
Wir brauchen Stress, denn er bewahrt uns vor Schlimmeren: vor Säbelzahntigern, beispielsweise, oder wildgewordenen Artgenossen, die uns ans Leder wollen.
Allerdings ist unser Stresssystem nicht für den durchschnittlichen Hausgebrauch im Büro oder Homeoffice ausgestattet, was uns leider ziemlich oft Ärger, schlaflose Nächte – und Stress – einbringt.
Warum wir Stress brauchen
Stress ist doof und macht krank. Man sollte ihn vermeiden, wo es nur geht.
Wenn Sie dieser Meinung sind, liegen Sie definitiv falsch. Denn ein Leben ohne Stress ist erstens nicht möglich und zweitens auch überhaupt nicht erstrebenswert.
Denn wir brauchen Stress.
Wir brauchen Stress zum Lernen und um Veränderungen anzuschieben; um vorwärts zu kommen – und manchmal auch zur Selbstverteidigung.
Wenn wir nicht gelegentlich mit Stress und Druck aus unserer Komfortzone gezerrt werden würden, gäbe es kein Vorankommen — oder nur sehr wenig.
Wie würden früher oder später wie faules Obst vom Baum (oder aus dem Fernseh-Sessel) fallen.
Stellen Sie sich vor, Sie müssten Ihren Alltag heute mit dem Wissen bestreiten, das Sie vor 20 Jahren hatten. Schwierig, oder? Wie gut, dass wir uns zwischendurch den Stress mit dem Dazulernen gemacht haben, denn damit kann man immerhin sein Smartphone in Betrieb setzen. Meistens zumindest.
- Wer nicht wenigstens gelegentlich Stress hat, lernt nichts dazu und hält auch nichts aus, wenn’s drauf ankommt.
Immer im Stress -
oder einfach der Wunsch nach Veränderung?
Hochwertige ätherische Öle für Körper und Geist und viele weitere Geschenkideen für Menschen, die uns besonders am Herzen liegen, finden Sie in unserem Shop Geschenke made for Mama
Stress als Notfallprogramm: Flucht oder Kampf
Wie stressen wir uns eigentlich – und warum?
Stellen Sie sich vor, Sie sind im Supermarkt und erledigen dort in aller Seelenruhe Ihre Wochenendeinkäufe. Plötzlich stürmt ein Trupp Feuerwehrleute in voller Montur in den Laden und brüllt: „Alle raus hier! Es brennt!“
Sobald unser Hirn Sinnesreize verarbeitet hat, die auf Stress schließen lassen, startet das Notfall-Programm aus Nervenreizen und Hormonen, das uns mental und physiologisch in einen „Achtung! Gefahr!“ Modus bringt.
Kaum ist die Feuerwehr (oder ein anderer Stressor) da, befiehlt unser Hirn dem Nebennierenmark, die Stresshormone Adrenalin und seinen kleinen Bruder Noradrenalin in größeren Mengen auszuschütten.
Flucht oder Kampf mit Adrenalin und Noradrenalin:
- Adrenalin und Noradrenalin verteilen sich im Körper genauso schnell wie ein Rudel Wollmäuse unterm Bett und sorgen dafür, dass Blutdruck, Hautwiderstand und Muskelaktivität steigen, uns die Haare zu Berge stehen und wir wach und fokussiert sind, egal, wie tiefenentspannt wir noch vor wenigen Augenblicken waren.
- Physiologisch trimmen uns unsere Stresshormone in kürzester Zeit auf „fight or flight“.
- Sämtliche Körpersysteme, die nicht aufs Flucht-oder-Kampf-Konto einzahlen, werden abgewürgt oder zumindest gedrosselt: Wer braucht schon Verdauung, wenn der Säbelzahntiger zum Spurt in unsere Richtung ansetzt?
