Kriegswende 1942: Nach dem desaströsen Winterkrieg 1941/42 in der Sowjetunion hoffen Hitlers Generäle, wenigstens einen Teil der Wehrmacht durch einen strategischen Rückzug retten zu können.
Aber der „Führer“ will keinen Rückzug; er will angreifen. Und dass, obwohl sich das Kräfteverhältnis Ende 1941 dramatisch zu Ungunsten des Dritten Reichs verschoben hat.
Zu Beginn des „Unternehmen Barbarossa“, dem Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941, stehen der Wehrmacht etwa 3 Millionen Soldaten der Roten Armee gegenüber. Bis zum Ende des Krieges mobilisieren die Sowjets rund 34 Millionen Männer und Frauen.
Hitler und seine Generalität haben die Wehrhaftigkeit der Roten Armee und der sowjetischen Bevölkerung völlig unterschätzt.
Auch, weil man sie für „rassisch“ unterlegen wähnt.
Auch die Kriegserklärung gegen die USA am 11. Dezember 1941 beruht auf einer Fehleinschätzung des wirtschaftlichen und militärischen Potenzials der Vereinigten Staaten des „Führers”. Er wagt diesen Schritt entgegen des Ratschlages seiner militärischen Berater.
Durch die Kriegserklärung wird Ende 1941 aus dem innereuropäischen Krieg ein Weltkrieg, der mit nie gekannter Grausamkeit und zunehmender Brutalität auf allen Seiten geführt wird.
Ein Menschenleben – sei es das eines Soldaten oder eines Zivilisten – ist nichts mehr wert. Niemand schert sich mehr um die nach dem ersten Weltkrieg mühsam errungenen Regeln und Konventionen zum Schutz von Menschenleben. Vor allem nicht Hitler.
Der 2. Weltkrieg und die „Endlösung”
Dieser Krieg ist für ihn ein Mittel zum Zweck.
Seine Gründe, diesen Krieg zu führen, hat er bereits Mitte der 1920er in seinem Buch „Mein Kampf“ beschrieben. Von seiner Verschwörungsideologie eines „rassischen Überlebenskampfs“ der Deutschen ist er nie abgerückt.
Sein Rassenwahn ist sein eigentliches Kriegsziel.
Es ist also kein historischer Zufall, dass am 20. Januar 1942 die Wannsee-Konferenz unter Leitung von Reinhard Heydrich stattfindet, auf der der systematische Mord, die „Vernichtung” von 11 Millionen Männern, Frauen und Kinder jüdischen Glaubens oder jüdischer Abstammung beschlossen und bis zur Taktung der Eisenbahnfahrpläne in die Todeslager akribisch geplant und organisiert wird.
Die Nummer 2 nach Hitler im „Dritten Reich”, Reichsfeldmarschall Göring, hatte Gestapo-Chef Heydrich bereits am 31. Juli 1941 die nötigen Instruktionen gegeben, um den monströsen Plan in die Tat umzusetzen. Einen schriftlichen „Führerbefehl“ für die Shoah hat es nie gegeben; die Befehlskette für das millionenfache Morden bestand in der Führungsspitze nur aus mündlichen Weisungen.
Ursprünglich war die Konferenz für Dezember 1941 geplant, doch Japans Angriff auf Pearl Harbor und die folgenschwere Kriegserklärung gegen die USA kamen Heydrich und seinen 14 Bürokraten des Grauens dazwischen. Die Konferenz musste verschoben werden.
