Ham­burg in die Höl­le eines Feu­er­sturms jagt und den 28. Juli 1943 zum unver­gess­li­chen Sinn­bild des tota­len Krie­ges wer­den lässt.

„In tech­ni­scher Hin­sicht ist es der bis dahin gelun­gens­te Angriff der Roy­al Air Force. Die Ladun­gen fal­len unge­wöhn­lich kon­zen­triert. Der “Creep back”-Effekt bleibt aus — also die Ten­denz der Bom­ber­be­sat­zun­gen, ihre Fracht immer frü­her abzu­wer­fen, wodurch die Angrif­fe in der Anflug­schnei­se “zurück­krie­chen” und an Wir­kung verlieren.” 

Aus: Geo Epo­che PANORAMA — Ham­burg. Die Geschich­te der Stadt in his­to­ri­schen Fotos*

Feuersturm

So schnell hat­te die RAF noch nie eine Stadt ange­zün­det.
Schwe­re Spreng­bom­ben, soge­nann­te “Wohn­block­kna­cker” wer­den abge­wor­fen, um die Dächer der Häu­ser aufzubrechen. 

Dann fol­gen die Brand­bom­ben, die in die frei­ge­leg­ten Wohn­blocks fal­len, Gar­di­nen, Bett­wä­sche und Tisch­de­cken ent­zün­den und ein Feu­er ent­fa­chen, das sich von Woh­nung zu Woh­nung und Stock­werk für Stock­werk weiterfrisst. 

Zeit­zün­der­bom­ben, die erst Stun­den spä­ter deto­nie­ren, gefähr­den Feu­er­wehr und Ret­tungs­kräf­te und hal­ten sie so lang wie mög­lich von den Brand­her­den fern.

Weni­ge Minu­ten nach 1.00 Uhr in der Nacht ste­hen bereits etli­che Wohn­blocks in Flam­men, eine hal­be Stun­de spä­ter gan­ze Stadt­tei­le. Die Brand­her­de ver­ei­nen sich, wer­den zum Flam­men­meer und schließ­lich zu einem Feu­er­sturm, der der Luft mit einem schril­len Pfei­fen jeg­li­chen Sau­er­stoff entzieht.

Der Asphalt auf den Stra­ßen schmilzt und wird für vie­le Flie­hen­den, die in dem kleb­ri­gen Brei ste­cken blei­ben, zur töd­li­chen Fal­le. Bäu­me, Autos, Dach­tei­le und Men­schen wer­den von den hei­ßen Luft­wir­beln erfasst und mit bis zu 270 Stun­den­ki­lo­me­tern durch die Luft geschleudert.

Es ist das Infer­no, die Höl­le auf Erden.

Die Ein­ge­schlos­se­nen in den Bun­kern ahnen, dass das, was sich drau­ßen abspielt, weit über alles bis dahin Gewohn­te hin­aus­geht.
Vie­le bre­chen aus Ver­zweif­lung die schüt­zen­den Türen auf, denn die Sau­er­stoff­ver­sor­gung in den Bun­kern ist zusam­men­ge­bro­chen, drin­nen sind vie­le kurz vorm Ersticken. 

Drau­ßen auch, denn das Feu­er saugt den Sau­er­stoff aus der Luft. Es gibt kein Ent­rin­nen, weder drin­nen noch draußen.

Kurz vor halb vier Uhr mor­gens erreicht der Feu­er­sturm sei­nen Höhepunkt. 

Die Flam­men rei­chen vom Ber­li­ner Tor bis Wands­bek; das sind rund vier Kilo­me­ter.
30.000 Men­schen ver­bren­nen, ersti­cken oder wer­den von her­ab­stür­zen­den Tei­len erschla­gen, 250.000 Woh­nun­gen sind zer­stört, 900.000 Men­schen sind obdach­los und besit­zen nichts mehr als ihre Klei­der am Leib.

Hamburgs Stadtteil Eilbek nach dem Feuersturm am 28. Juli 1943
Ham­burgs Stadt­teil Eil­bek nach dem Feu­er­sturm am 28. Juli 1943 

Noch in 200 Kilo­me­ter Ent­fer­nung war der Feu­er­sturm von Ham­burg zu sehen. 

Erst als die Feu­er kei­ne Nah­rung mehr fin­den, ersti­cken sie nach und nach.

Die Hölle auf Erden überleben

Als die Über­le­ben­den am Mitt­woch­mor­gen, dem 28. Juli 1943, aus Luft­schutz­bun­kern, U‑Bahn-Schäch­ten, Kel­lern und Erd­lö­chern krie­chen, folgt dem Grau­en der Nacht erneu­tes Grauen. 