(Einzige Ausnahme: Der Dickdarm, dessen Aktivität nicht heruntergefahren wird …)
„… Im Stress ist alles erlaubt, solange es besser ist, als jetzt und hier vom Tiger gefressen zu werden. Dafür ziehen die Stresshormone die Energieressourcen ab, die wir aus Essen und Reproduktion gewonnen haben. Erholung und Wartung fliegen aus dem Fenster. Wachstum und Schlaf hinterher. Der Vagusnerv, wichtiger Mittler zwischen Hirn und Organen, unterdrückt die Magenfunktion, aber Noradrenalin fördert die Funktion des Dickdarms. Nichts wird verarbeitet, alles muss raus …“
Aus: Franca Parianen: Hormongesteuert ist immerhin selbstbestimmt. Wie Testosteron, Endorphine und Co. unser Leben beeinflussen*
Die zweite Stress-Welle: Kortisol
Etwa eine halbe Stunde nach der ersten Stresswelle, die uns flucht- bzw. kampfbereit gemacht hat, kommt das nächste entscheidende Stresshormon in Schwung. Kortisol.
Kortisol ist eigentlich immer da, denn es ist zusammen mit unserem Schlafhormon Melatonin der wesentliche Taktgeber für unseren Tag-Nachtrhythmus: Morgens ist Kortisol – unter normalen Umständen – in seiner höchsten Konzentration vorhanden, macht uns munter und schmeißt uns aus dem Bett.
Im Tagesverlauf ebbt Kortisol im Blut ab, was sehr erfreulich ist, weil es sich nicht gut mit Melatonin verträgt und nach Möglichkeit nicht mit ihm ins Gehege kommen sollte.
Unser Schlafhormon flutet gegen Abend an, um uns zu beruhigen, lässt Blutdruck und Atemfrequenz sinken und senkt auch unsere Körpertemperatur, eines unserer wichtigsten Einschlafsignale.
Wenn wir gestresst sind, ist an Schlaf natürlich nicht zu denken.
Wenn wir im Stress sind, befiehlt der Hypothalamus als Hormon-Chef den Nebennierenrinden eine Extraportion Kortisol herzustellen. Das dauert ein Weilchen wie das Extra-Ketchup an der Frittenbude, was erklärt, dass Kortisol erst 20 bis 30 Minuten nach Adrenalin und Noradrenalin die Bühne betritt.
Kortisol als Stresshormon ist also kein klassischer Ersthelfer, hält aber unserem Stress-System den Rücken frei.
Kortisol
- bremst Insulin, so dass mehr Zucker im Blut bleibt.
Das ist wichtig, damit die Muskeln fürs Fliehen oder Kämpfen mit ausreichend Energie versorgt werden können
- macht uns schmerz-unempfindlicher (das ist der Grund für die Kortisol-Spritze, die der Orthopäde verabreicht, wenn man ganz schlimm Rücken hat)
- hemmt große Teile der Immunabwehr (bis auf einige Entzündungsfaktoren – falls Sie im Kampf verletzt werden)
Es versorgt uns mit schneller Energie und macht uns leistungsfähiger.
Gleichzeitig leitet es aber auch die Stress-Wende ein, damit wir irgendwann auch mal wieder einen Ruhepuls haben: Kortisol macht einerseits Stress, bringt aber gleichzeitig schon Besen und Schaufel fürs Aufräumen mit.
Zunächst beruhigt es sich selbst mit Hilfe einer negativen Rückkopplung: Es bindet an Kortisol-Rezeptoren am Hypothalamus, der dadurch die Kortisol-Menge im Blut misst und den Nebennieren Bescheid gibt, wenn es genug ist und die Ausschüttung gedrosselt werden kann.
Gedrosselte Kortisol-Spiegel im Blut signalisieren allen Beteiligten, dass die Gefahr mit ziemlicher Sicherheit vorbei ist und der Organismus langsam wieder auf Normalbetrieb heruntergefahren werden kann.
Zwar sind wir nach einem stressigen Ereignis noch eine ganze Weile in gespannter Aufmerksamkeit, aber die Chancen stehen gut, dass wir uns nach einer Auseinandersetzung im Büro oder dem Feuerwehr-Abenteuer im Supermarkt wieder beruhigen und einigermaßen entspannt am Abendbrottisch sitzen statt mit jagendem Puls, erhöhter Atemfrequenz und Stress-Schweißperlen auf der Stirn die Nacht verbringen zu müssen.