Als man sich schließlich im Januar 1942 trifft, sind sich alle Teilnehmenden der Ungeheuerlichkeit der sogenannten „Endlösung“ bewusst. Moralische Bedenken hat allerdings keiner der Anwesenden. Niemand fühlt sich berufen, Hitlers Wahnsinn zu widersprechen oder gar zu stoppen:
„… Er [Heydrich] unterrichtete mich, dass er im Juli in das Führerhauptquartier in Ostpreußen bestellt worden sei. Der Führer habe zu ihm ganz offen gesprochen: Er habe sich entschieden, die jüdische Frage ein für allemal zu lösen. Die Stunde sei gekommen. Er könne nicht darauf vertrauen, dass seine Nachfolger den nötigen Willen oder die militärische Macht hätten, über die er verfüge. Er habe keine Angst vor den Folgen. Heute verehrten die Leute die Französische Revolution, wer aber erinnere sich an die Tausenden Unschuldigen, die gestorben seien? Revolutionäre Zeiten würden durch ihre eigenen Gesetze beherrscht. Sobald Deutschland den Krieg gewonnen habe, werde niemand mehr fragen, wie wir es gemacht hätten. Falls Deutschland den Kampf auf Leben und Tod verliere, würden wenigstens jene, die sich aus der Niederlage des Nationalsozialismus einen Profit erhofft hätten, ausgerottet sein. Es sei nötig, die biologischen Fundamente des Judaismus für immer zu beseitigen. Andernfalls würde das Problem erneut hervorbrechen, um künftige Generationen zu quälen. Das sei die Lehre der Geschichte.“
Wilhelm Stuckart, Staatssekretär, Ministerium des Inneren
Zitiert nach: Robert Harris, Vaterland*
Feldzug in den Untergang: Der „Fall Blau”
Angetrieben von seinem „historisch“ begründeten Rassenwahn will Hitler im Frühjahr 1942 wieder vorrücken. Aber es gibt ein Problem: Der notorische Mangel an Treibstoff für seine Kriegsmaschinerie ist mittlerweile akut geworden und behindert weitere Pläne.
Rohstoffe waren von Anfang an im „Dritten Reich“ die Achillessehne der Wiederaufrüstung. Zu Beginn des Jahres 1942 ist klar, dass die deutschen Ölreserven nicht ausreichen, um die Panzerdivisionen am Laufen und die Flugzeuge in der Luft zu halten.
Als die Wehrmacht im späten Frühjahr 1942 nach ihrer monatelangen unfreiwilligen „Winterpause” ihre Mobilität zurückgewinnt, beschließt Hitler deshalb, den Vormarsch auf Moskau zu stoppen und nimmt stattdessen die Ölfelder im Kaukasus ins Visier.
Der „Führer“, der sich mittlerweile selbst auch noch zum Oberbefehlshaber der Wehrmacht ernannt hat, ordnet eine Offensive in den Süden der Sowjetunion an.
Zum einen, um seine eigenen Truppen mit Nachschub zu versorgen und das Öl-Embargo auszuhebeln, das die Alliierten gegen ihn durchgesetzt haben, zum anderen, um die Rote Armee von ihrer eigenen überlebenswichtigen Treibstoffversorgung abzuschneiden und dadurch kampfunfähig zu machen.
„Fall Blau“, so der mehrmals geänderte Name der Sommeroffensive, beginnt am 28. Juni 1942 nach mehrmaligem Verschieben. Dieses Mal will Hitler Stalin in die Knie zwingen.
Allerdings ist die Offensive schon allein wegen der Entfernung, die zurückgelegt werden muss, ein Himmelfahrtskommando, denn die Ölfelder in Baku oder Maikop liegen tief im Süden der Sowjetunion – von Deutschland aus mehr als 3000 Kilometer entfernt.
Insgesamt 1,3 Millionen Soldaten, darunter 300.000 Männer verbündeter Nationen, hauptsächlich Rumänen und Italiener, werden Ende Juni 1942 in Marsch gesetzt. Zunächst verzeichnen Hitlers Truppen große Geländegewinne und rücken schnell voran. Die Infanterie legt bis zu 60 Kilometer pro Tag zurück.
Am 23. Juli 1942 gibt Hitler einen weiteren seiner haarsträubenden, rational nicht nachvollziehbaren Befehle: Er spaltet seine Armeen auf und lässt die 6. Armee unter Generaloberst Friedrich Paulus auf Stalingrad marschieren. Das führt zu einer gefährlichen Aufsplitterung der Kräfte.

Die Kommandeure der Wehrmacht sind fassungslos., doch der „Führer“ setzt sich mit seiner strategischen Planänderung durch.
Weil Hitler zunehmend nervös ist und das Gefühl hat, verlorene Zeit wettmachen zu müssen, soll die Offensive nach seinem Willen jetzt nicht ein, sondern zwei Ziele erfüllen: die Eroberung der kaukasischen Ölfelder und die Zerschlagung der sowjetischen Metropole an der Wolga. Gerade einmal acht Tage hat Hitler für die „Operation Fischreiher”, die Zerschlagung Stalingrads angesetzt.
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Russlands Sorge vor der nordeuropäischen Tiefebene,
durch die seit Jahrhunderten alle Angreifer ins Land eingefallen sind. Solche strategische Überlegungen und viele weitere spannende Aspekte und historische Entwicklungen, die verständlich werden, wenn man sie durch die “Geographie”-Brille betrachtet.