Über­all ent­setz­lich ent­stell­te Lei­chen, schwer­ver­letz­te Brand­op­fer, denen nicht mehr zu hel­fen ist, Trüm­mer, Schutt und Asche. Es ist kaum zu glau­ben, dass es in die­ser Stadt jemals wie­der so etwas wie ein Leben geben kann. 

Vie­le flie­hen in lan­gen Trecks aus der Stadt; selbst Ein­satz­lei­ter und hohe Beam­te set­zen sich ab. Fast scheint es, als ob es mög­lich ist, “auf der Basis von Ham­burg eine Kapi­tu­la­ti­on zu erzwin­gen”, wie es der bri­ti­sche Luft-Vize­mar­schall Donald Benett ausdrückt.

„In Ber­lin sitzt der Schock tief. Reichs­rüs­tungs­mi­nis­ter Speer sagt zu Hit­ler, noch sechs sol­che Angrif­fe, und der Krieg sei zu Ende. Und Feld­mar­schall Erhard Milch, der Gene­ral­inspek­teur der Luft­waf­fe, erklärt: ‘Wir haben den Krieg ver­lo­ren! End­gül­tig verloren!’ ” 

Aus: Geo Epo­che PANORAMA — Ham­burg. Die Geschich­te der Stadt in his­to­ri­schen Fotos*

Aber die Ham­bur­ger geben ihre Stadt nicht auf.

Sie machen — wie der Rest Deutsch­lands — wei­ter.
Zwei Wochen nach der Kata­stro­phe stel­len Brief­trä­ger wie­der Post zu, am 15. August fah­ren die ers­ten Züge wie­der in den Haupt­bahn­hof ein. 

Einzug der britischen Armee in Hamburg, 3. Mai 1945
Ein­zug der bri­ti­schen Armee in Ham­burg, 3. Mai 1945 

Immer­hin wider­setzt sich Gau­lei­ter Kauf­mann am 3. Mai 1945 dem Füh­rer­be­fehl, Ham­burg bis zum letz­ten Mann zu halten.

Er über­gibt die Han­se­stadt kampf­los an die bri­ti­schen Besatzer. 

Copy­right: Agen­tur für Bild­bio­gra­phien, www​.bild​bio​gra​phien​.de, 2018 (über­ar­bei­tet 2022) 

Lesen Sie im nächs­ten Bei­trag: Nach dem Kriegs­en­de 1945 ist Deutsch­land zwar ein armes und hung­ri­ges Land, ein unter­ent­wi­ckel­tes war es nie. Es sind aber nicht nur Fleiß und Lud­wig Erhard, die das deut­sche “Wirt­schafts­wun­der” ermög­li­chen, son­dern vor allem der kal­te Krieg, die Tat­sa­che, dass Deutsch­lands Kriegs­geg­ner die­ses Mal dazu­ge­lernt haben, — und nicht zuletzt 12 Mil­lio­nen Flücht­lin­ge.
1948: Das Mär­chen vom Wirtschaftswunder 

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Ham­burg in der Nach­kriegs­zeit - eine Stadt steht wie­der auf.
Die Geschich­te der Han­se­stadt von 1939 bis 1949 in Bil­dern, erzählt durch die groß­ar­ti­gen Fotos bedeu­ten­der Stadt­fo­to­gra­fen. Vom natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Grö­ßen­wahn über den Feu­er­sturm bis zum Wie­der­auf­bau nach dem Krieg ist alles dabei — eine sehr sehens­wer­te Doku­men­ta­ti­on Ham­bur­ger Stadt­ge­schich­te.
Jan Zim­mer­mann (Her­aus­ge­ber), Ham­burg. Krieg und Nach­krieg*, Novem­ber 2017

Ham­burg his­to­risch
Die Geschich­te Ham­burgs mit vie­len tol­len Fotos und inter­es­san­ten Arti­keln erzählt.
Sehr lesens­wert!

Micha­el Scha­per (Her­aus­ge­ber):
Geo Epo­che PANORAMA — Ham­burg. Die Geschich­te der Stadt in his­to­ri­schen Fotos*, Taschen­buch Sep­tem­ber 2016

Äußer­lich fand Deutsch­land schnell sei­nen Weg in eine bes­se­re Zukunft,
inner­lich blie­ben alte Wun­den und Nar­ben. Ein sehr ein­fühl­sa­mes Buch, her­vor­ra­gend recher­chiert und mit vie­len Fall­bei­spie­len über die Nach­wir­kun­gen von Natio­nal­so­zia­lis­mus, Bom­ben­krieg und Flucht und Ver­trei­bung, die teil­wei­se bis in die Gene­ra­ti­on der Kin­der und Enkel zu spü­ren sind.