Es sei denn …


„Gesunder“ Stress und Stress, der krank macht
Unser Stress-System will, dass wir überleben, was sehr ritterlich von ihm ist.
Allerdings kann es nicht gut zwischen absoluten, also lebensbedrohlichen, und relativen Stressoren unterscheiden.
Ob wir dem Säbelzahntiger direkt in den aufgerissenen Rachen schauen oder uns über unseren Chef ärgern, ist ein Finetuning, das das Hormonsystem nicht leisten kann.
Es kommt sogar dann in Fahrt, wenn wir es gar nicht mit einem real brüllenden Chef vor der Nase zu tun haben, sondern uns allein der Gedanke an ein unangenehmes Gespräch am Montag am Sonntagnachmittag auf der Couch ereilt.
Sogar unsere Vorstellungskraft kann uns stressen.
Und genau darin liegt der Fehler in unserem – eigentlich – ausgezeichnet funktionierenden Stress-System. Denn wir leben schon lange nicht mehr in einer Welt, in der man sich vielleicht zweimal am Tag so richtig über einen absoluten Stressor aufregen muss, sondern in einer, in der ein Stressor den nächsten jagt.
Nie lebensbedrohlich, aber trotzdem stressig.
ANZEIGE
Für alle, die’s genau wissen wollen
Die Neurowissenschaftlerin und Science-Slammerin Franca Parianen beschreibt in ihrem Buch ebenso witzig wie informativ die komplexe Welt unserer Hormone und ihrer Wirkung. Lesenswert!
Franca Parianen: Hormongesteuert ist immerhin selbstbestimmt. Wie Testosteron, Endorphine und Co. unser Leben beeinflussen*
Rowohlt, Hamburg 2020
Dieser Dauerstress macht uns krank.
Denn wenn unser Stress-System nie richtig zur Ruhe kommt, sondern der nächste Stressor schon hereinschneit wie ein Fischreiher in den Koi-Teich, bevor der alte abgearbeitet ist und wir uns einmal komplett beruhigt haben, schlägt früher oder später die Plastizität unseres Gehirns zu, das heißt, die Fähigkeit unseres Gehirns zum Lernen.
Plastizität bedeutet, dass unser Hirn ständig mit Umbauarbeiten beschäftigt ist: Leitungsbahnen werden neu verlegt und die Dichte von Rezeptoren nimmt je nach Bedarf zu oder ab.
Auf ständigen Stress reagiert unser Hirn, indem es mit dem Abbau genau der Kortisol-Rezeptoren beginnt, die eigentlich für die negative Rückkopplung und damit für die Selbstberuhigung zuständig sind
Für unser Nervensystem leben wir in einer so gefährlichen Umgebung, dass wir zur ständigen Alarmbereitschaft gezwungen sind.
Und „lernen“ deshalb Stress.
Die Folge: Die Nebennieren können machen, was sie wollen, und das bedeutet: Kortisol in rauen Mengen ausschütten. Der Hypothalamus greift nicht mehr ein, weil er das Maß an Kortisol nichtmal mehr messen kann.
Es kommt zu einer Situation, in der wir ständig erhöhte Kortisol-Spiegel im Blut haben, was als chronischer Stress bezeichnet wird, nach dem Verursacherprinzip auch als Kortisolstress oder Nebennierenstress.
Chronischer Stress, Kortisolstress oder Nebennierenstress — egal, wie man ihn nennt, dieser Stress macht krank:
- Bei ständig erhöhtem Kortisol-Werten im Blut geht unser Tag-Nacht-Rhythmus über Bord. Kortisol und Melatonin vertragen sich nicht gut, so dass es zu Einschlaf- bzw. Durchschlafproblemen kommt.
Schlafstörungen sind oft nicht die Ursache von Müdigkeit und schlechten Tagen, sondern ein Symptom – für chronischen Stress.
- Kortisol blockiert die Insulinrezeptoren, die eigentlich die Aufgabe haben, Zucker aus dem Blut in unsere Körperzellen zu bringen. Die Folgen: ein erhöhter Blutzuckerspiegel, während unsere Zellen gleichzeitig „hungern“, weil ihnen der überlebenswichtige Energielieferant ausgeht. Es ist, als ob man mit knurrendem Magen vor einem gefüllten, aber leider versiegelten Kühlschrank steht.