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Tim Marshall, Die Macht der Geographie*, dtv Verlagsgesellschaft, 2017
Warum Stalingrad?
Hitler weiß, welche Demütigung es für Stalin wäre, wenn er die Stadt, die seit 1925 nach ihm benannt ist, erobern würde.
Aber Stalingrad ist für beide Diktatoren viel mehr als ein Symbol.
Stalingrad ist eine wichtige Industriestadt mit 450.000 Einwohnern und einer bedeutenden Rüstungsindustrie.
Zudem würde die Einnahme Stalingrads eine wichtige Nachschublinie auf der Wolga kappen. Denn die amerikanische Militärhilfe für die bedrängten Sowjets kommt hauptsächlich per Schiff über den Iran, das Kaspische Meer und die Wolga. Fiele Stalingrad in Hitlers Hände, wäre diese Route blockiert und der amerikanische Nachschub käme nicht mehr im Norden der Sowjetunion an.
Bereits am 19. Juli hatte Stalin die Weisung gegeben, Stalingrad auf jeden Fall zu halten. „Panikmachern und Feiglingen” müsse man entschlossen entgegentreten, Frauen und Kinder dürfen nicht evakuiert werden.
Die 6. Armee unter General Paulus steht am 23. August 1942 vor Stalingrad.
Noch am gleichen Abend beginnt der Luftangriff; Görings Luftwaffe bombt die Stadt innerhalb einer Woche in eine Trümmerwüste.
Dann beginnt der Vormarsch der deutschen Truppen. Und zunächst sieht es wieder nach einem “Blitzsieg” für die Wehrmacht aus. Bereits am 12. September überrennen deutsche Truppen die Vororte, Ende September sind zwei Drittel der Stadt in deutscher Hand.
Allerdings hat Paullus nicht mit den Schwierigkeiten des Häuserkampfes gerechnet.
Mehr und mehr entwickelt sich die Schlacht um Stalingrad zu einem reinen Straßenkampf, bei dem mit unermesslich hohem Blutzoll um einzelne Häuser, manchmal um ein Stockwerk gekämpft wird. Denn Ruinen sind hervorragend geeignet, um sich zu verteidigen, und die Wehrmacht hat so gut wie keine Erfahrung mit Guerillakriegen in zerbombten Städten.
Wie 1916 in Verdun verbeißen sich die Kriegsgegner ineinander, ohne dass einer von ihnen den entscheidenden Coup landen kann.
Allein der Bahnhof wechselt 15-mal seinen Besitzer. Stalingrad ist ein monatelanges fürchterliches Gemetzel. Die Rote Armee schickt ihre Soldaten manchmal sogar ohne Waffen in die Schlacht, mit dem Befehl, sie sollen sich die Gewehre ihrer sterbenden oder gefallenen Kameraden nehmen und damit angreifen.
In der Reihe hinter ihnen stehen die Politkommissare des sowjetischen NKWD. Die sind gnadenlos: Jeder Soldat der Roten Armee, der sich ergeben will, wird hingerichtet.
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Rund eine Millionen russischer Mädchen und Frauen
zogen in den Krieg gegen die Deutschen — als Küchenhilfen, Sanitätshelferinnen, die Verletzte noch während der Gefechte aus den Frontlinien schleppten — und als Soldatinnen. Die Nobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch hat die jungen Frauen von damals interviewt und ihre Geschichten aufgeschrieben. Ein sehr lesenswertes Buch, auch wenn viele Erzählungen sehr beklemmend und kaum auszuhalten sind.
Swetlana Alexijewitsch, Der Krieg hat kein weibliches Gesicht*, Suhrkamp Taschenbuch, 2015
Die Schlacht um Stalingrad
Als im Oktober 1942 der erste Schnee fällt, sind die deutschen Truppen und ihre Verbündeten erneut nicht für den einsetzenden russischen Winter ausgerüstet. Sie sind erschöpft und warten vergeblich auf Verstärkung und Nachschub. Die Moral der Truppe sinkt immer tiefer.
Am 19. November 1942 gelingt dann der Roten Armee mit der von General Georgi Schukow geplanten Gegenoffensive, der „Operation Uranus“, ein militärisches Glanzstück.
Kaum mehr als zehn Prozent des Stadtgebietes sind noch in sowjetischer Hand, als zwei sowjetische Angriffsspitzen, eine von Norden und eine aus Südosten kommend, den schwachen Flankenschutz durch schlecht ausgerüstete rumänische und italienische Verbände zur Kapitulation zwingen und anschließend in einer Zangenbewegung aufeinander zumarschieren.