Anne-Ev Ustorf, Wir Kin­der der Kriegs­kin­der*, Ver­lag Her­der GmbH, 2010 

Ver­steck­spie­len in den Trüm­mern und mit der ers­ten Lie­be auf dem Als­ter­damp­fer.
Leicht hat­te es die­se Gene­ra­ti­on nicht, aber sie haben es sich schön gemacht und blick­ten hoff­nungs­voll in die Zukunft. Ein schö­nes Erin­ne­rungs­buch, authen­tisch geschrie­ben und haut­nah aus einer Zeit, die noch gar nicht so lan­ge her ist.

Ger­hard Schött­ke, Auf­ge­wach­sen in Ham­burg in den 40er und 50er Jah­ren*, Gebun­de­nes Buch, Wart­berg Ver­lag, 2008 

Der Ham­bur­ger Hafen von 1870 bis 1970
in his­to­ri­schen Bil­dern. Eine wun­der­ba­re Zeit­rei­se von einem, der dabei war: Har­ry Braun hat als Ewer­füh­rer, Decks­mann und Schif­füh­rer auf Bar­kas­sen und Schlep­pern gear­bei­tet. Erin­ne­run­gen der beson­de­ren Art — nicht nur für Land­rat­ten, son­dern auch für Ham­bur­ger, die ihren Hafen ken­nen.

Har­ry Braun, Der Ham­bur­ger Hafen — Eine Zeit­rei­se in Bil­dern*, Sut­ton Ver­lag, Juni 2014 

Ein wun­der­schö­ner Bild­band über Ham­burg
mit Foto­gra­fien aus den 1940er, 1950er und 1960er Jah­ren.
Sehr sehens­wert und übri­gens auch eine tol­le Geschenk­idee für ‘ein­ge­bo­re­ne’ Ham­bur­ger und Ham­burg-Fans!

Gün­ter Zint (Her­aus­ge­ber),‎ Jens Bove (Her­aus­ge­ber),‎ Eva Decker (Autor): Ham­burg mei­ne Per­le*
Gebun­de­ne Aus­ga­be, Emons Ver­lag, Okto­ber 2017 

Ein Roman über Fami­lie, Flucht und Ver­trei­bung und ihre Nach­we­hen,
über ges­tern und heu­te, die Sehn­sucht nach Hei­mat und das Alte Land bei Ham­burg — groß­ar­tig und mit fei­ner Iro­nie geschrie­ben. Ein span­nen­des Buch, das man erst schwe­ren Her­zens aus der Hand legt, wenn man es durch­ge­le­sen hat.

Dör­te Han­sen, Altes Land*, Ver­lags­grup­pe Ran­dom House GmbH, 2015

Wei­ter­füh­ren­de Beiträge:

Der Zwei­te Welt­krieg: Fast nie­mand woll­te ihn, die ein­zi­ge trei­ben­de Kraft ist Adolf Hit­ler. Seit sei­ner „Macht­er­grei­fung“ im Jahr 1933 wird die deut­sche Außen- und Innen­po­li­tik, die Wirt­schafts- und Finanz­po­li­tik sys­te­ma­tisch auf das Ziel Krieg aus­ge­rich­tet. Eine Chro­no­lo­gie der größ­ten Kata­stro­phe in der Geschich­te der Mensch­heit:
Der 2. Welt­krieg: Kriegsende-Zusammenbruch-Befreiung

Flucht und Ver­trei­bung: In den Augen vie­ler Ein­hei­mi­scher sind die Flücht­lin­ge die „Pola­cken“, die ihnen das Weni­ge, das sie nach dem ver­lo­re­nen Krieg noch haben, weg­neh­men wol­len. Heu­te hal­ten Wirt­schafts­his­to­ri­ker den “Brain­gain”, den Gewinn an Talen­ten durch die Flücht­lings­wel­le nach dem Krieg, für eine der wich­tigs­ten Grund­la­gen des „Wirt­schafts­wun­ders“ — wich­ti­ger als Mar­shall-Plan und Lud­wig Erhard.
Ihr Flücht­lin­ge

Ham­burg 1923: Fünf Jah­re sind seit dem Ende des Welt­krie­ges ver­gan­gen, aber Deutsch­land kommt nicht zur Ruhe. In Ham­burg üben die Kom­mu­nis­ten Welt­re­vo­lu­ti­on und für weni­ge Stun­den gibt es eine „Sowjet­re­pu­blik Stor­marn“. Ernst Thäl­mann, Ham­burgs cha­ris­ma­ti­scher KPD-Füh­rer, bringt sich für sei­ne wei­te­re Kar­rie­re in Stel­lung, Sta­lin und Hit­ler mischen auch schon irgend­wie mit.
Ham­burg auf den Bar­ri­ka­den