Wir reagieren darauf mit Heißhungerattacken und der Gier nach Süßem inklusive Gewichtszunahme. Langfristig werden die Insulinrezeptoren träger und reagieren immer weniger auf Insulin. Die Folge ist zunächst eine Erkrankung, die als „Metabolisches Syndrom“ bezeichnet wird, und unbehandelt zu Diabetes II führen kann.
- Das Metabolische Syndrom verbunden mit stressbedingt erhöhtem Blutdruck ist eine katastrophale Mischung, die den Weg für Herzkreislauf-Erkrankungen bereitet
- Kortisol legt einerseits große Teile unseres Immunsystems lahm und erhöht gleichzeitig die Konzentration bestimmter Entzündungsfaktoren im Blut. Dadurch steigt unsere Anfälligkeit für Infekte und Entzündungen.
- Den größten Teil unseres Intellekts und unseres Gedächtnisses können wir unter permanenten Kortisol-Beschuss übrigens auch vergessen. Im Stress-Zustand sind wir zwar wach und fokussiert, aber nur in Bezug auf den Stressor.
Kreativ denken können wir nicht. Schon gar nicht kompliziert.
- Für ein erfülltes Leben brauchen wir einen gesunden Mix aus Anspannung und Entspannung. Wenn sich Entspannung wegen hoher Kortisol-Werte im Blut nicht mehr auf natürliche Weise einstellt, werden wir versuchen, sie auf andere Weise herbeizuzwingen: Durch Suchtmittel wie Alkohol oder andere Drogen, die uns zumindest kurzfristig das Gefühl von Entspannung geben, oder schlichtweg durch Betäubung wie stundenlanges Netflixen Tag für Tag.
- Ohne echten Ausgleich steigt das Risiko für Burn-Out, depressive Verstimmungen und Depressionen.
5 effektive Tipps gegen chronischen Stress
Kortisol einfach als blödes Stresshormon abzutun, das uns den ganzen Ärger bereitet, ist viel zu kurz gegriffen. Einerseits macht es Stress, das ist richtig, andererseits gibt es auch das Signal zur Beruhigung.
Die richtige Dosis Stress – und damit Kortisol – macht uns munter und lässt uns zu neuen Ufern aufbrechen. Folgerichtig ist Kortisol ein Hormon, das wir auch zum Lernen brauchen.
Das Problem ist also nicht der Stress, sondern unsere moderne Art, mit ihm umzugehen. Stressabbau durch Sitzenbleiben zum Beispiel, klappt überhaupt nicht.
Deswegen sollten wir – wie wir alle wissen – nicht sitzen bleiben. Und auch sonst kann man einiges gegen chronischen Stress tun:
1) Sport gegen Stress
Unser Stress-System bereitet uns auf Flucht oder Kampf vor, also auf Bewegung. Deswegen sollte man diesem Signal nachgeben und sich sich regelmäßig bewegen — und zwar so, dass man das Bedürfnis hat, Sportbekleidung zu tragen, weil man – moderat – ins Schwitzen und aus der Puste kommt.
Spazierengehen ist schön (sollte man beibehalten, vor allem im Tageslicht!), aber suchen Sie sich zusätzlich einen Sport mit Schwitzen und erhöhter Atemfrequenz, den Sie mindesten 2- bis 3‑mal die Woche für mindestens 30 Minuten ausüben.
Besonders nach einem stressigen Tag sollte man sich zwecks Kortisolabbau nicht sofort erschöpft aufs Sofa fallen lassen, sondern erst eine Runde schweißtreibenden Sport machen.
Wer das regelmäßig tut, schützt sich vor chronischem Stress, schläft besser und schafft viele positive Effekte auf andere Hormonsysteme.
Nicht zuletzt auf Körpergewicht und Fettverteilung.
ANZEIGE
Der BMI ist schon längst nicht mehr das Maß aller Dinge, sondern die Verteilung des Fettgewebes.
Wohlproportionierte Kurven stören nicht, aber zu viel Hüftgold an Bauch und Becken kann ein Hinweis auf einen Kortisolbauch und damit auf das Risiko von Herzkreislauf-Erkrankungen sein.