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General Paulus erkennt die Gefahr und bittet um Erlaubnis, den Rückzug antreten zu dürfen, um nicht eingekesselt zu werden. Hitlers Antwort ist ein kategorisches Nein. Der „Führer“ und oberste Stratege der deutschen Wehrmacht verbietet Paulus jedes Zurückweichen und befiehlt, dass die Schlacht um Stalingrad um jeden Preis gewonnen werden muss.
Als sich Schukows Nord- und Südverbände am 22. November 1942 treffen, schnappt die Falle zu. Die 6. Armee und große Teile der 4. Armee sind in Stalingrad eingekesselt, insgesamt über 250.000 Soldaten der Wehrmacht.
Eine Katastrophe zeichnet sich ab.
Hitler befiehlt Feldmarschall von Manstein, der militärische Kopf hinter dem erfolgreichen Frankreichfeldzug 1940, Stalingrad von der Südseite aus anzugreifen und zu befreien. Manstein teilt Hitler daraufhin mit, dass er lediglich einen Korridor zu Paulus‘ Armee freikämpfen könne, um den Eingeschlossenen den Rückzug aus dem Kessel zu ermöglichen.
Doch die Entsatzoffensive „Unternehmen Wintergewitter“ mit 50.000 Männern und 250 Panzern scheitert. Es gelingt Manstein nicht, gegen die dreifache Überlegenheit der sowjetischen Verbände einen Korridor freizukämpfen. Schließlich muss er sich im Dezember 1942 unverrichteter Dinge zurückziehen, um nicht selbst eingekesselt zu werden.
Danach bleiben die eingekesselten deutschen Soldaten sich selbst überlassen.

ADN-ZB/Tass/ II. Weltkrieg 1939–45 Die Stalingrader Schlacht begann im Juli 1942. In erbitterten, beiderseits verlustreichen Kämpfen wehrte die Rote Armee das weitere Vordringen der faschistischen Truppen ab. Während der sowjetischen Gegenoffensive im November 1942 wurden über 300 000 Mann eingeschlossen. Die Reste dieser Verbände, etwa 91 000 Mann, kapitulierten am 31.1. und 2.2.1943 Stalingrad im Januar 1943 — um jede Ruine müssen die sowjetischen Soldaten erbittert kämpfen.
Im Kessel von Stalingrad
Es ist Winter und die Versorgungslage der Soldaten in Stalingrad ein Fiasko. In der Stadt werden die heftigen Kämpfe weitergeführt, aber Paulus‘ Truppen sind jetzt auf sich allein gestellt. Vorräte, Treibstoff und Munition gehen rapide zur Neige.
Für Göring wieder eine willkommene Gelegenheit, um sich in Szene zu setzen: Großspurig verkündet er, er werde die Eingeschlossenen mit seinen Junkers 52 aus der Luft versorgen. Ein ehrgeiziges Ziel, denn um die 250.000 Soldaten allein mit Nahrung zu versorgen, müssten 500 Tonnen über der Stadt abgeworfen werden. Jeden Tag.
Was Göring in seine Überlegungen nicht einbezieht, ist, dass bei der Kälte, dem Schnee und dem minderwertigen Treibstoff, der zur Verfügung steht, viele Flugzeugmotoren nicht anspringen. Unterm Strich fehlen Tag für Tag 400 Tonnen Nahrung, um im Kessel von Stalingrad überleben zu können. Dazu kommt, dass die Versorgung mit Munition Priorität hat. Die Folge ist, dass die 6. Armee buchstäblich verhungert.
Während die Soldaten in Stalingrad ums Überleben kämpfen, wird im Reich gefeiert: Reichsmarschall Hermann Göring hat am 12. Januar 1943 zu seinem 50. Geburtstag auf sein Anwesen Carinhall in Brandenburg geladen.

Seine vollmundige Ankündigung, er werde die eingeschlossenen Soldaten aus der Luft versorgen, kann er nicht halten.
Das wissen seine Berater, das weiß Göring auch selbst.
Aber noch am 30. Januar 1943, man feiert das zehnjährige Jubiläum der „Machtergreifung“, behauptet er mit großem Pathos in einer Rundfunkansprache (die auch die Landser im Kessel von Stalingrad hören) das Gegenteil.
Anfang Januar 1943 beträgt die tägliche Ration für einen Soldaten der Wehrmacht in Stalingrad noch 50 Gramm Brot. Das ist eine Scheibe pro Tag – bei Temperaturen von unter minus 30 Grad.