Ham­burg his­to­risch: Es sind Grün­der wie der Ham­bur­ger Albert Bal­lin, die den Rei­chen und Schö­nen im aus­ge­hen­den 19. Jahr­hun­dert das Leben schwer machen. Empor­kömm­lin­ge aus klei­nen Ver­hält­nis­sen, die eige­ne Unter­neh­men grün­den und sich mit eiser­nem Wil­len und Biss Wohl­stand und Ein­fluss erkämp­fen. Bal­lin steigt nicht nur zum Gene­ral­di­rek­tor der HAPAG auf, son­dern wird auch enger Ver­trau­ter und “Ree­der des Kai­sers”. Bei Hofe in Ber­lin sieht man das nicht ger­ne.
Die Welt ist fried­los gewor­den. Albert Bal­lin, der Ree­der des Kaisers

Sturm­flut: Im Radio gibt es seit dem Mit­tag Mel­dun­gen über eine bevor­ste­hen­de Sturm­flut an der Nord­see­küs­te. Die zwei­te schon in die­ser Woche, trotz­dem nichts Unge­wöhn­li­ches für Febru­ar­und Ham­burg. Aber mit der Kata­stro­phe, die in der Nacht vom 16. auf den 17. Febru­ar 1962 über die Han­se­stadt her­ein­bricht, hat nie­mand gerech­net.
Ham­burg unter Was­ser: Die Sturm­flut 1962

Lebens­ge­schich­te: Kann man “erzähl­te Geschich­te” auf­schrei­ben? Man kann. Und soll­te es für nach­fol­gen­de Gene­ra­tio­nen auch.
11 Tipps, die Sie beim Schrei­ben einer Bio­gra­fie beach­ten soll­ten

Bild­nach­wei­se:

An Avro Lan­cas­ter of No. 1 Group, Bom­ber Com­mand, sil­hou­et­ted against fla­res, smo­ke and explo­si­ons during the attack on Ham­burg, Ger­ma­ny, by air­craft of Nos. 1, 5 and 8 Groups on the night of 30/31 Janu­ary 1943. This raid was the first occa­si­on on which H2S cen­ti­me­tric radar was used by the Path­fin­der air­craft to navi­ga­te the force to the tar­get. The pilot of the pho­to­gra­phing air­craft (Lan­cas­ter ‘ZN‑Y’ of No. 106 Squa­dron, based at Syer­s­ton) was Flt Lt D J Shan­non who, as a mem­ber of No. 617 Squa­dron, took part in Ope­ra­ti­on CHASTISE (the “Dams Raid”) during the fol­lo­wing May.Von No 106 Squa­dron RAF : Roy­al Air Force offi­ci­al pho­to­grapher — This is pho­to­graph C 3371 from the coll­ec­tions of the Impe­ri­al War Muse­ums, Gemein­frei

B‑17 Fly­ing Fort­ress, gemein­frei.
Two B‑17 Fly­ing Fort­res­ses’ vapor trails light up the night sky over Eas­tern Euro­pe

Ruhr­ge­biet, Luft­schutz­stol­len wäh­rend Flie­ger­alarm, Zen­tral­bild II. Welt­krieg 1939 — 45 Luft­schutz­stol­len im Ruhr­ge­biet, um 1943. Wäh­rend eines Flie­ger­alarms, Ruhr­ge­biet, 1943, Pho­to­grapher Unknown.
Bun­des­ar­chiv, Bild 183-R71086 / CC-BY-SA, gemein­frei

Ham­burgs Stadt­teil Eil­bek nach dem Feu­er­sturm am 28. Juli 1943.
Von Dowd J (Fg Off), Roy­al Air Force offi­ci­al pho­to­grapher — https://​www​.iwm​.org​.uk/​c​o​l​l​e​c​t​i​o​n​s​/​i​t​e​m​/​o​b​j​e​c​t​/​2​0​5​0​2​3​6​0​1​.​T​his is pho­to­graph CL 3400 from the coll­ec­tions of the Impe­ri­al War Muse­ums, Gemein­frei

Ein­zug der bri­ti­schen Armee in Ham­burg, 3. Mai 1945.
By Mapham J (Sgt), No 5 Army Film & Pho­to­gra­phic Unit. This is pho­to­graph BU 5112 from the coll­ec­tions of the Impe­ri­al War Muse­ums., Public Domain 

Geschichte und Psychologie Vergangenheit verstehen um mit der Zukunft besser klar zu kommen
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121490coo­kie-checkHam­burg 1943: Die Ope­ra­ti­on Gomor­rha

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