Wie man hormonelle Schwankungen und chronischen Stress durch einfache Veränderung des Lebensstils in den Griff bekommen kann, erklärt Dr. Mariza Snyder in diesem sehr lesenswerten Buch.
Dr. Mariza Snyder: Aromatherapie für die Hormonbalance*, riva Verlag, 2020
2) Öfter das tun, was man liebt
Bei der Wahl seiner schweißtreibenden Sportart sollte man nicht ausgerechnet Joggen wählen, wenn man nicht gerne joggt. Es gibt unendlich viele andere Möglichkeiten. (Ja, auch wenn die Fitness-Studios geschlossen haben – man kann auch im Wohnzimmer Kniebeugen und Liegestützen machen. Oder sich ein Rudergerät anschaffen.)
Was immer geht: Lieblingsmusik an und eine halbe Stunde tanzen, bis man aus der Puste ist.
Und auch sonst gilt: Mehr das tun, was man liebt.
Das kann Yoga oder eine andere Art von Meditation sein, aber auch Briefmarken sammeln, Bücher lesen oder Vögel im Park beobachten. Oder das warme Entspannungsbad am Abend.
Wichtig ist nur, dass man die Zeit, die man für sich hat, auch wirklich für sich nutzt. Videos oder Netflix gucken ist zwischendurch nett, aber keine Dauerlösung, um zu entspannen.
3) Menschen, denen wir vertrauen
Wir alle verfallen gelegentlich in eine Art Machbarkeitswahn, in dem wir glauben, alles schaffen zu können, wenn wir uns nur genügend Mühe geben (… können wir nicht, schon gar nicht, wenn wir unsere körperlichen Stopp-Schilder ignorieren).
Der beste Schutz gegen Stress und das Gefühl, alles alleine schaffen zu müssen, sind enge Beziehungen zu Menschen, denen wir vertrauen.
Frauen haben beim sozialen Netzwerken übrigens dank Östrogen die Nase vorne, zumal Östrogen Ängste beruhigt und Mut macht, während Testosteron eher die Tendenz zum Übermut hat.
„… Wer einsam ist, wälzt sich mehr im Bett rum, bis er Schlaf findet, und tendiert am Morgen zu freundschaftsabweisenden Bürotassen. (‘Erst Kaffee, dann sprechen.’) Ein Teufelskreis. Schon wer jung, erwachsen und einsam ist, hat viel zu viele Stresshormone und außerdem die ersten Vorboten von hohem Blutdruck. ‘Zu Hause’ sollte es also idealerweise jemanden geben — ob PartnerInnen, FreundInnen oder MitbewohnerInnen, bleibt Ihnen überlassen.
Aus: Franca Parianen: Hormongesteuert ist immerhin selbstbestimmt. Wie Testosteron, Endorphine und Co. unser Leben beeinflussen*
Allerdings sind Beziehungen kein Selbstzweck … Unglückliche Beziehungen sind schlechter für Schlaf und Gesundheit als gar keine …“
4) Perspektivwechsel
Spätestens seit Albert Ellis‘ Rationalen emotiven Verhaltenstherapie wissen wir, dass wir nicht unkontrolliert unseren Emotionen und Hormonen ausgeliefert sind, sondern auch ein Hirn haben, mit dem wir unsere Stimmung analysieren und bis zu einem bestimmten Grad auch regulieren können.
Es geht nicht darum, Probleme, Sorgen und Ängste zu ignorieren, wegzudrücken oder ins Lächerlich zu ziehen. Negative Gefühle sollen wahrgenommen werden, aber in einem zweiten Schritt aus einer anderen, rationaleren Perspektive betrachtet und analysiert werden. Denn oft stecken hinter dem, was uns stresst, unsere eigenen negativen Glaubenssätze und Vermutungen: Warum beziehe ich jede schlechte Laune meines Vorgesetzten/meiner Kollegen/meines Partners auf mich?
Oft genug hat unser Gegenüber seine schlechte Laune nicht unsretwegen, sondern weg Zahnschmerzen oder einem anderen Grund, der mit uns nichts zu tun hat.