„Sie starben, damit Deutschland lebe“ …
Am 10. Januar 1943 beginnt die Rote Armee ihre Schlussoffensive gegen die entkräfteten und ausgezehrten Reste der 6. Armee im Kessel von Stalingrad. Mehr als 100.000 Wehrmachtssoldaten fallen in dieser Zeit, von den Verwundeten können bis zum 25. Januar 1943 nur 34.000 ausgeflogen werden, dem Tag, an dem die letzte provisorische deutsche Flugpiste der Roten Armee in die Hände fällt.
Der Kessel wird in zwei Teile gespalten, die Lage ist aussichtslos. Dennoch gibt Hitler strikte Order, sich unter keinen Umständen zu ergeben.
Nach Monaten des blinden Gehorsams und der Führertreue ist Friedrich Paulus, ein Offizier „alter Schule”, schließlich ernüchtert.
Hitler hatte ihm mehrmals die Erlaubnis für einen Rückzug und nach der Einkesselung für eine Kapitulation verweigert. Als Dank dafür ernennt ihn der „Führer” am 31. Januar 1943 zum Generalfeldmarschall – eine indirekte Aufforderung zum Selbstmord, denn ein deutscher Feldmarschall ergibt sich nicht.
Aber Paulus denkt nicht an Selbstmord.
Anstatt sich eine Kugel in den Kopf zu jagen und damit die Verantwortung für die Katastrophe zu übernehmen, ergibt er sich und geht als bis dahin ranghöchster deutscher Offizier der Wehrmacht in sowjetische Kriegsgefangenschaft.
In den Tagen danach legen alle Verbände der Achsenmächte in Stalingrad die Waffen nieder. Nach mehr als 5 Monaten ist die Schlacht um Stalingrad geschlagen. Am Morgen des 2. Februar 1943 weht wieder die rote Fahne über der völlig zerstörten Stadt.
„Aus dem Führerhauptquartier am 3. Februar 1943: Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt: Der Kampf um Stalingrad ist zu Ende. Ihrem Fahneneid getreu ist die 6. Armee unter vorbildlicher Führung des Generalfeldmarschalls Paulus der Übermacht des Feindes und der Ungunst der Verhältnisse erlegen.“
Rundfunkmeldung, 3. Februar 1943
Von den 91.000 Soldaten, die in Stalingrad zu sowjetischen Kriegsgefangenen werden, kommen nur 6.000 viele Jahre später zurück. Alle anderen sind erfroren, verhungert oder wurden getötet.

“Unter der Hakenkreuzfahne, die auf der höchsten Ruine von Stalingrad weithin sichtbar gehißt wurde, vollzog sich der letzte Kampf …
Generale, Offiziere Unteroffiziere und Mannschaften fochten Schulter an Schulter bis zur letzten Patrone. Sie starben, damit Deutschland lebe.”
(Originalauszug aus: Völkischer Beobachter, 29 Dezember 1943: “Das Jahr 1943 im Spiegel der Chronik” )
„Die Divisionen der 6. Armee aber sind bereits im neuen Entstehen begriffen”, heißt es in der Propagandasprache des Jahres 1943. Nach Stalingrad gibt es keine 6. Armee mehr.
Lesen Sie im nächsten Beitrag: Adolf Hitler war nie der begnadete Militärstratege, für den er sich selber hielt. 1943 ist er zudem gesundheitlich angeschlagen, hat Anfälle, wird zunehmend paranoid und nimmt Amphetamine und alle möglichen anderen Medikamentencocktails, die seine Gesundheit stärken sollen.
In dieser Verfassung befehligt er seine Armeen — und hofft auf eine Kriegswende zu seinen Gunsten.
Hitlers Krieg (5): Der totale Krieg 1943
Copyright: Agentur für Bildbiographien, www.bildbiographien.de, 2023
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Alltagsgeschichten aus dem “Dritten Reich“
Wie lebte es sich in der NS-Diktatur zwischen “Eintopfsonntag”, Hitlerjugend und Ehestandsdarlehen? Ein spannendes und sehr lesenswertes Buch über den Alltag im Nationalsozialismus, über den unsere Groß- und Urgroßeltern oft entweder überhaupt nicht oder nur sehr verklärt gesprochen haben.
Hans-Jörg Wohlfromm, Gisela Wohlfromm, Und morgen gibt es Hitlerwetter! — Alltägliches und Kurioses aus dem Dritten Reich*. Anaconda Verlag, 2017
Der normale NS-Wahnsinn zwischen Dezember 1938 und November 1939: Der Journalist und Historiker Tillmann Bendikowski über die entscheidenden Monat kurz vor und nach Beginn des 2. Weltkriegs aus der Sicht der “kleinen” Leute: Das normale Leben, wenn man zur “Volksgemeinschaft” gehörte, der Alltag zwischen Propaganda, Prunk und des “Führers” 50. Geburtstag. Toll geschrieben und sehr informativ, wenn man diese Zeit besser verstehen möchte.
Tillmann Bendikowski, Hitlerwetter: Das ganz normale Leben in der Diktatur: Die Deutschen und das Dritte Reich 1938/39* C.Bertelsmann Verlag, 2022
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Christer Jorgensen (Herausgeber), Schlachten: Die größten Gefechte der Weltgeschichte*. Parragon Books, gebunden, deutsche Ausgabe, 2011
Einer der wichtigsten Filme unserer Zeit - und zugleich einer der traurigsten. Jeder sollte ihn kennen.
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Krieg, Hunger und Vernichtung: Adolf Hitler, die deutsche Wirtschaft und der 2. Weltkrieg
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Hitlers Krieg: 1941
Stalin: Lenins „Mann fürs Grobe“ ist ihm am Ende doch zu grob. In seinem politischen Testament empfiehlt der Begründer und erste Regierungschef Sowjetrusslands (ab 1922 in Sowjetunion umbenannt) dringend, Stalin als allmächtigen Generalsekretär der Kommunistischen Partei Russlands abzulösen und einen anderen an seine Stelle zu setzen. Aber es ist zu spät.
Wer war eigentlich Stalin? Teil 2
Das “Phänomen Hitler”: Schläge und Schweigen, Verdrängen und Neu-Inszenieren sind die Muster, mit denen die ‚Erziehung mit harter Hand‘ von einer Generation an die nächste weitergegeben wird. Über Alice Miller, Hitlers Mitläufer und Mörder und über schwarze Pädagogik, die aus Opfern Täter macht.
Die Erlaubnis zu hassen
Der “Führer” Adolf Hitler war ein lausiger Militärstratege, dem Wetter, Wegstrecken und Bodenbeschaffenheit völlig egal waren. Im 2. Weltkrieg trifft er mehrere schwerwiegende Fehlentscheidungen und verzockt dadurch sein anfängliches Kriegsglück.
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Der 1. Weltkrieg: Verdun ist eine kleine Stadt ohne große Bedeutung. Eigentlich ist sie kaum der Rede wert. Doch dann beginnt am Morgen des 21. Februar 1916 die deutsche Operation „Gericht“ und lässt die beschauliche Kleinstadt Verdun — wie 27 Jahre später auch Stalingrad — zum Synonym für die Grausamkeit und Sinnlosigkeit von Kriegen werden.
Vor 100 Jahren: Die Hölle von Verdun
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https://www.welt.de/kultur/history/article13885068/Stalin-und-der-sadistische-Macho-Kult-des-Toetens.html
Bildnachweise:
Sowjetische Soldaten in Stalingrad (Januar 1943), Bundesarchiv, Bild 183-P0613-308 / CC-BY-SA 3.0
Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein. Russland, Kesselschlacht Stalingrad ADN-ZB/Tass/ II. Weltkrieg 1939–45 Die Stalingrader Schlacht begann im Juli 1942. In erbitterten, beiderseits verlustreichen Kämpfen wehrte die Rote Armee das weitere Vordringen der faschistischen Truppen ab. Während der sowjetischen Gegenoffensive im November 1942 wurden über 300 000 Mann eingeschlossen. Die Reste dieser Verbände, etwa 91 000 Mann, kapitulierten am 31.1. und 2.2.1943 Stalingrad im Januar 1943 — um jede Ruine müssen die sowjetischen Soldaten erbittert kämpfen.
Zweiter Weltkrieg Europa 1941–1942, Karte de, Quelle: Eigene Karte, basierend auf den Karten der University of Texas Libraries, Autor: San Jose, 17. April 2005
Göring in Carinhall, Juli 1938
Von Autor/-in unbekannt — NAC, Gemeinfrei
Originalauszug aus dem “Völkischen Beobachter” vom 29. Dezember 1943 — Das Jahr 1943 im Spiegel der Chronik -. “Das Ringen um Stalingrad beendet” ist für den 3. Februar 1943 vermerkt — Agentur für Bildbiographien