Dessen sollten wir uns bewusst sein bzw. bewusst werden. In einem ersten Schritt ähnlich wie bei den Schlafräubern die Stressoren identifizieren, die am meisten belasten.
5) Ornung schaffen
Eines der besten Anti-Stress-Programme ist Aufräumen.
Egal, ob Schreibtisch, Dachboden oder unklare Beziehungen: Unaufgeräumtes können wir zwar verdrängen, aber aus dem Kopf bekommen wir’s deshalb noch lange nicht.
Deswegen mit Salami-Taktik die Kröte schlucken und nach und nach das wegarbeiten, was uns im Weg ist und wegkann.
Fazit: Jedes Mal, wenn wir die Zähne zusammenbeißen, der Blutdruck steigt und die Hände schwitzen, ist unser Stress-System am Werk. Überlegen Sie selbst, wie viele Tage Sie von morgens bis abends in Hektik sind, angefangen beim morgendlichen Stau im Berufsverkehr, den schiefen Blicke Ihrer Kollegen, weil Sie deshalb wieder zu spät zum Meeting gekommen sind, dem alltäglichen Ärger in Büro, Homeoffice und nicht zuletzt in der Familie.
Unser Stress-System ist ein feines System, wenn es um reale Bedrohungen und machbare Herausforderungen geht, aber ein sehr anstrengendes und eins, das uns krank macht, wenn wir uns erst zu sehr stressen und dann auch noch auf dem Schreibtischstuhl sitzen bleiben und uns ärgern.
Copyright: Agentur für Bildbiographien, www.bildbiographien.de, 2021
Lesen Sie im nächsten Beitrag: Glück ist harte Arbeit.
Oder wie es der Vater des “Flow”, Mihály Csíkszentmihályi, formuliert:
„Wenn man Menschen Angst und Stress ersparen würde, heißt das noch nicht, dass sie dann glücklich wären. Um glücklich zu sein, muss man seine Fähigkeiten nutzen, sich auf seine Umwelt einlassen und mit ihr umgehen können.”
Resilienz: Die Energie folgt der Aufmerksamkeit
Buchempfehlungen:
Die mit * gekennzeichneten Links sind sogenannte Affilate-Links, die helfen, den Blog Generationengespräch zu finanzieren. Wenn Ihnen eine der angegebenen Empfehlungen gefällt und Sie das Buch (oder ein anderes Produkt) über diesen Link bestellen, erhält der Blog dafür eine kleine Provision, ohne dass für Sie Mehrkosten entstehen. Für Ihren Klick: Herzlichen Dank im Voraus!
Kein Lob annehmen können, sich immer für alles “schuldig” fühlen, nicht zur Ruhe kommen und in der Liebe unglücklich sein — vieles, was uns in schlechten Phasen zu schaffen macht, hat seine Wurzeln in längst vergessenen Kindheitserlebnissen.
Die Trauma-Therapeutin Dami Charf beschreibt in ihrem Buch, welche Mechanismen uns immer wieder in alte Muster zurückfallen lassen. Und wie man daraus wieder herauskommt. Lesenswert!
Dami Charf, Auch alte Wunden können heilen: Wie Verletzungen aus der Kindheit unser Leben bestimmen und wie wir uns davon lösen können*. Kösel-Verlag, 2018
Ein großartiges Übersichtsbuch
über alle psychologischen Disziplinen, alle wichtigen Theorien gut verständlich im Überblick, dazu sehr lesenswerte Kurzbiografien maßgeblicher Psychologen und Psychoanalytiker.
Das Psychologie-Buch. Wichtige Theorien einfach erklärt*, Dorling Kindersley Verlag GmbH, München, 2012
Tagebuch schreiben
ist ebenfalls eine bewährte Methode gegen Stress. Für alle, die anfangen wollen, aber Angst vor vielen leeren Seiten haben, erleichtert das 6‑Minuten-Tagebuch den Einstieg.
Mit vielen schönen Zitaten und kurzen Textbeiträgen, die zum Nachdenken anregen und einen ins Schreiben kommen lassen. Jeweils drei Minuten morgens und abends — mehr braucht es nicht, um sich schreibend das Leben leichter zu machen. Empfehlenswert!
Dominik Spenst, Das 6‑Minuten-Tagebuch*, Rowohlt Taschenbuch, 2017
Eiserne Disziplin … hilft oft auch nicht weiter.
Vor allem nicht dann, wenn es gut werden soll. Sascha Lobo und Kathrin Passig witzig, klug und unkonventionell darüber, wieso Aufschieben und Nichts-Regeln manchmal mehr bringt, als sich selbst immer wieder am Riemen zu reißen. Ein sehr empfehlenswerter (und tröstlicher) Ratgeber.
Sascha Lobo, Kathrin Passig, Dinge geregelt kriegen — ohne einen Funken Selbstdisziplin*, Rowohlt Taschenbuch Verlag, 2010
Die Kunst des “Nein-Sagens“
Ein sehr liebevoll gestaltetes Heft aus der Reihe “Bibliothek der guten Gefühle”, mit inspirierenden Texten über’s Neinsagen und vielen einfach zu befolgenden Übungen.
Für alle, die gerade mit dem Thema beschäftigt sind, oder zum Verschenken.
Anne van Stappen, Das kleine Übungsheft: Grenzen setzen, nein sagen*, Trinity Verlag, 2012
Je mehr wir uns in Watte packen und Angstauslösern aus dem Weg gehen, desto schneller fühlen wir uns überfordert. Der Kinder- und Jugendpsychiater Michael Winterhoff erklärt sehr anschaulich und mit vielen Beispielen aus der Praxis, dass nicht “die Welt da draußen” härter, sondern wir schwächer geworden sind — und was man dagegen tun kann. Empfehlenswert!
Michael Winterhoff: Mythos Überforderung: Was wir gewinnen, wenn wir uns erwachsen verhalten*, Penguin Verlag, 2017
Weiterführende Beiträge:
Bindungsmuster: Eifersucht, Verlustängste, scheinbare Gleichgültigkeit und emotionale Distanz — oder die liebevolle Balance zwischen Nähe und Unabhängigkeit?
Die Art, wie wir als Erwachsene lieben, hat viel mit Bindungsmustern zu tun, die wir in unserer Kindheit gelernt haben.
Bindungsmuster: Nicht mit dir und nicht ohne dich
Miese Zeiten: Woher kommt es, dass wir manchmal ohne konkreten äußeren Anlass extrem dünnhäutig sind und mit einer gehörigen Ladung Wut im Bauch durch’s Leben laufen? Warum fühlen wir uns dann so ohnmächtig, ausgenutzt und ausgegrenzt, obwohl wir ‚eigentlich‘ keinen Grund dazu haben? Schlechte Stimmung und miese Zeiten: Woher sie kommen und was man dagegen tun kann.
Miese Zeiten: Woher schlechte Gefühle kommen und was man gegen sie tun kann
Aufräumen: „Morgen, morgen, nur nicht heute, sagen alle …“. Na, Sie wissen schon. Schön ist anders, denn ‚eigentlich‘ möchte und müsste man dringend vorankommen. Aufschieberitis kann aber auch ihr Gutes haben und sogar sehr nützlich sein: Beispielsweise fürs Anlaufnehmen und fürs strategische Denken.
10 Tipps gegen Aufschieberitis
Schlaflos: Deutschland ist eine Nation, die sich im Bett wälzt.
Jeder Zweite schläft mindestens einmal im Monat schlecht, rund ein Viertel aller Deutschen müssen sich zu den „Schlafgestörten“ zählen, also zu denen, die entweder schlecht einschlafen oder nachts aufwachen und nicht mehr zur Ruhe kommen, weil der Kopf einfach zu voll ist. Warum wir schlechten schlafen — und was man für besseren Schlaf tun kann:
Warum wir schlecht schlafen
Lebensqualität: Man kann wegsehen und weghören — aber wegriechen kann man nicht.
Wie Düfte unsere Erinnerungen und Emotionen beeinflussen und wie man sie umgekehrt für mehr Wohlbefinden und Vitalität nutzen kann.
Die Kraft der feinen Düfte
Bildnachweise:
Agentur für Bildbiographien
Geschenke made for Mama